Kommissare, Mörder und die Sehnsucht nach dem Bösen

Der Schauspieler Wolfram Koch über das Faszinosum „Tatort“

Von der Übung Schreib- und LektoratswerkstattRSS-Newsfeed neuer Artikel von  der Übung Schreib- und Lektoratswerkstatt

Sonntags, 20:15 Uhr: Brix und Janneke ermitteln in einem Kriminalfall in Frankfurt am Main. Im wahren Leben heißt Kommissar Brix Wolfram Koch, der seit über 30 Jahren als Theaterschauspieler tätig ist. Auch wirkte er in zahlreichen Kino- und TV-Produktionen mit, oft in Kriminalserien wie Ein Fall für zwei, Polizeiruf 110 oder dem Tatort, in dem er seit 2015 regelmäßig als Frankfurter Kriminalhauptkommissar zu sehen ist.

Schreib- und Lektoratswerkstatt: Was fasziniert Sie an der Rolle eines „Tatort“-Kommissars?

Wolfram Koch: Mein Beruf heißt ja Spieler und man freut sich über jeden neuen Spielplatz, egal ob Kommissar oder Mörder. Wobei es natürlich klar ist, dass die Bösewichte im Tatort spannender sind und mehr Spielfutter geben als die Rolle des Kommissars.

SL: Wie erklären Sie sich das anhaltende Interesse an Krimis im Allgemeinen?

WK: Das Interesse ist mir tatsächlich unverständlich. Diese immense Flut an Kriminalfilmen macht die Bücher natürlich immer dünner. Es ist zum einen ein Ritual, was man als Kind sehr früh mitbekommen hat, zum Beispiel Tatort anzusehen. Dann bleibt das Ritual. Dann gibt es noch die Sehnsucht, aus seinem Wohnzimmer heraus etwas Dunkles und Böses zu erleben und dass letztlich das Gute am Ende siegt.

SL: Wieso ist die Marke „Tatort“ im Besonderen so beliebt?

WK: Die Marke hat sich einfach über Jahre durchgesetzt. Gründe könnten sein: Guter Sendeplatz, Beharrlichkeit und Beständigkeit.

SL: Wie gesellschafts- und sozialkritisch darf ein „Tatort“ sein? Welche Aufgabe hat der „Tatort“?

WK: Jede Arbeit, ob im Theater oder im Tatort,  sollte die größtmögliche Freiheit im Erzählen haben. Das schließt Humor, Sozialkritik et cetera ein. Und dann kann es den Zuschauer etwa bewegen, aufregen oder traurig machen.

SL: Welcher Fall hat Sie auch nach Abschluss des Drehs noch beschäftigt?

WK: Ehrlich gesagt keiner. Nur die Zweifel, ob es gut genug war, was man da so zusammengespielt hat. Ansonsten: Nächstes Projekt.

Das Interview wurde von Jeannie Lukaszewicz per E-Mail geführt, nach gemeinsamer Vorbereitung in der im Wintersemester 2018/19 am Institut für Neuere deutsche Literatur der Universität Marburg durchgeführten Übung „Schreib-und Lektoratswerkstatt“ unter der Leitung von PD Dr. Manuel Bauer. In der praxisorientierten Übung, die Bestandteil der Master-Studiengänge „Literaturvermittlung in den Medien“ und „Deutsche Literatur“ ist, erhielten die Studierenden Einblicke in die Arbeitsabläufe der Redaktion von literaturkritik.de. Sie haben unterschiedliche kulturjournalistische Texte eingeworben (zum Teil auch selbst geschrieben), in Redaktionssitzungen gemeinsam diskutiert, redigiert und zu diesem Schwerpunkt zusammengestellt.