Freuds vielfältige Ansichten über Liebe und Sexualität

Von Bernd NitzschkeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Nitzschke

„Psychosexualität“ – was ist damit gemeint?

Der „Begriff des Sexuellen umfaßt in der Psychoanalyse weit mehr [als im herkömmlichen Sprachgebrauch – B. N.]; er geht nach unten [Soma, Trieb – B. N.] wie nach oben [Psyche, Geist – B. N.] über den populären Sinn hinaus. […] Wir sprechen darum auch lieber von Psychosexualität, legen also Wert darauf, daß man den seelischen Faktor des Sexuallebens nicht übersehe und nicht unterschätze. Wir gebrauchen das Wort Sexualität in demselben umfassenden Sinne, wie die deutsche Sprache das Wort ‚lieben‘. Wir wissen auch längst, daß seelische Unbefriedigung mit allen ihren Folgen bestehen kann, wo es an normalem Sexualverkehr nicht mangelt […]“ (Freud 1910k, S. 120).

Wenn Freud von ‚Liebe‘ spricht, dann ist bei ihm also auch immer von ‚Sexualität‘ die Rede. Spricht er aber von ‚Sexualität‘, dann heißt das nicht, dass er zugleich von Befriedigung oder gar vom Frieden reden würde. Denn der Sexus ist zwar eine Lust spendende, doch er ist auch eine bedrohliche Macht. Ja, in der Überschreitung der Ich-Grenzen, in der vorübergehenden Abschüttelung des Zwangs zur personalen Identität, die mit dem sexuellen Erleben verbunden sein kann, liegt eine Quelle intensiver Lust; die Erfüllung entsprechender (‚animalischer‘) Wünsche kann aber auch den Bestand der Ich-Organisation gefährden. Das begründet die Angst, die man bei der Annäherung an den Fremden (den Anderen) und an das Fremde (das eigene Unbewusste) erleben und gegebenenfalls durch Hemmung oder Zurückweisung sexueller Wünsche in Schach halten kann.

Das hat Sabina Spielrein in ihrer Schrift Die Destruktion als Ursache des Werdens (1912) überzeugend dargestellt: Es gibt „Triebkräfte“, die uns „unbekümmert um das Wohl und Wehe des Ich“ zur Selbstpreisgabe nötigen. Dem stehe ein Widerstand aus „Angst und Ekel“ entgegen, meinte sie, durch den wir uns zu schützen versuchen, doch am Ende sei der sexuelle Wunsch dann doch wieder stärker. „Also ist in unserer Tiefe etwas da, was, so paradox es a priori klingen mag, diese Selbstschädigung will.“ Dieses Wollen sei Ausdruck einer Erinnerung an die Zeit der Ungeschiedenheit – an die Zeit, in der wir noch kein Ich hatten. „Die Tiefe unserer Psyche kennt kein ‚Ich‘, sondern bloß dessen Summation, das ‚Wir‘“ (Spielrein 1912, S. 16 ff.). Oder – mit Nietzsche gesprochen: „Das Du ist älter als das Ich“ (1883, S. 84).

Sabina Spielrein hat ihre Thesen bei einer Sitzung der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung im November 1911 vorgetragen (Nunberg, Federn 1979, S. 314-320). Bei der Einführung des Todestriebs hat Freud später auf diesen Vortrag Bezug genommen (1920g, S. 59, Anm. 2), allerdings nicht ohne entscheidende Abänderung. Während Freud den Destruktionstrieb als Antagonisten der Liebe (des Eros) darstellte, hatte Spielrein keinen eigenständigen Destruktionstrieb, vielmehr nur eine destruktive Komponente des Begehrens angenommen. Ohne diese Komponente gebe es den Sexus zwar, doch ohne das von Spielrein bezeichnete Wagnis einzugehen, das Ich zur Disposition zu stellen, gebe es keine befriedigende Erfüllung erotischer Wünsche, die an diese Selbstpreisgabe gebunden sei.

In der Triebtheorie, die Freud ab 1920 vertritt, wird Eros zum Gegenspieler der Destruktion. Er ist jetzt eine die äußeren wie inneren Beziehungen sichernde Kraft. Diese Kraft verbindet den Menschen mit dem geliebten Anderen; sie sorgt aber auch für stabil libidinös „besetzte“ Selbst- und Objektrepräsentanzen und damit für eine stabile Ich-Organisation, die eine innere Welt als Vorstellung ermöglicht, in der wir uns sicher und orientiert fühlen können.

Vor 1920 hatte Freud noch eine andere (doch ebenfalls dualistische) Triebtheorie vertreten. Hier standen sich die Sexualtriebe und die Ichtriebe (Selbsterhaltungstriebe) gegenüber. Das „lockere Verhältnis zur äußeren Realität“ (Freud 1916-17a, S. 370), mit dem sich die Sexualtriebe begnügten, gefährde das Ich, meinte Freud damals, und damit die Ich-Funktionen, insbesondere die Realitätsprüfung und die Affektregulation. Alltagssprachlich ausgedrückt heißt das: Im Sturm der Leidenschaften verliert der Mensch den kühlen Kopf – also den Verstand, weshalb man von alters her die Verliebtheit als eine Sonderform des Wahnsinns begriffen hat.

Bei der Konzeption seiner ersten Triebtheorie stützte sich Freud auf die Darstellung der Erregungsabläufe, die er bereits in der Traumdeutung (1900a) gegeben hatte. Demnach sind die Leidenschaften des Erwachsenen mit infantilen Wünschen und deshalb mit der primären Arbeitsweise des psychischen Apparats verbunden, die – bei normgerechter Entwicklung – umgestaltet, beziehungsweise durch sekundäre Prozesse ersetzt wird (ohne deshalb grundsätzlich unterzugehen, weshalb sie ja im Traum auch wieder einsetzen kann). Diese Umgestaltung der Arbeitsweise des ‚psychischen Apparats‘ ermöglicht ‚reifere‘ Prozesse der Erregungs-, Affekt- und Triebregulation.

Die Erregung, die im Kontext sexuellen Erlebens ‚Lust‘ genannt wird, hat Freud immer auch unter einem quantitativen – in der Sprache der Freudschen Metapsychologie ausgedrückt: unter einem ‚ökonomischen‘ – Gesichtspunkt erörtert, während sich der ‚topische‘ Gesichtspunkt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität (unbewusst – bewusst) und später auf den Ort (Es – Ich – Überich) bezieht, an dem der Erregungsablauf (allgemeiner formuliert: der psychische Prozess) stattfindet. Den Erregungen, die bei entsprechender Bedürfnissituation (Triebe, Wünsche) durch innere oder äußere Reize ausgelöst werden, stehen Kräfte entgegen, die zur Hemmung der Erregung führen (äußere und/oder innere Verbote, die mit Ängsten einhergehen). Aus diesem Wechselspiel von Wunsch und Angst ergibt sich der in der Freudschen Metapsychologie ‚(psycho)dynamisch‘ genannte Gesichtspunkt.

Bei der Darstellung des Auf- und Abbaus lustvoller und unlustvoller Erregungen hat sich Freud (1900a, S. 541) unter anderem auf die Theorie der psychischen Stabilität berufen, die der „große G.[ustav] Th.[eodor] Fechner“ formulierte (Nitzschke 1989). Damit war nun aber auch die Frage nach den Mitteln verbunden, die für die Triebbefriedigung – allgemeiner formuliert: für die Erregungsbewältigung – notwendig sind. Wie kann die psycho-somatische Homöostase aufrechterhalten oder – nach einer Störung – wiederhergestellt werden? Verknüpft man diese Frage mit dem genetischem Gesichtspunkt, dann lautet die Fragestellung: Wie werden in der Kindheit – beginnend mit der Beziehung zu den primären Bindungsfiguren (das sind in der Regel die Eltern und Geschwister) – die Fähigkeiten erworben, die für die Wunscherfüllung im Erwachsenenalter nötig sind, aber auch für die Zurückweisung der Erfüllung der kulturell verbotenen Wünsche (Inzest, Mord) und der damit verbundenen Verzichtleistungen?

Die Erziehung des Begehrens: vom Lustprinzip zum Realitätsprinzip

Mit Hilfe solch allgemeinpsychologischer Überlegungen versuchte Freud die klinischen Phänomene zu ordnen, denen er zunächst als ‚Nervenarzt‘ gegenübertrat (vgl. Nitzschke 1998). Dabei beurteilte er psychische Erkrankungen von Anfang an im Kontext sexueller Verhaltens- und Erlebensweisen. So unterschied er ursprünglich Aktualneurosen (Angstneurose, Neurasthenie) und Psychoneurosen (Hysterie, Zwangsneurose). Die gegenwärtig inadäquate Abfuhr sexueller Erregung – durch Masturbation oder Coitus interruptus – sollte die Aktualneurosen bedingen, deren Ursachen deshalb „auf somatischem Gebiete, anstatt wie bei Hysterie und Zwangsneurose auf psychischem“ zu finden seien (Freud 1895b, S. 341). Bei den Psychoneurosen sei die Ursache hingegen in der unzureichenden Bewältigung vergangener Erlebnisse zu suchen, deren Auswirkungen in der Gegenwart zur Symptombildung führten. Da, wie Freud (1905d, S. 109) meinte, „alle krankhaften Störungen des Geschlechtslebens […] mit gutem Rechte als Entwicklungshemmungen zu betrachten“ sind, müssen bestehende Blockaden aufgehoben werden, wenn es zur Heilung kommen soll, die im Sinne Freuds als Ergebnis einer Nachreifung oder Nachentwicklung des Ich zu verstehen wäre. Darauf bezieht sich Freuds „übrigens vollberechtigte Aussage […], die Psychoanalyse des erwachsenen Neurotikers sei einer Nacherziehung desselben gleichzusetzen“ (1925f, S. 566). Sie geht hier und jetzt mit der nachträglichen Bewältigung infantiler (traumatisch-konflikthafter) Erlebnisse einher, die erinnert, wiederbelebt und affektiv-kognitiv so durchgearbeitet werden sollen, damit sie in die Ich-Organisation integriert werden können, anstatt, wie bisher, in abgewehrter Form zur Symptombildung beizutragen.

In Bezug auf die Mittel der Bewältigung oder Hemmung sexueller Begierden spielen nun aber nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche (das heißt: ökonomische und sozialpolitische) Faktoren eine Rolle. Das Bindeglied zwischen diesen beiden Sphären stellt die Familie dar, in der das Kind sozialisiert und damit in die Gesellschaft integriert wird. Die Erziehungspraktiken der Eltern werden dabei nicht nur durch deren bewusst vertretene Normen bestimmt, sondern auch durch deren unbewusste Wünsche und Ängste. Eltern stellen für das Kind deshalb oftmals widersprüchliche Vorbilder dar. Und da die familiäre Moral in vielfacher Hinsicht mit der „kulturellen“ Sexualmoral (Freud 1908d) verknüpft ist, kann das Gewissen des Kindes nicht nur auf die Ge- und Verbote zurückgeführt werden, die ihm durch die Eltern vermittelt wurden. Schließlich war ja „aller innerer Zwang ursprünglich, d. h. in der Menschheitsgeschichte nur äußerer Zwang“ (Freud 1915b, S. 333). Mit der Verinnerlichung des von außen kommenden – und von den Eltern vermittelten – Zwangs geht die Verinnerlichung der Konflikte einher, die das Kind in der Beziehung zu den Eltern erlebt – zum Beispiel dann, wenn es zur Reinlichkeit im körperlichen wie im moralischen Sinn und schließlich zur Selbstbeherrschung angehalten wird (Nitzschke 2000).

In der triebtheoretisch-metapsychologischen Sprache Freuds lässt sich dieser Sachverhalt wie folgt zusammenfassen: „[…] unter dem Einfluß der Lehrmeisterin Not lernen die Ichtriebe bald, das Lustprinzip durch eine Modifikation zu ersetzen. Die Aufgabe, Unlust zu verhüten, stellt sich für sie fast gleichwertig neben die des Lustgewinns; das Ich erfährt, daß es unvermeidlich ist, auf unmittelbare Befriedigung zu verzichten, den Lustgewinn aufzuschieben, ein Stück Unlust zu ertragen und bestimmte Lustquellen überhaupt aufzugeben. Das so erzogene Ich ist ‚verständig‘ geworden, es läßt sich nicht mehr vom Lustprinzip beherrschen, sondern folgt dem Realitätsprinzip, das im Grunde auch Lust erzielen will, aber durch die Rücksicht auf die Realität gesicherte, wenn auch aufgeschobene und verringerte Lust“ (Freud 1916-17a, S. 370). Die Beachtung der Außenwelt, zu der nicht zuletzt die Wünsche der anderen Menschen gehören, von denen wir die Erfüllung unserer Wünsche erwarten, wie die Beachtung des Gewissens (das auf elterliche und gesellschaftliche Forderungen zurückgeht) sind demnach Vorbedingungen für die Wunscherfüllung (beziehungsweise Triebbefriedigung) im Erwachsenenalter. Sollen äußere Sanktionen (etwa eine juristische Verurteilung) oder innere Sanktionen (Schuld- und Schamgefühle) vermieden werden, dann muss der kulturell geforderte Triebverzicht geleistet werden. Dieser Verzicht kann sich auf die Form der Triebbefriedigung beschränken (man darf zwar liebevoll, aber nicht sexuell mit einem Haustier verkehren), er kann aber auch mit einem grundsätzlichen Verbot einhergehen (etwa bei Inzest und Mord). Für die Öffentlichkeit ist dabei das Handeln entscheidend, während die psychoanalytische Methode der Exploration der Wunsch- und Angst-Phantasien auf die unbewusst-infantile Genese der Triebschicksale abzielt, die der Ausgangspunkt des ‚Agierens‘ (Handelns) sind.

In Freuds Schrift Jenseits des Lustprinzips heißt es gleich zu Anfang, das „Lustprinzip bleibt […] noch lange Zeit die Arbeitsweise der schwer […]‚erziehbaren‘ Sexualtriebe, und es kommt immer wieder vor, daß es […] das Realitätsprinzip zum Schaden des ganzen Organismus überwältigt“ (Freud 1920g, S. 6). Während nun aber die Ichtriebe (beziehungsweise das Kind, das die Liebe der Erzieher nicht verlieren will) bereit sind, „sich der Not zu fügen und ihre Entwicklungen nach den Weisungen der Realität [sprich: nach den Weisungen der vom Kind geliebten und gefürchteten Erzieher – B. N.] einzurichten“ (Freud 1916-17a, S. 368), widersprechen die – durch die Vernunft nicht grundsätzlich veränderbaren – Sexualtriebe weiterhin „der Unterordnung unter die Realität der Welt“ (Freud 1916-17a, S. 445). Und so entsteht der „Urkonflikt, aus welchem die Neurosen hervorgehen“: der Konflikt „zwischen den das Ich erhaltenden und den sexuellen Trieben“ (Freud 1909d, S. 410). Diese von Freud getroffene „Unterscheidung von Ichtrieb und Sexualtrieb“ entspricht im Übrigen auch „der biologischen Doppelstellung des Einzelwesens, welche seine eigene Erhaltung wie die der Gattung anstrebt“ (Freud 1911c, S. 311).

Sexualität – ein modernes Konstrukt

Mit der Einführung des Konzepts des Narzissmus verändert sich Freuds Verständnis der libidinösen Ökonomie und Dynamik. Jetzt bezeichnet er „das Ich selbst als ein Reservoir von – narzißtisch genannter – Libido[…], aus welchem die Libidobesetzungen der Objekte erfließen und in welches diese wieder eingezogen werden können“ (1923a, S. 224). Die (narzisstischen) Ichtriebe werden jetzt als Teil der Sexualtriebe erkannt. Damit stellt sich die Frage, ob man sich durch die Liebe zu einem anderen Menschen oder durch die Liebe zu sich selbst erhalten kann? Oder ist die Selbstliebe das Ende eines Anfangs, also nur aufgrund der Liebe zu einem anderem Menschen möglich, von dem man (früher, in der Kindheit) geliebt worden ist?

Die Liebe, die man sich selbst und anderen gegenüber empfindet, wäre demnach der Widerschein einer Liebe, die man in der Kindheit von anderen erhalten hat. Freud stellt damit aber nicht die Einheit von Sexualität und Liebe infrage, denn: „Den Kern des von uns Liebe Geheißenen bildet natürlich, das man gemeinhin Liebe nennt, […] die Geschlechtsliebe mit dem Ziel der geschlechtlichen Vereinigung. Aber wir trennen davon nicht ab, was auch sonst an dem Namen Liebe Anteil hat, einerseits die Selbstliebe, andererseits die Eltern- und Kindesliebe, die Freundschaft und die allgemeine Menschenliebe, auch nicht die Hingebung an konkrete Gegenstände und an abstrakte Ideen“ (1921c, S. 98).

Ob Sexus oder Eros – Liebe verbindet alles: „Das Höchste und das Niedrigste hängen in der Sexualität überall am innigsten aneinander (‚vom Himmel durch die Welt zur Hölle‘)“ (Freud 1905d, S. 61). Im ersten Teil dieses Satzes bezieht sich Freud auf einen Brief Goethes an Frau von Stein, in dem es heißt: „[…] das Höchste und das Tiefste: […] Hymne und […] Schweinestall. Liebe verbindet alles“ (vgl. Nitzschke 1982, S. 67). Und im zweiten Teil des Satzes, der bei Freud in Klammern steht, ist wiederum ein Goethe-Zitat enthalten (siehe dazu: Faust, Vorspiel auf dem Theater).

Man wird Freuds Konzept der Sexualität wohl am ehesten gerecht, wenn man es mit Auffassungen vergleicht, die für die vorbürgerliche Gesellschaft typisch waren. Erst nachdem die scheinbar ‚rein‘ sexuellen Komponenten zahlreicher Verhaltensweisen und Erlebensformen isoliert und aus dem affektiv-sinnlichen und psycho-sozialen Universum ausgegliedert worden waren, konnte man sie in einem Wort zusammenfassen: Sexualität. Dieses abstrakte Kompositum wurde im Wissen von ‚der‘ Sexualität konkret. Frühere Zeiten fehlte ein entsprechender Begriff, während es damals für die Phänomene der Erotik, Liebe, Zärtlichkeit, Körperlichkeit, Sensualität, Lust, Affektivität und Leidenschaft eine weit differenziertere Sprache gab, als sie den Menschen der ‚modernen‘ Welt zur Verfügung steht (van Ussel 1970). Sie können mit einem Wort scheinbar alles sagen: ‚Sex‘!

An der Wiege dieses neuen Wissens über „Die schönste Sache der Welt: Sex“ (https://www.focus.de/thema/sex/ – Aufruf 15.06.2019) standen Theologen und Pädagogen, die sich im Kampf gegen die Onanie engagierten. Ihnen folgten die Mediziner, die sich um eine neu definierte Psychopathia sexualis (Krafft-Ebing 1886) bemühten. Und bald gab es dann auch die dazu passende neue Disziplin: die Sexualwissenschaft (Sigusch 2007). Parallel zu dieser Entwicklung erreichte die Industrialisierung einen ersten Höhepunkt: Lust und Arbeit, Privatsphäre und Öffentlichkeit waren jetzt auf eine bis dahin nicht gekannte Weise voneinander getrennt. Die Familie lebte nicht mehr in einem nach außen hin offenen Haus, vielmehr befand sie sich in einem von der Außenwelt abgeschlossenen Innenraum, an einem Ort der Intimität und Privatheit, der zur Bastion des Ewig-Bleibenden – sprich: des Ewig-Weiblichen – ausgerufen wurde. Hier konnten jetzt gerade die Tugenden gepflegt und gehegt werden, die dem rasenden Fortschritt, der die Welt der Arbeit ergriffen hatte, die zunehmend zur Welt des Vaters wurde, diametral entgegenstanden: Treue und Beständigkeit. Individualität widersprach der geforderten Normierung, ja sie galt als Störfaktor, während Effizienz – sprich: die Bereitschaft, im Takt der Maschine zu arbeiten – zur Richtschnur der ‚modernen‘ Normalität wurde (Nitzschke 1974). Am Ende dieses historischen Umgestaltungsprozesses wurden dann aber alte Wünsche in neuer Form doch wieder erfüllbar. Zugerichtet durch die Angebote der Unterhaltungsindustrie ließen sich die einst von der bürgerlichen Moral als ‚pervers‘ diffamierten sexuellen Praktiken wieder ‚konsumieren‘.

Halten wir fest: Dem modernen Verständnis der Sexualität lag eine Zentrierung zugrunde, die auf den Unterschied der Geschlechter, den Sexualakt und die zur Fortpflanzung notwendigen Erlebens- und Verhaltensweisen abzielte. Freud stellte diese Verengung in Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905d) infrage. Er formulierte eine Entwicklungs- und Konflikttheorie der Sexualität (Nitzschke 2005), bei der er sich auf darwinistische Vorstellungen (Burkholz 1995) sowie auf die Annahme einer somatisch bedingten Bisexualität stützte, die er vom „Kepler der Biologie“ übernahm, wie Freud (1986, S. 350) seinen intimen Briefpartner und Freund Wilhelm Fließ titulierte, der ihm bei der Ausarbeitung einer psycho-somatischen Sexualitätstheorie zur Seite stand (Sulloway 1982, Kap. 5).

Freud, der sich später selbst mit Kopernikus und Darwin verglichen hat (1917a, S. 7 f.), war darum bemüht, die kategorialen Unterscheidungen weiblich/männlich, infantil/erwachsen, normal/pervers und heterosexuell/homosexuell zu hinterfragen (Nitzschke 2003). Die manifeste „Monosexualität“ (Freud 1905d, S. 40), die mit einer eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechtsidentität sowie mit einer ebenso eindeutig heterosexuellen oder homosexuellen Partnerorientierung verbunden sein sollte, begriff er als das Ergebnis einer von phasenspezifischen Konflikten begleiteten langjährigen Entwicklung, die im sechsten Lebensjahr einen ersten und mit der Pubertät einen zweiten Höhepunkt erreicht (Mertens 1992; 1994). Diese „Triebschicksale“ erklärte Freud (1915c) im Kontext einer Sexualitäts- und Triebtheorie, die er mit seiner Metapsychologie verschränkte (Köhler 1993), deren Begrifflichkeit Nagera (1974) anhand zahlreicher Belegstellen aus Freuds Schriften genauer erläutert hat. Auf die Darstellung dieser Einzelheiten muss hier verzichtet werden. Stattdessen sollen im Folgenden Aussagen Freuds hervorgehoben werden, die den Weg zur modernen psychoanalytischen Sichtweise der Regulation der Affekte im Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen geebnet haben, wobei anzumerken ist, dass im Sachwortregister vieler psychoanalytischer Werke der Terminus ‚Sexualität‘ heute noch nicht einmal mehr auftaucht (so zum Beispiel bei Schore 2007).

Wo Es war, soll Ich werden

Freuds kategorischer Imperativ lautet: „Wo Es war, soll Ich werden. Es ist Kulturarbeit etwa wie die Trockenlegung der Zuydersee“ (1933a, S. 86). Freud hat das Ziel der psychoanalytischen Behandlung, das ohne die Bereitschaft zum Verzicht nicht zu erreichen ist, deshalb mit Worten umschrieben, die einmal mehr seine Lehre von der Erziehung des Begehrens verdeutlichen: „Wir nähern uns dem Es mit Vergleichen, nennen es ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen […]. Von den Trieben her erfüllt es sich mit Energie, aber es hat keine Organisation, bringt keinen Gesamtwillen auf, nur das Bestreben, den Triebbedürfnissen unter Einhaltung des Lustprinzips Befriedigung zu verschaffen. […] Wunschregungen, die das Es nie überschritten haben, aber auch Eindrücke, die durch Verdrängung im Es versenkt worden sind, sind virtuell unsterblich, verhalten sich nach Dezennien, als ob sie neu vorgefallen wären. Als Vergangenheit erkannt, entwertet und ihrer Energiebesetzung beraubt können sie erst werden, wenn sie durch die analytische Arbeit bewußt geworden sind, und darauf beruht nicht zum kleinsten Teil die therapeutische Wirkung der analytischen Behandlung“ (Freud 1933a, S. 80f.). Freuds therapeutisches Anliegen lässt sich demnach als Versuch der nachträglichen Sozialisierung der Trieb-Natur verstehen, bei der die Liebe und Anerkennung einer um Verständnis bemühten Elternfigur (Analytiker/Analytikerin) an die Stelle von Verurteilung und Zurückweisung durch einen strengen (inneren und/oder äußeren) Richter getreten ist. Man könnte daher auch sagen: „[…] jede […] psychoanalytische Behandlung [ist] ein Versuch, verdrängte Liebe zu befreien“ (Freud 1907a, S. 118).

 „Liebesbeziehungen (indifferent ausgedrückt: Gefühlsbindungen)“ (Freud 1921c, S. 100) sind nach klassisch-psychoanalytischem Verständnis stets libidinöse Beziehungen. „Libido“ wiederum „ist ein Terminus aus der Trieblehre zur Bezeichnung des dynamischen Ausdrucks der Sexualität […]“ (Freud 1923a, S. 229). Aus diesem Grunde spielen Liebeswünsche (und damit implizit sexuelle Wünsche) in jeder psychoanalytischen Behandlung eine Rolle – und zwar nicht nur im Hinblick auf die Vergangenheit oder die Außenwelt, sondern auch im Hinblick auf die gegenwärtige therapeutische Situation. Also ist das Begehren in der Beziehung zwischen dem Analytiker und dem Analysanden stets gegenwärtig. Der Analytiker sollte die entsprechenden Wünsche verstehend akzeptieren, sie auf der Handlungsebene aber nicht erfüllen. Das sind die Gebote der Neutralität und Abstinenz, die Freud formulierte. Schließlich ist es ein „böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom ‚freien Ausleben‘ der Sexualität“ (Freud 1923a, S. 227).

Heilung ist bei Freud denn auch nicht mit sexuellem Agieren gleichzusetzen; vielmehr besteht das Ziel der Behandlung in der (Wieder-)Herstellung der Voraussetzungen für die Aufnahme und Aufrechterhaltung von Bindungen. Zu diesem Zweck muss der Wunsch nach Kontakt aus dem Gefängnis befreit werden, in das er aufgrund mangelhafter Bindungsangebote oder infolge ungelöster Beziehungskonflikte geraten ist. In dieser Gefangenschaft wuchern sexuelle und aggressive Phantasien, die in der Phantasie von der Allmacht über denjenigen gipfeln, der diese Wünsche erfüllen sollte. In dieser Gefangenschaft verkümmert die Fähigkeit zur Hingabe, während die Gefühle der Isolation und Einsamkeit rauschhaft-suchtartig betäubt werden sollen. „Somit ist das Überwiegen der sexuellen Triebanteile gegen die sozialen das für die Neurose charakteristische Moment“ (Freud 1912-13a, S. 91).

Und wie ist das Gefängnis entstanden, in das der Wunsch nach Bindung geraten ist? „Genetisch ergibt sich die asoziale Natur der Neurose aus deren ursprünglichster Tendenz, sich aus einer unbefriedigenden Realität in eine lustvollere Phantasiewelt zu flüchten“ (Freud 1912-13a, S. 92). Die entsprechenden Phantasien wären vom (Ver-)Schweigen zu befreien. Sie sollten endlich zur Sprache kommen dürfen. Auf diese Weise wären die unbewusst-neurotischen Inszenierungen des Begehrens der therapeutischen Vernunft zugänglich – und das Begehren, das verstanden wurde, wäre nicht mehr der Angst unterworfen, die jeder Symptomatik zugrunde liegt. Das Verständnis des Wunsches ist aber nicht mit der Wunscherfüllung gleichzusetzen. Vielmehr gilt laut Freud: „Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht […] eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war“ (1923a, S. 227 f.).

Für das von Max Marcuse herausgegebene Handwörterbuch der Sexualwissenschaften (1923) hat Freud „Die Natur der Triebe“ in lexikalisch knapper Form mit diesen Worten charakterisiert: Triebe „seien der lebenden Substanz innewohnende Tendenzen zur Wiederherstellung eines früheren Zustandes, also historisch bedingt, konservativer Natur, und gleichsam der Ausdruck einer Trägheit oder Elastizität des Organischen. Beide Triebarten, der Eros wie der Todestrieb, würden von der ersten Entstehung des Lebens an wirken und gegeneinander arbeiten“ (Freud 1923a, S. 233). Jeder Trieb will zurück, „das verlorene Glück […] wieder herstellen“ (Freud 1905d, S. 124). Die Gegensätzlichkeit der Triebe verdeckt dabei deren Gemeinsamkeit. Denn Eros wie Thanatos zielen – wenngleich auf unterschiedliche Weise – auf die Wiederherstellung eines früheren Zustands der Stabilität und Ruhe ab. Ewige Ruhe wäre demnach der Wunsch aller Wünsche – will man Freud glauben.

Dieses Beharren auf Ewigkeit charakterisiert das Es, das blind für die äußere Realität nur wünschen kann – eine psychoanalytische Konstruktion, die deutlich an die Philosophie Schopenhauers anknüpft (Nitzschke 1978): „Im Es findet sich nichts, was der Zeitvorstellung entspricht, keine Anerkennung eines zeitlichen Ablaufs und […] keine Veränderung des seelischen Vorgangs durch den Zeitablauf“ (Freud 1933a, S. 80). Dem daraus entspringenden Wunsch, die Zeit anzuhalten oder sie gar umzukehren, widerspricht nun aber die Vernunft, die zur Einsicht in die Vergänglichkeit und damit zur Anerkennung der Begrenztheit des Lebens auffordert.

Schließlich ist aber die Gewissheit, das Glück sei in der Kindheit (wieder) zu finden, auch nur eine Fiktion, beziehungsweise eine Konstruktion, die sich selektiver Erinnerung an die Kindheit verdankt. So pries Freud die Kindheit zunächst deshalb als „glücklich“, weil sie – wie er glauben wollte – „die sexuelle Begierde noch nicht kennt“ (1900a, S. 136). Dann aber, nach einem von C. G. Jung vorgetragenen Einspruch, verfasst er an der entsprechenden Stelle der dritten Auflage (von 1911) der Traumdeutung den realitätsgerechten Zusatz: „Eingehendere Beschäftigung mit dem Seelenleben der Kinder belehrt uns freilich, daß sexuelle Triebkräfte in infantiler Gestaltung in der psychischen Tätigkeit der Kinder eine genügend große, nur zu lange übersehene Rolle spielen, und läßt uns an dem Glücke der Kindheit, wie die Erwachsenen es späterhin konstruieren, einigermaßen zweifeln“ (1900a, S. 136, Anm. 19).

Von Zweisamkeit und Dreieinigkeit

Andererseits ist es keine Fiktion, wenn man sagt, ein Kind könne eher Glück erleben als ein Erwachsener. Das Kind ist nämlich – ein durchschnittlich gutes Bindungsangebot vorausgesetzt – immer dann glücklich, wenn es seine ‚Natur‘ frei ausleben (ausdrücken) kann. So unterliegt die ‚Sexualität‘ des Kindes zunächst in vielerlei Hinsicht – zum Beispiel in Hinsicht auf die Riechlust und die damit verbundenen koprophilen Neigungen – noch keinen kulturellen Einschränkungen. Die Aufforderung, entsprechende Ge- und Verbote anzuerkennen und damit unmittelbare Glückserlebnisse aufzugeben, lernt das Kind Schritt für Schritt im Laufe des Sozialisationsprozesses. Dabei muss es Stück für Stück seiner ‚Natur‘ überwinden. Dabei leistet es u. a. Verzicht auf die Befriedigung von Partialtrieben, die zusammengefasst das „Primat der Genitalien“ ermöglichen (Freud 1905d, S.109 ff.). Bleiben hingegen bei einem Erwachsenen einzelne Teilstücke in verselbständigter Form erhalten, dann spricht Freud von „perverser“ Sexualität, womit er die „Ausschließlichkeit“ meint, mit der sich ein Teil der infantilen Sexualität an die Stelle des Ganzen gesetzt hat. „So wie sich die perversen Handlungen als vorbereitende oder als verstärkende Beiträge in die Herbeiführung des normalen Sexualaktes einfügen, sind sie eigentlich keine Perversionen mehr. […] Es ergibt sich ungezwungen, daß die normale Sexualität aus etwas hervorgeht, was vor ihr bestanden hat, indem sie einzelne Züge dieses Materials als unbrauchbar ausscheidet und die anderen zusammenfaßt, um sie einem neuen, dem Fortpflanzungsziel, unterzuordnen“ (Freud 1916-17a, S. 334).

In der von Freud (1916-17a, S.341 ff.; 1924d) skizzierten ödipalen Situation sieht sich das Kind u. a. mit der Aufgabe konfrontiert, endgültig zu akzeptieren, dass es nur einem (entweder dem männlichen oder dem weiblichen) Geschlecht angehören kann. Diese Gewissheit wird durch die kulturell vorgeschriebenen Geschlechterrollen gefestigt (zur kulturellen Relativität dieser Muster siehe Nitzschke 1997a). Und wenn das Kind bereit ist, auch noch die Erfüllung des Wunsches aufzugeben, die Eltern sexuell zu besitzen (bevorzugt den gegengeschlechtlichen Elternteil), beziehungsweise diesen Wunsch in die kulturell akzeptierte Form der zärtlichen Liebe zu kleiden, dann verhält es sich endlich so ‚rein‘ und ‚unschuldig‘, wie es sich – gemäß der konventionellen Auffassung der Erwachsenen – angeblich von Geburt an verhalten soll. „Die Kinder sind die einzigen, die an diesen Konventionen nicht mittun, in aller Naivität ihre animalischen Rechte geltend machen und immer wieder beweisen, daß sie den Weg zur Reinheit erst zurückzulegen haben“ (Freud 1916-17a, S. 323). Hat das Kind die ödipale Situation gemeistert, könnte es dann, Schillers Worten (in der Ballade Die Bürgschaft) folgend, den Ausgang des triangulären Beziehungsdramas mit den Eltern so feiern:

„Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn –
So nehmet auch mich zum Genossen an:
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte!“

Freuds Nachfolger haben die Triangulierung zunächst aus der ödipalen Situation in die Wiederannäherungsphase verschoben (Rotmann 1978) und dann auch noch etwas weiter vorverlegt. Die „Triangulierung beginn schon viel früher“ (Mertens 1992, Kap. 2.3.7.) – nämlich schon mit (und soweit es die Phantasien der Eltern angeht, auch schon vor) der Geburt des Kindes. „Der primären Abhängigkeit des Kindes entspricht seine primäre Einbindung in ein triadisches Beziehungsnetz. Der Säugling gewinnt seine erste Position im triadischen Raum durch mütterliche Zuschreibung. […] Die Beziehung zum Säugling ist aber auch durch das eigene Beziehungsschicksal der Mutter zum Sexualpartner bestimmt, der [in der konventionellen Familie der leibliche] Vater des Kindes ist“ (Boothe, Heigl-Evers 1996, S. 166).

Gelingt die ödipale Triangulierung, dann ist die Beziehung des Kindes zu den Eltern weitgehend desexualisiert. Damit hat die „zärtliche Strömung“ im Hinblick auf die Beziehung des Kindes zu den Eltern (den ‚inzestuösen‘ Objekten) das Erbe der „sinnliche[n] Strömung“ angetreten (Freud 1905d, S. 101). Danach beginnt die „Latenzperiode“ (1905d, S. 77-80). Die Situation beruhigt sich nun wieder – bis zur Pubertät, in der das familiäre Drama als extra-familäres Drama erneut aufgeführt wird. Mit der Pubertät steht der Jugendliche vor einer paradoxen Aufgabe: Jetzt soll er, was er so mühsam gelernt hat, zu großen Teilen wieder vergessen. Jetzt soll er die sinnlich-sexuellen Begierden wieder mit zärtlich-bindenden Wünschen versöhnen und die so vereinten Wünsche auf ein und denselben außerfamiliären Liebes- und Bindungspartner richten. „Die Normalität des Geschlechtslebens wird nur durch das exakte Zusammentreffen der beiden auf Sexualobjekt und Sexualziel gerichteten Strömungen, der zärtlichen und der sinnlichen, gewährleistet, von denen die erstere in sich faßt, was von der infantilen Frühblüte der Sexualität erübrigt“ (Freud 1905d, S. 108).

Diese Forderung hört sich einfach an, sie ist aber schwer zu erfüllen. So sind die „zärtliche und die sinnliche Strömung […] bei den wenigsten Gebildeten gehörig miteinander verschmolzen; fast immer fühlt sich der Mann in seiner sexuellen Betätigung durch den Respekt vor dem Weibe beengt und entwickelt seine volle Potenz erst, wenn er ein erniedrigtes Sexualobjekt vor sich hat, was wiederum durch den Umstand mitbegründet ist, daß in seine Sexualziele perverse Komponenten eingehen, die er am geachteten Weibe zu befriedigen sich nicht getraut“. Will der Mann nun aber „im Liebesleben wirklich frei und damit auch glücklich werden“, muss er die Hemmungen überwinden, die aus der Beziehung zum inzestuösen mütterlichen Objekt herrühren. Anders ausgedrückt heißt das: Der Mann muss „sich mit der Vorstellung des Inzests mit Mutter oder Schwester befreundet haben“ (Freud 1912d, S. 85 f.).

Gelingt dies – hat man(n) seinen Frieden gefunden, doch der Verliebte will mehr. Er will glücklich sein. Und da das Glück jenseits der triangulären Situation liegt, scheint er es in der Zweieinigkeit wieder zu gewinnen: „Auf der Höhe der Verliebtheit droht die Grenze zwischen Ich und Objekt zu verschwimmen. Allen Zeugnissen der Sinne entgegen, behauptet der Verliebte, daß Ich und Du eins seien, und ist bereit, sich, als ob es so wäre, zu benehmen“ (Freud 1930a, S. 423).

Diese Einheit bedeutet Glück. Dieses Glück, nach dem sich alle Menschen (zurück-)sehnen, habe schon Platon gleichnishaft dargestellt, schreibt Freud: „,Unser Leib war nämlich zuerst gar nicht ebenso gebildet wie jetzt; er war ganz anders. […]‘. Alles an diesen Menschen war aber doppelt, sie hatten also vier Hände und vier Füße, zwei Gesichter, doppelte Schamteile usw. Da ließ sich Zeus bewegen, jeden Menschen in zwei Teile zu teilen […]. ‚Weil nun das ganze Wesen entzweigeschnitten war, trieb die Sehnsucht die beiden Hälften zusammen: sie umschlangen sich mit den Händen, verflochten sich ineinander im Verlangen, zusammenzuwachsen‘ …“ (an dieser Stelle zitiert Freud [1920g, S. 62] aus Platons Symposion). Und schließlich beruft sich der bekennende Atheist Freud auch noch auf den Apostel Paulus, aus dessen Brief an die Korinther (1.13) er die folgende Variation eines Verses aus dem Hohen Lied zitiert: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle“ (zit. n. Freud 1921c, S. 99). Und an anderer Stelle bekräftigt Freud noch einmal, Platons Begriff des Eros weise „in seiner Herkunft, Leistung und Beziehung zur Geschlechtsliebe eine vollkommene Deckung mit der Liebeskraft, der Libido der Psychoanalyse“ auf (1921c, S. 99).

Der Verliebte braucht nicht bei Platon nachzulesen. Er dichtet selbst, denn er hört die Engel singen. Er befindet sich in einem emotionalen Zustand, der außergewöhnliche Glücks- und Lusterlebnisse ermöglicht, aber auch eine der Voraussetzungen für erhöhte Verletzlichkeit darstellt. So führt die Enttäuschung, die sich mit der Erkenntnis einstellt, dass der geliebte Mensch doch nicht dauerhaft dem Bild gleichen kann, das sich der Verliebte gemacht hat, nicht in jedem Fall zu einem besonnenen Verständnis für die dem Menschen gesetzten Grenzen. An die Stelle der Idealisierung können dann Entwertungen treten, die zur abrupten Trennung oder gar zur hasserfüllten inneren – und mitunter äußeren – Zerstörung des vormals so sehr geliebten Objekts führen. Die Fähigkeit, Verliebtheit in dauerhafte Liebe und Bindung umzuwandeln, ist offensichtlich an die Fähigkeit zur Trauer gebunden, die mit dem Verlust des idealen Objekts einhergeht. Ohne Verzicht auf das Ideal kann es keinen Frieden geben.

Doch Es akzeptiert keinen Verzicht. Und von der Vergänglichkeit will Es auch nichts wissen. Es beharrt auf der Wiederherstellung des Urzustands, der im besten aller Fälle einst mit der Mutter erlebt worden ist. Deshalb hat Freud die „einzigartige, unvergleichliche, fürs ganze Leben unabänderlich festgelegte Bedeutung der Mutter als erstes und stärkstes Liebesobjekt, als Vorbild aller späteren Liebesbeziehungen“ so sehr betont (1940a, S. 115 – Herv.: B. N.).

Das Ideal, das der Verliebte gefunden zu haben glaubt, scheint dieses frühe Glück zurückzubringen. „Als die anfänglichste Sexualbefriedigung noch mit der Nahrungsaufnahme verbunden war, hatte der Sexualtrieb ein Sexualobjekt außerhalb des eigenen Körpers in der Mutterbrust. Er verlor es nur später, vielleicht gerade zu der Zeit, als es dem Kinde möglich wurde, die Gesamtvorstellung der Person, welcher das ihm Befriedigung spendende Organ [die Brust – B. N.] angehörte, zu bilden. Der Geschlechtstrieb wird nun in der Regel autoerotisch, und erst nach Überwindung der Latenzzeit stellt sich das ursprüngliche Verhältnis wieder her. Nicht ohne guten Grund ist das Saugen des Kindes an der Brust der Mutter vorbildlich für jede Liebesbeziehung geworden. Die Objektfindung ist eigentlich eine Wiederfindung. Aber von dieser ersten und wichtigsten aller sexuellen Beziehungen bleibt auch nach der Abtrennung der Sexualtätigkeit von der Nahrungsaufnahme ein wichtiges Stück übrig, welches die Objektwahl vorbereiten, das verlorene Glück also wieder herstellen hilft“ (Freud 1905d, S. 123 f. – Herv.: B. N.).

Wie die Seele entsteht – und worunter der Mensch leidet, dem sie fehlt

Bevor die Mutter auf die affektiven Äußerungen des Kindes reagiert, deutet sie diese im Kontext ihres Selbst- und Kulturverständnisses. Das heißt, die Mutter schreibt den Äußerungen ihres Kindes Sinn zu. So versteht sie das Trieb-Wesen Kind in ihrem Sinn. Sie greift dabei als erster Mensch die natürlich-animalischen Wünsche des Kindes auf – und sorgt zugleich für die ersten kulturell akzeptierten Formen der Wunscherfüllung. Dabei übersetzt sie – Geste für Geste, Laut für Laut – ihr Verständnis der Körper-Sprache des Kindes in die Mutter-Sprache, also in eine Wort-Sprache. Auf diesem Weg wird der Körper des Kindes ‚mentalisiert‘ (Fonagy, Target 2006).

So spricht zunächst die Mutter dem Kind (und im Anschluss daran das Kind sich auch selbst) eine ‚Seele‘ zu. Das ist die „Kulturarbeit“, die Freud (1933a, S. 86) mit dem Bild von der „Trockenlegung der Zuydersee“ zu veranschaulichen versuchte. Dabei stimmen die Mutter und das Kind ihre Körper-Rhythmen aufeinander ab. Gelingt dieser quasi-musikalische Dialog (Nitzschke 1984), der als Sprechgesang objektivierbar ist, dann stimmt die (Bio-)Chemie zwischen der Mutter und dem Kind. Und damit sind wir wieder bei Goethe, der „in den ‚Wahlverwandtschaften‘ eine Idee aus dem Vorstellungskreis der Chemie auf das Liebesleben“ (Freud 1930e, S. 549) anwandte, die Freud so gut gefiel, dass er sie auch für die Psychoanalyse reklamierte.

Aus all dem wird ersichtlich, welch großen Einfluss die frühen Beziehungserfahrungen des Kindes auf das Erleben und Verhalten des erwachsenen Menschen haben. Und so ist es „leicht zu verstehen, daß jede Störung dieser Kindheitsbeziehungen die schwersten Folgen für das Sexualleben“ des Erwachsenen hat (Freud 1905d, S. 130 – Herv.: B. N.). Durch die Untersuchungen von Harlow und Harlow (1962) wurde diese Aussage Freuds später experimentell bestätigt. Affenkinder, die von Surrogat-Müttern aufgezogen werden (sie erhalten von Puppen aus Draht Milch aus der Flasche, aber keinerlei emotionale Signale), zeigen bereits sehr früh Störungen des Sozialverhaltens und später als Erwachsene ein gestörtes Sexualverhalten.

Dass nicht nur Deprivations-, sondern auch Missbrauchserlebnisse pathogene Auswirkungen haben, hat Freud (1896c) stets betont. An dieser Auffassung hielt er – entgegen der immer wieder neu aufgefrischten Legende vom angeblichen „Widerruf der Verführungstheorie“ (Krüll 1979, Kap. 1.2.4.; siehe auch Hirsch 1990, Kap. 4.1.) – über alle Phasen der Theorieentwicklung hinweg fest (Nitzschke 1997b). So schreibt Freud etwa in den Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse: „Glauben Sie übrigens nicht, daß sexueller Mißbrauch des Kindes durch die nächsten männlichen Verwandten durchaus dem Reiche der Phantasie angehört. Die meisten Analytiker werden Fälle behandelt haben, in denen solche Beziehungen real waren und einwandfrei festgestellt werden konnten“ (1916-17a, S. 385).

Neben offensichtlicher Deprivation und handgreiflichem Missbrauch kommen aber auch subtilere Beeinträchtigungen der seelischen Entwicklung des Kindes in Betracht. So sind auch „Zwistigkeiten zwischen den Eltern selbst, unglückliche Ehe derselben“ als „schwerste Prädisposition für gestörte Sexualentwicklung oder neurotische Erkrankung der Kinder“ anzunehmen (Freud 1905d, S. 130). Die Mutter, die sich in einem solchen Fall enttäuscht von ihrem Mann zurückzieht und ihrem Kind als Ersatz-Partner zuwendet, kann die psycho-sexuelle Entwicklung des Kindes auf eine wenig greifbare, wohl aber wirksame Weise stören. Als Beispiel hierfür nennt Freud Leonardo da Vincis Mutter: „So nahm sie nach der Art aller unbefriedigten Mütter den kleinen Sohn an Stelle ihres Mannes an und raubte ihm durch die allzu frühe Reifung seiner Erotik ein Stück seiner Männlichkeit.“ Doch gleich im Anschluss an diesen kritischen Passus folgt schon wieder die Idealisierung der Mutter: „Die Liebe der Mutter zum Säugling, den sie nährt und pflegt, ist etwas weit tiefgreifenderes als ihre spätere Affektion für das heranwachsende Kind. Sie ist von der Natur eines vollbefriedigenden Liebesverhältnisses, das nicht nur alle seelischen Wünsche, sondern auch alle körperlichen Bedürfnisse erfüllt, und wenn sie eine der Formen des dem Menschen erreichbaren Glückes darstellt, so rührt dies nicht zum mindesten von der Möglichkeit her, auch längst verdrängte und pervers zu nennenden Wunschregungen ohne Vorwurf zu befriedigen“ (Freud 1910c, S. 187 ff.).

Otto Gross, ein früher Schüler Freuds, hat den Wunsch des Kindes nach Kontakt als Ausgangspunkt sozialer – und deshalb auch sexueller – Beziehungen wie Freud besonders betont: „Von der ursprünglichen, artgemäß angelegten Sexualität können wir zusammenfassend wohl nur das eine sagen: Die Sexualität als angelegter Trieb und also auch die ursprüngliche Sexualität des Kindes ist Trieb nach Kontakt, im physischen und psychischen Sinne“ (1920, S. 129). Auch daran, dass die Mutterliebe für das Kind lebensnotwendig ist, hatte er keinen Zweifel. Nachdem man „in allerneuester Zeit als Ursache des Hospitalismus den Mangel an Liebe erkannte und in den Säuglingsanstalten die schematische Massenpflege durch individuelle Einzelwartung ersetzte“, so schreibt Otto Gross 1920, „war der Weg zur Überwindung des Hospitalismus […] gewiesen: jedem Kinde eine Mutter!“ Dieses Zitat belegt, dass der Begriff ‚Hospitalismus‘ bereits lange vor René Spitz (1945, 1946a, 1946b) bekannt war, mit dem man diesen Begriff gemeinhin verbindet.

Otto Gross (1920, S. 148) hat den zitierten Passus dem Bericht eines Kinderarztes entnommen, der erkannt habe, dass die Kinder „an seelischem Hungertode zugrunde gehen“, wenn sie ohne primäre Bindung bleiben. „Die zahllosen psychischen und körperlichen Anregungen zu Essen und Bewegung, Wachen und Schlaf, die das glücklich Kind in den Armen der liebenden Mutter empfängt, das Lächeln und Lieben, das Singen und Wiegen, das Aufgehobenwerden von der Mutter nach dem ersten Wimmerlaut der Nacht und das süße Wiederversinken in Träume unter der Flüstermelodie der Hüterin, die Befriedigung, die das Kind empfindet, auf den ersten Schrei nach Nahrung zu gewohnter Stunde an die nährende Brust gelegt zu werden und die halb bewußt-unbewußte erste Wollust des Daseins, saugend am warmen Busen der Mutter zu liegen, all diese traumhaften, kaum empfundenen und doch dem Kinde nötigen Wonnen des ersten Lebens, fehlen dem Kinde der Anstalt. Ihm fehlt der Ammenzauber“. Soweit die Forschungsergebnisse des Kinderarztes Prof. Ibrahim (zit. n. Gross 1920, 147f. Siehe dazu ausführlich: https://www.therapyroute.com/article/who-was-otto-gross-by-b-nitzschke – Aufruf 16.06.2019).

Ob man dem ‚Ammenzauber‘ sexuellen Charakter zu- oder absprechen will, das hängt wohl von dem Begriff ab, den man sich von der Sexualität gemacht hat. Wenn man – wie Freud – der Auffassung ist, dass die zärtliche aus der sinnlichen Strömung hervorgeht, oder gar annimmt, am Anfang sei alles ‚eins‘ gewesen – und zwar nicht nur die Mutter und das Kind, sondern auch der Körper und die Seele, der Trieb und der Wunsch, das Bindungsverlangen und das sexuelle Begehren, dann wird man das Bild, das wir von ‚der‘ Sexualität haben, nur einfältig nennen können. Freud hat uns hingegen ein weit vielfältigeres Bild von der Sexualität hinterlassen. „Vergessen Sie [aber] nicht, wir sind derzeit nicht im Besitze eines allgemein anerkannten Kennzeichens für die sexuelle Natur eines Vorganges“ (Freud 1916-17a, S. 331).

Literatur

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Hinweis

Der vorstehende Beitrag greift auf einen Aufsatz zurück, der erstmals 1976 erschienen ist und in späteren Fassungen mehrfach überarbeitet wurde. Die erste Fassung wurde veröffentlicht in: Eicke, D. (Hrsg.): Die Psychologie des 20. Jahrhunderts, Bd.2. Zürich (Kindler), 1976, S. 363-402 (unter dem Titel: „Die Bedeutung der Sexualität im Werk Sigmund Freuds“). Überarbeitete Fassungen sind erschienen in: Nitzschke, B.: Sexualität und Männlichkeit. Zwischen Symbiosewunsch und Gewalt. Reinbek (Rowohlt), 1988, S. 282-346 (hier unter dem Titel der ersten Fassung); und in: Dulz, B., Benecke, C., Richter-Appelt, H. (Hrsg.): Borderlinestörungen und Sexualität. Ätiologie – Störungsbild – Therapie. Stuttgart (Schattauer), 2009, S. 18-30 (hier unter dem Titel: „Freuds vielfältige Ansichten über Sexualität“).