Goethes „Wilhelm Meister“-Romane mit Genette neu gelesen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Erzählen hat bei Johann Wolfgang Goethe einen speziellen Stellenwert. Es ist für ihn nicht nur ein Modus der Textproduktion, sondern auch eine Form der Welterschließung und Welterkenntnis. Die Arbeit an den Wilhelm Meister-Romanen begleitete ihn mehr als 60 Jahre seines Lebens und bildet einen Kern seines narrativen Werks.

Die hier vorliegende Neuuntersuchung der drei Romane, Wilhelm Meisters theatralische Sendung, Wilhelm Meisters Lehrjahre und Wilhelm Meisters Wanderjahre geht von Gérard Genettes narratologischem Analysemodell aus und zeigt damit neue poetologische Grundstrukturen dieser literaturhistorisch bedeutenden Texte auf.

Die Arbeit analysiert, dass in diesen Romanen Textilien nicht nur inhaltlich eine wesentliche Rolle spielen, sondern dass darüber hinaus die poetologische Struktur dieser Texte und vor allem deren Erzählkonfigurationen – analog zur gemeinsamen etymologischen Herkunft der Begriffe „Text“ und „Textil“ – wie textile Gewebestrukturen aufgebaut sind und sich mittels der Textilmetaphern „weben“ und „wirken“ beschreiben lassen. Besonders in Wilhelm Meisters Wanderjahren erhält das „Wirken“ neben der textiltechnischen auch eine rezeptionsästhetische Bedeutung und unterstreicht so die absichtsvolle Engführung der Begriffsfelder von Text und Textil.

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Titelbild

Carina Gröner: Textgewebe. Goethes Erzähler in den Wilhelm-Meister-Romanen.
Aisthesis Verlag, Bielefeld 2019.
233 Seiten, 39,80 EUR.
ISBN-13: 9783849813567

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