Ein architektonischer Spaziergang

Rainer Haubrich führt uns in „Das Scheunenviertel“ durch die Architekturgeschichte des Berliner Stadtteils

Von Stefanie LeibetsederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Leibetseder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Rainer Haubrich blickt bereits auf eine langjährige Tätigkeit als Architekturkritiker zurück, wovon nicht zuletzt zahlreiche Publikationen zur Berliner Stadtentwicklung zeugen. Dem fügt sich auch seine aktuelle Veröffentlichung zur Architekturentwicklung des Berliner Scheunenviertels ein. Dem versiert geschriebenen und kurzweiligen Buch merkt man darüber hinaus auch Haubrichs journalistische Berufserfahrung an.

Haubrich nimmt uns in fünf Kapiteln in die historische Entwicklung des Scheunenviertels mit. Diese orientieren sich historisch an den Hauptbebauungsphasen des Quartiers: Von der Gründung des Preußischen Staates bis zur Reichseinigung, von 1871 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, von der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, in der DDR-Zeit und zuletzt von der Wende bis in die Gegenwart. In ihnen werden die jeweiligen prägenden städtebaulichen Grundzüge anschaulich zur Sprache gebracht, aber auch zahlreiche architektonisch herausragende Gebäude mit ihren besonderen Charakteristika analysiert und darüber hinaus in den historischen Kontext ihrer Zeit eingebettet.

Da diese im Fließtext von qualitätsvollen historischen s/w-Abbildungen und aktuellen farbigen Fotos der Einzelbauten sowie verschiedenen Ausschnitten aus historischen Stadtplänen der einzelnen Bauphasen begleitet werden, kann man sich gut an Letzteren orientieren und das Buch aufgrund seines für die Jackentasche geeigneten Formates ohne weiteres als angenehmen Begleiter auf einem längeren Bummel durch den Stadtteil verwenden.

Es öffnet nicht nur auswärtigen Besucher*innen, sondern auch Berliner*innen auf gelungene Weise die Augen für so manches im Krieg verlorene, leicht übersehene oder neu hinzugekommene architektonische Schmuckstück. Als besonderes Juwel wird in diesem Zusammenhang die Bebauung des heutigen Rosa-Luxemburg-Platzes mit der Volksbühne und dem Wohnhaus mit dem Kino Babylon von Hans Poelzig ausführlich gewürdigt.

Jedoch verschweigt Haubrich auch nicht die beklagenswert großen Verluste an historischer Bausubstanz durch den letzten Weltkrieg bzw. die Vernachlässigung zu DDR-Zeiten sowie deren mehr oder weniger gelungene Kompensation durch Plattenbauten. Besonders dieser Vergleich lässt die großen Kraftanstrengungen, die direkt nach der politischen Wende von Anwohnern, Architekten, der Denkmalpflege und dem Berliner Senat mit massiver finanzieller Unterstützung unternommen wurden, umso beeindruckender erscheinen.

Titelbild

Rainer Haubrich: Das Scheunenviertel. Kleine Architekturgeschichte der letzten Altstadt von Berlin.
Insel Verlag, Berlin 2019.
156 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-13: 9783458364627

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch