Hemingways Wahlverwandte

Lily Kings Roman„Writers & Lovers“ erzählt quälend über die Qual einer jungen Schriftstellerin

Von Paul GeckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Paul Geck

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Schreiben ist Elend, so könnte man Lily Kings neuen Roman Writers & Lovers zusammenfassen. Lesen in diesem Fall allerdings auch, so hart das Urteil ist. Lily King wurde in Deutschland mit ihrem Roman über die Ethnologin Margaret Mead (die in Euphoria anders hieß) bekannt. Es war ein glänzendes Stück Menage à trois und nebenbei noch eine Reflexion über die Grenzen ethnographischer Methoden und Forschung.

Writers & Lovers dagegen erzählt die Geschichte einer 31-jährigen, an ihrem Dasein scheiternden Schriftstellerin, in deren Leben nichts, aber auch gar nichts gelingt, bis dann schließlich ihr Roman entdeckt wird und sie einen Vorschuss aushandelt, der alle ihre Schulden tilgt. Die Schulden sind nicht ihr einziges Problem, hinzu kommen noch zwei bis drei problematische Männerbeziehungen, eine fehlende Krankenversicherung, Panikattacken, verdächtige Knoten in der Achselhöhle, eine zerrüttete Beziehung zum Vater, und, vor allem und zu guter Letzt: der Verlust der Mutter, die vollkommen überraschend verstorben ist.

Damit ist über die Handlung des Romans beinahe alles gesagt. Was bei einer Sally Rooney locker und selbstironisch daherkommen könnte, ist hier schlicht erdenschwer und humorlos dahin erzählt. Schwer erträglich, dass die Autorin missgünstige Meinungen ihrem Buch gegenüber schon im Vorhinein abzublocken scheint, indem sie Misogynismus insinuiert. Sie habe, so schreibt sie, als junge Erwachsene Hemingway, Joyce, Hamsum gelesen, „Geschichten junger Männer, die mit sich und dem Schreiben rangen. Aber wo waren entsprechende Bücher über Frauen? Wo waren die Bücher über ihr Ringen?“

Casey, die ringende Frau aus Kings Roman, schreibt auf jeden Fall verbissen an ihrem Buch, das gegen Ende überraschend fertig wird. Sie lebt in einer, ja tatsächlich!, Garage, kellnert in einem teuren Restaurant, das von unfähigen Machos geleitet wird, und erlebt auch sonst nicht allzu viel. Als Kind wollte der Vater sie zum Golfstar trimmen, sie sagte sich von ihm los, als sie auf seine dreckigen Machenschaften aufmerksam wurde. Heute ist sie hin- und hergerissen zwischen Silas, dessen Auto nach alten Socken riecht und der ab und zu einfach verschwindet, und Oscar, ein bereits erfolgreicher Autor mit zwei kleinen Kindern. Er ist Witwer, er ist präsent und ein bisschen langweilig, aber er interessiert sich nicht für Caseys Roman. Dass sie in ihren Beziehungen die problematische Vater- und Mutterbindung repliziert, wird breit ausgeführt, dem Leser bleibt nicht mehr viel zu entdecken.

Es deutet sich recht früh an, wie sich Casey zwischen den beiden Männern entscheiden wird. Dass sich ihre Probleme aber gegen Ende scheinbar in Luft auflösen werden, nur weil sie ihr Buch verkauft, ist dann doch ein zu eindeutiger Triumph von Geld, Erfolg und Bestätigung über alles, was sonst noch so zählt im Leben.

Jetzt ist er da, der Roman einer Frau über die Schreibblockaden einer jungen Künstlerin. Viel mehr ist dazu nicht zu sagen.

Titelbild

Lily King: Writers & Lovers. Roman.
Verlag C.H.Beck, München 2020.
319 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783406756986

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