Psychoanalyse und gesellschaftliche Situation in Berlin und Wien vor 1933

Von Helmut DahmerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Helmut Dahmer

Die Geschichte der Freudschen Therapeutik – und der ärztlich-psychologischen Berufsverbände, die sie tradierten – wird rückblickend als eine Geschichte der Selbstbeschränkung unter gesellschaftlichem und politischem Druck kenntlich. Da viele Geschichten der Psychoanalyse Verbandsgeschichten sind, deren gesellschaftlicher und politischer Kontext nur als ein blasses Horizont-Phänomen erscheint, scheint es mir nötig, den Zusammenhang der Theorie- und Vereinsgeschichte mit der geschichtlichen Realität – die ja bei Freud als eines der beiden 1911 von ihm postulierten „Prinzipien des psychischen Geschehens“ figuriert – zumindest so weit zu skizzieren, wie wie das in diesem Rahmen möglich ist.[1]

Zunächst einmal ist Freuds Psychoanalyse nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als sich der Untergang der Belle Époque bereits abzeichnete, in Wien, einer der beiden Hauptstädte des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaats, konzipiert. Damals erreichte die langfristige Mutation einer Gesellschaft mit einer Mehrheit von Selbständigen – etwa 80 Prozent kleiner und mittlerer Privateigentümer in Stadt und Land, sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten zu Beginn des 19. Jahrhunderts – zu einer Gesellschaft mit einer Mehrheit von abhängig Beschäftigten (Lohnarbeitern, Angestellten, Beamten) ihren Umschlagspunkt. Die in den Menschenrechtserklärungen der amerikanischen und französischen Revolution postulierte, von deutschen Dichtern und Denkern als Kulturideal formulierte Autonomie bürgerlicher Individuen verlor ihre Basis – und ihre praktische Bedeutung – in dem Maße, in dem das Leben der Bevölkerungsmehrheit von der wechselnden, konjunkturabhängigen Profitabilität der Nutzung ihrer Arbeitskraft abhing.

Freud entdeckte, dass die vergesellschafteten Individuen derartige kulturelle Umbrüche in sich austragen, dass die Konflikte zwischen Triebwünschen, Realangst und Tradition ihr Seelenleben ausmachen. In der kollektiven Mentalität gewann – besonders nach dem Scheitern der Aufstände, die dem ersten Weltkrieg ein Ende machten – das „Gefühl der Ohnmacht“ (Erich Fromm, 1937) allmählich die Oberhand über das Vertrauen auf die eigene Spontaneität, auf die Fähigkeit, sein Leben selbst zu bestimmen. Neuartige „autoritäre Charaktere“ gruppierten sich – in „Furcht vor der Freiheit“ (Fromm) – alsbald zu neuartigen, leicht manipulierbaren „massenfeindlichen Massenbewegungen“ (Institut für Sozialforschung, 1956). Der kulturelle Umbruch zeichnete sich in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts stets deutlicher ab: Unabhängigkeits- und Kolonialkriege an der Peripherie, die Niederschlagung des Kommune-Aufstands und der Dreyfus-Skandal im Zentrum Europas, Rivalität und Aufrüstung der europäischen Mächte, Rassenunruhen und Pogrome in den USA, der Türkei und in Russland. Und während Impressionisten, Symbolisten und Jugendstil-Künstler noch versuchten, das Traumbild eines sorglosen, märchenhaften Lebens in den Bourgeois-Quartieren der Städte architektonisch zu verewigen und in idyllischen Landschaftsansichten mit dem Pinsel festzuhalten, begannen Kubisten, Futuristen und Expressionisten bereits mit dessen künstlerischer Demontage. Das Revolutionsjahr 1905 hat in Freuds Œuvre Widerhall gefunden, nämlich in seinem Buch über den Witz als einer „Rebellion in nuce“[2]:

Es läßt sich laut sagen, was [die tendenziösen] Witze flüstern, dass die Wünsche und Begierden des Menschen ein Recht haben, sich vernehmbar zu machen neben der anspruchsvollen und rücksichtlosen Moral, und es ist in unseren Tagen nachdrücklich und in packenden Sätzen gesagt worden, dass diese Moral nur die eigennützige Vorschrift der wenigen Reichen und Mächtigen ist, welche jederzeit ohne Aufschub ihre Wünsche befriedigen können.[3]

Zehn Jahre später erstarb das (antiautoritäre) Gelächter[4], als der erste Weltkrieg, die „Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts“, die Furien des Nationalismus entfesselte, um den Preis von neun Millionen Toten das deutsch-österreichische, das russische und das türkische Imperium zertrümmerte und den totalitären Regimen mit ihren Menschenvernichtungs-Orgien den Weg bereitete.

Freud gehörte zu der in die christlichen Mehrheitsgesellschaften eingesprengten jüdischen Minderheit, die seit Jahrhunderten diskriminiert und verfolgt worden war. Als Anhänger eines strengeren Monotheismus waren diese heimatlosen Pioniere von Geldwirtschaft und Fernhandel, also der „Moderne“, den Christenmenschen verhasst, und Freud, ein „gottloser Jude“, fühlte sich ihrer Tradition, einer von verfolgten Wahrheitssuchern, zutiefst verbunden. Seinen Wunsch, zur Lösung der „Welträtsel“ beizutragen, befriedigte er, wie er selbst es sah, zunächst auf dem „Umweg“ über die Medizin. Dabei stieß er auf das Rätsel der „Hysterie“, das für die zeitgenössische Medizin unlösbar war, weil sie „soziale Leiden“[5] (Ferenczi) weder kannte, noch akzeptierte, und wurde beim Versuch, es zu lösen, vom Natur- zum Sozialwissenschaftler. Er brach mit der physiologischen Medizin seiner akademischen Lehrer und erneuerte – seiner Jugendlektüre Ludwig Feuerbachs eingedenk – dessen Religionskritik, die er zu einer Kritik von (bewusstlos etablierten, obsolet gewordenen) Institutionen der biographischen und der Sozialgeschichte erweiterte (Totem und Tabu). Das in seiner Traumdeutung (1900) ausgearbeitete Verfahren, unverständliche Seelen- und Kulturprodukte zu enträtseln, mit Hilfe „freier Assoziationen“ die Amnesie zu durchdringen, Schritt für Schritt die Genese des Unverständlichen aufzudecken und den Wiederholungszwang zu brechen, diente ihm nun (auch) zur Lösung gesellschaftlicher Sphinx-Rätsel wie der Masseneinbindung von Individuen, des Krieges und des Antisemitismus. Als Kritiker der zweiten Natur (besser: „Pseudonatur“) obsoleter Institutionen der Lebens- und der Kulturgeschichte wurde Freud zum Anwalt all derer, die am Unbehagen in der „Kultur“ leiden und nach einer suchen, „die keinen mehr erdrückt“.[6]

Bei den Einschränkungen, die sich nur auf bestimmte Klassen der Gesellschaft beziehen, trifft man auf grobe und auch niemals verkannte Verhältnisse. Es steht zu erwarten, daß diese zurückgesetzten Klassen den Bevorzugten ihre Vorrechte beneiden und alles tun werden, um ihr eigenes Mehr von Entbehrung los zu werden. […] Es braucht nicht gesagt zu werden, daß eine Kultur, welche eine so große Zahl von Teilnehmern unbefriedigt lässt und zur Auflehnung treibt, weder Aussicht hat, sich dauernd zu erhalten, noch es verdient. (Freud 1927, S. 333 und S. 374.)

Für Freud bildeten die deutende Erforschung des individuellen und kollektiven Unbewussten, die Theorie der Struktur und der Funktionen der Seele (die „Metapsychologie“) und die Therapie – als Traditions- und Kulturkritik in nuce – eine Einheit. Den in den psychoanalytischen Zünften organisierten Ärzten und Psychologen erschien dies Freudsche „System“ jedoch alsbald wenig plausibel und allzu riskant. Sie nahmen sich also das heraus, was sie für ihre Berufspraxis als Therapeuten brauchen konnten, isolierten die psychoanalytische „Technik“ gegenüber ihrer Matrix, der Kritik der Gegenwartskultur, und suchten den Anschluss an Medizin und Psychiatrie. Als Vertreter einer „weichen Psychotechnik“ bezogen sie eine Nische im Haus der „normalen“ Medizin.

Freud hatte 1932, in der Endphase der Weimarer Republik, versucht, seine Psychoanalyse aus dem drohenden Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg herauszuhalten, indem er – recht widersprüchlich – ihren naturwissenschaftlichen und ihren anti-illusionären Charakter betonte und sich von den soziologisierenden „linken“ Freudianern (Reich und Fenichel) ebenso wie von der revolutionären Bohème (André Breton) distanzierte. Wurde nun aber die Psychoanalyse als eine „Technik“ verstanden, dann konnte sie wie andere Techniken auch verschiedensten Zwecken dienen. Im Übergang von der Republik zum totalitären Menschenfresser-Staat sahen findige Arisierer wie C. G. Jung und psychoanalytische Ideologen wie Carl Müller-Braunschweig eine Chance, die Psychoanalyse zu „entjuden“ und sie zwecks „Ertüchtigung“ (H. Schultz-Hencke) schwächelnder Volksgenossen den neuen, faschistischen Herren Deutschlands anzudienen (Peglau 2013).

Die 1918/19 entstandene deutsche („Weimarer“) und die österreichische Republik waren das Produkt einer militärischen Niederlage und einer in Österreich gescheiterten, in Deutschland blutig niedergekämpften Arbeiterrevolution. Das Ergebnis waren zwei hybride Staaten, in denen die parlamentarische Demokratie – mit Parteien und Gewaltenteilung – die fortbestehende kapitalistische Wirtschaftsgesellschaft „überbaute“: eine demokratische Insel inmitten vordemokratischer Verhältnisse in Industrie und Landwirtschaft, Familien und Bürokratie. Interessiert an diesem „Überbau“ waren die reformistischen Arbeiterorganisationen und der (schrumpfende) liberale Flügel des Bürgertums der „verspäteten Nation“ (H. Plessner); die reale Macht aber lag in den Händen des „Finanzkapitals“ (R. Hilferding), des Heeres und der Staatsbürokratie. Nach wenigen Jahren eines trügerischen inneren und äußeren Friedens entledigte sich – im Gefolge der Wirtschaftskrise von 1929 – der wirtschaftliche „Unterbau“ mit Hilfe faschistischer Milizen (der SA und SS) seines unpassenden demokratischen Überbaus und ersetzte ihn durch zwei Spielarten des „autoritären Staats“, den deutschen „Nationalsozialismus“ und den „Austrofaschismus“.

Das Echo von Revolution und Konterrevolution im psychoanalytischen Mikrokosmos vernehmen wir in Paul Federns Essay über Die vaterlose Gesellschaft (1919), in Freuds Kritik der Massenpsychologie (1921) und in seiner „zweiten Topik“ (1923). Federn deutete die Rätedemokratie als aktuelle Wiederholung einer langen Reihe von „Brüderaufständen“ und als Antizipation einer von Vatermord und nachträglichem Gehorsam freien Zukunftsgesellschaft.[7] Freud sah in den kriegsbegeisterten Massen von 1914 und in den demokratiefeindlichen der Nachkriegsrepubliken die Vorboten eines barbarischen Zeitalters.[8] Doch gab er zunächst die Hoffnung nicht auf, der regressiven Massen-Einbindung entgegenzuwirken, also „die Masse [wieder] mit den Attributen des Individuums auszustatten“.[9] In seinem 1923 veröffentlichten Strukturmodell figurierte dann freilich das „Ich“ – die teilbewusste Instanz der Realitätskontrolle und der Zensur – als ein Clown (oder „dummer August“), der (mit geborgter Energie) wechselnde Kompromisse zwischen Triebwünschen, Realität und Tradition sucht und dabei – wie der Held der Chaplinfilme „Goldrausch“ und „Zirkus“ – stets vorgibt, alles Unheil, das ihm widerfährt, sei von ihm arrangiert, er also stets Herr der Lage. Die Stellung des Ichs im Freudschen Seelenhaus entspricht aufs Genaueste der Verfassung „moderner“ Individuen, die dem Kulturideal autonomer Lebensführung nachtrauern, ihm aber nicht mehr nachzuleben imstande sind.[10]

Freud zögerte (bis 1938), das von ihm ungeliebte Wien zu verlassen, wozu ihm sein kongenialer Freund Sándor Ferenczi, der in Budapest erst den roten, dann den weißen Terror erlebt hatte, schon 1919 geraten hatte, und hoffte noch 1933, mit Hilfe fragwürdiger Bundesgenossen wie F. Böhm und C. Müller-Braunschweig die psychoanalytische Organisation in Hitler-Deutschland (durch Neutralisierung der Psychoanalyse) retten zu können. Dabei sah er die politischen Verhältnisse in den dreißiger Jahren klarer als viele seiner Zeitgenossen und die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen, wie ein (im Sommer 1933 geschriebener) Brief an Marie Bonaparte bezeugt:

Die Welt wird ein großes Zuchthaus. Die ärgste Zelle ist Deutschland. Was in der österreichischen Zelle geschehen wird, ist ganz ungewiß. In Deutschland sehe ich eine paradoxe Überraschung voraus. Sie haben dort mit der Todfeindschaft gegen den Bolschewismus begonnen und werden mit etwas enden was von ihm nicht zu unterscheiden ist. Außer vielleicht darin, daß der Bolschewismus doch revolutionäre Ideale aufgenommen hat, der Hitlerismus nur mittelalterlich-reaktionäre. Selbst nicht mehr recht lebenskräftig, erscheint mir diese Welt als zum nahen Untergang bestimmt. (Jones 1957, S. 217 f.)

Vor dem kampflosen Sieg der Hitler-Bewegung hatten die Freudianer sich als eine liberale, philanthropische, sozialpädagogisch-pazifistische, therapeutisch aktive Interpretationsgemeinschaft verstanden und im Parteienspektrum der Zeit am ehesten mit der reformistischen Mehrheits-Sozialdemokratie oder auch mit deren linkssozialistischer Opposition sympathisiert. Die kulturkritische Grundtendenz, der wissenschaftstheoretische Status und der politische Gehalt der Freudschen Therapeutik wurden ihnen zum ersten Mal gegen Ende der Weimarer Republik zum Problem.

Ein Tagungsbericht über eine DPG-Konferenz im September 1930[11] lehrt, dass die Interpretationsgemeinschaft der (deutschen) Psychoanalytiker damals nur mehr ein lockerer Zusammenschluss von Individuen und Gruppen war, die in „technischen“, theoretischen und politischen Fragen unterschiedliche, ja, oft völlig gegensätzliche Auffassungen vertraten, ohne diese Differenzen zu diskutieren. Ihre theoretischen Meinungsverschiedenheiten bezogen sich vor allem auf das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft (oder „Kultur“) beziehungsweise auf dasjenige zwischen Psychologie und Soziologie. Freud selbst hatte (in Totem und Tabu, 1912/13) die „Übereinstimmungen“ im Seelenleben der „Wilden“ und der Neurotiker hervorgehoben. Ihm imponierte die strukturelle Analogie privater (psychischer) und öffentlicher (kultureller) Institutionen. 1932 hatte er seine Auffassung in der Neuen Folge der Vorlesungen… bekräftigt, indem er (1933, S. 194) von der „Soziologie“ sagte, sie könne „nichts anderes sein als angewandte Psychologie“. Diese „Lösung“ des Problems erschien den „soziologisch“ (bzw. „marxistisch“) interessierten Freudianern als inakzeptabel, während die nicht-soziologisch orientierten, zu psychologistischen Deutungen gesellschaftlicher und politischer Phänomene neigenden, sich bestätigt fühlten. Von der Klärung des Verhältnisses von Soziologie und Psychologie hing auch die Beantwortung zweier weitergehender Fragen ab: „Was für eine Art Wissenschaft ist eigentlich die Psychoanalyse?“ und „Welche Funktion(en) erfüllt die Psychoanalyse in der gegenwärtigen Gesellschaft?“

Zum Thema „Soziologische Probleme“ sprachen in Dresden – in friedlicher Koexistenz unvereinbarer Positionen[12] – Erich Fromm („Anwendung der Psychoanalyse auf die Soziologie“), Hugo Staub („Psychoanalyse und Strafrecht“) und Carl Müller-Braunschweig, der „mehr philosophische Gedankengänge verfolgte“. Zwei Wochen zuvor hatten die Nazis bei den Reichstagswahlen 107 (statt wie zuvor 12) Reichstagsmandate gewonnen. Es gab von nun an keine auf parlamentarische Mehrheiten gestützten Regierungen mehr, sondern Präsidialkabinette von Hindenburgs Gnaden, als deren letzte schließlich die Hitlerkoalition vom 30.1.1933 auftrat. (Dahmer 1973, S. 321 f.) Carl Müller-Braunschweig sprach in Dresden über „Psychoanalyse und Weltanschauung“. Er skizzierte einen allgemein gehaltenen, sozusagen algebraischen Rahmen, in den er drei Jahre später ohne weiteres die arithmetischen Größen der „nationalen Erhebung“ eintragen konnte, als er – in einem weiteren Artikel mit demselben Titel – versuchte, die Psychoanalyse ihren faschistischen Gegnern als harmlos und nützlich zu empfehlen. Unter den Diskussionsteilnehmern und Hörern in Dresden befanden sich Aichhorn, Bálint, Boehm, Eitingon, Fenichel, Groddeck, Horney, Meng, Radó, Reich und Simmel.

Freuds Position in der Debatte über Psychoanalyse und „Weltanschauung“ und seine Einschätzung der politischen Situation im Jahr 1933 wurden schon vorgestellt. Heinz Hartmann schloss sich ihm (1933) in der Bestimmung der Psychoanalyse als einer „Naturwissenschaft“ von der Seele scheinbar an, revidierte aber die Freudsche Theorie durch die (neukantianisch orientierte) Tabuierung der Kritik an „Werten“ und „Sollen“.[13] Zwei weitere Positionen von Psychoanalytikern (zur Frage der „Weltanschauung“ und der Politik) seien hier noch skizziert: die konträre von Wilhelm Reich und die vieler „apolitischer“ Mitläufer am Beispiel von Werner Kemper.

Reich hatte Anfang der dreißiger Jahre im Rahmen der Kommunistischen Partei mit Vorträgen und Broschüren versucht, die Arbeiterjugend durch eine progressive Sexualpolitik für den Kampf gegen Kapitalismus und Faschismus zu mobilisieren. Sigmund Freud galt er deshalb als ein Sicherheitsrisiko, und er ließ ihn aus der psychoanalytischen Vereinigung ausschließen. Im Herbst des Jahres 1933 veröffentlichte Reich, der nach Dänemark geflohen war, in Kopenhagen die einzig nennenswerte, psychoanalytisch inspirierte Kritik des Faschismus, die vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs erschienen ist. Reichs Kollegen vom psychoanalytischen Verlag trauten sich „mit Rücksicht auf die politische Situation“ nicht, sein Lehrbuch der psychoanalytischen Technik, Charakteranalyse, zu drucken. Daraufhin schrieb er ihnen am 17. März 1933:

Die politische Reaktion verband die Psychoanalyse mit dem Begriff „Kulturbolschewismus“. Mit Recht, da die analytische Wissenschaft eine Gefahr für den Bestand der faschistischen Ideologie bildet. Der soziologische, kulturpolitische Charakter der Psychoanalyse läßt sich nicht aus der Welt schaffen und auch nicht verbergen. Das könnte nur der wissenschaftlichen Arbeit schaden, doch nie die reaktionären politischen Mächte verhindern, die Gefahr zu wittern, wo sie sich zeigt. […] Nicht die Existenz der Analytiker, um jeden Preis, sondern die der Psychoanalyse als Forschung ist zu sichern. (Reich [1937] 1982, S. 173 f.)

Diesen Zeugnissen Freuds und Reichs steht ein ganz anderes, freilich problematisches Zeugnis, das Werner Kempers, gegenüber. Kemper war am Berliner „Göring-Institut“ Kollege des 1943 wegen seiner Mitgliedschaft in der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ von den Nazis umgebrachten Leiters der dortigen Poliklinik – nämlich John Rittmeisters. In Kempers „Selbstdarstellung“ präsentiert er sich rückblickend – und vermutlich in exkulpatorischer Absicht – als einen politisch Naiven, der 1933 von den Ereignissen überrascht wurde. Ich zitiere aus Kempers „Selbstdarstellung“ (1973, S. 272 f.): Die

neue Welt der beruflich und privat bis zum Bersten ausgefüllten ersten Berliner Jahre […] nahm mich und uns alle […] derart gefangen, daß wir darüber bis noch weit in die dreißiger Jahre hinein den warnenden Signalcharakter gewisser sich häufender Ereignisse „draußen“, in dem uns fernliegenden „großen Weltgeschehen“ [,] kaum wahrnahmen. Bis wir dann – innerlich und äußerlich unvorbereitet – von den Geschehnissen überrollt wurden.

Freud entkam 1938 mit Hilfe von Marie Bonaparte mit genauer Not den Nazis und starb im September 1939 in London. Reich erreichte über Skandinavien 1941 die USA, kam dort bald in Schwierigkeiten und wurde in den 50er Jahren wegen Scharlatanerie und Missachtung des Gerichts angeklagt. Seine Schriften wurden auf gerichtliche Anordnung hin verbrannt, und er starb 1957 in Haft. Werner Kemper wanderte 1948 nach Brasilien aus, gründete dort eine eigene psychoanalytische Gesellschaft und starb, zurückgekehrt, 1975 in Westdeutschland.

Rückblickend auf das Jahr 1933 und die Hitler-Diktatur ist zu sagen, dass es den Nazis sowohl gelungen ist, in Deutschland die damals (außerhalb der Sowjetunion) international bedeutendsten Organisationen der Arbeiterbewegung zu zerschlagen, als auch die ohnehin starke Tendenz zur Selbstbeschränkung der Psychoanalytiker auf Psychotherapie zu forcieren. Eli Zaretsky resümiert in seiner Geschichte der Psychoanalyse: „Die Psychoanalyse überlebte, aber in völlig veränderter Gestalt.“ Ihre „fortschreitende Einverleibung […] in die Psychiatrie in den [Vereinigten] Staaten war das Gegenstück zu ihrer Zerstörung in Europa“ (2004, S. 335).

Die Stilisierung der Psychoanalyse zu einer Naturwissenschaft und das Postulat politischer Neutralität ging zu Lasten der sozialistischen Minderheit unter den damals etwa fünf Dutzend Psychoanalytikern in Deutschland. Fortan galt in der psychoanalytischen Tradition und Ausbildung „die soziologische Interpretation psychoanalytischer Befunde“ (wie Ernest Jones, der Präsident der IPV, das 1949 umschrieb) als Ketzerei und die politische Aktivität in linken Organisationen als unstatthaft, weil sie den Bestand der psychoanalytischen Organisationen gefährde. Nahmen freudianische Therapeuten den Antiautoritarismus der freien Assoziation, oder, wie Ferenczi (1911, S. 394) formulierte, ,„des Abbaus des Über-Ichs“, ohne den es keine Psychoanalyse geben könne, ernst und wollten ihm auch außerhalb der psychoanalytischen Kur Geltung verschaffen, wandten sie sich also gegen den politischen Status quo, dann drohten ihnen, wie Wilhelm Reich, von Seiten ihrer Organisation Isolierung und Ausschluss. Kooperierten sie hingegen mit Instanzen des totalitären Staats und fanden sie sich bereit, ihr ärztliches Wissen zur Heilung von Funktionären, zur Bekämpfung von Regimegegnern oder gar zur Eliminierung von Missliebigen (Euthanasie) zur Verfügung zu stellen, dann verstanden sie sich als Spezialisten und glaubten, sie seien weder für die jeweiligen Zwecke, für die ihre therapeutische Kompetenz in Dienst genommen wurde, verantwortlich, noch gar für das humantechnische Rahmenprogramm, also die Biopolitik des faschistischen Staats. Der duldete sie, sofern sie auf Kritik und Widerstand verzichteten, der Freudschen Aufklärung abschworen und sich um ihre verjagten oder umgebrachten Kolleginnen und Kollegen nicht weiter bekümmerten…

*

Um uns in unserer Gegenwart zurechtzufinden, um deren Probleme überhaupt zu verstehen, müssen wir zu den „Gegebenheiten“ auf Distanz gehen, versuchen, herauszubringen, wie sie entstanden sind, welche „Tathandlungen“ den Tatsachen von heute zugrunde liegen. Wir treiben also „Tendenzkunde“ (Ernst Bloch) oder „Provenienz-Forschung“. Was heute in den Berufsverbänden der Therapeuten als „Psychoanalyse“ gelehrt wird, ist das vorläufige Endergebnis einer jahrzehntelangen Theorie-Entwicklung, die als „Fortschritt“ erscheint, während die „Motive“ all der Reduktionen, Innovationen, Dissidenzen und Spaltungen ebenso im Dunkel liegen wie die gesellschaftlichen und politischen Imperative, die über das Schicksal der wechselnden psychoanalytischen „Paradigmen“, Stile und Moden entschieden. Die Tendenz zur politischen Neutralisierung der Psychoanalyse, die mit ihrer Reduktion auf therapeutische „Technik“ Hand in Hand ging, lässt sich, wie gezeigt, auf die Ära der Wirtschaftskrise und des Untergangs der parlamentarischen Demokratien in ihren Bildungszentren Wien, Budapest und Berlin zurückverfolgen. Erst in der Gegenwart aber hat diese Tendenz sich vollends durchgesetzt.

Organisierte Psychoanalytiker gibt es derzeit weltweit etwa 12.000. Die deutsche Sektion umfasst ungefähr ein Zehntel davon. (Und der Kuriosität halber sei erwähnt, dass allein in Buenos Aires um die 5.000 Psychoanalytiker gezählt werden.) Die Intelligenzija gilt gemeinhin als die larmoyante, die kritisierende oder mitunter auch protestierende „Klasse“. Ihre freudianische Fraktion aber ist, von wenigen weißen Raben abgesehen, die sich als Ratgeber, Leserbrief-Schreiber oder Kommentatoren gelegentlich öffentlich äußern, politisch seit Jahrzehnten verstummt. Daraufhin angesprochen, sagen psychoanalytische Therapeuten und Funktionäre ihrer Berufsverbände gern, sie seien politisch so wenig kompetent wie jeder andere Bürger. Sie seien schließlich Spezialisten, die sich auf ihre Patienten konzentrieren und ihre therapeutische Kompetenz kultivieren müssten, und man möge sie bitte nicht überfordern.

Erinnert man dann an Psychoanalytiker, die das anders sahen, nämlich wie Freud die Therapie als eine Kulturkritik verstanden und Reformvorschläge zur Verbesserung unserer Lebensverhältnisse entwickelten, dann erwidern sie gern, dass sich eben im Laufe der mehr als hundertjährigen Entwicklung der Psychoanalyse die praktizierenden Freudianer von Wissenschaftlern des Unbewussten, wie Freud einer war, zu Therapeuten entwickelt hätten, die nun auch nur Therapeuten sein wollten. Ein dafür aufschlussreicher Text ist kürzlich in der auf Geschichte der Psychoanalyse spezialisierten Zeitschrift Luzifer-Amor unter dem Titel „Müssen wir unser Bild von Freud verändern?“ erschienen. Er stammt von Ulrike May, die darin dem Befremden Ausdruck gibt, das sie nach der Lektüre von Interviews empfand, die Kurt Eissler in den fünfziger Jahren mit Menschen aus Freuds Umfeld geführt und archiviert hat und die seit drei Jahren im Internet zugänglich sind. Die Autorin schreibt, Freud sei ein Experimentator oder Forscher gewesen, „dessen Arbeit nur nebenbei auch kurative Effekte hatte“, und gerade so habe er sich auch seine Kolleginnen und Kollegen gewünscht. Sie zitiert aus den Eissler-Interviews ein Diktum von Hans Lampl, der weniger bekannt ist als Jeanne Lampl-de Groot, deren Briefwechsel mit Freud deutsch vor drei Jahren erschienen ist. Hans Lampl sagte kurzerhand: „Therapie hat Freud nicht interessiert.“ Und Frau May konstatiert:

Die Nach-Freudianische-Verlagerung des Schwerpunktes der Psychoanalyse auf die Therapie, die sich weltweit vollzog, brachte es mit sich, dass sich ein Verständnis von Psychoanalyse durchsetzte, das sich an Therapie und veränderungsspezifischen Prozessen orientierte. Freud wollte etwas Allgemeines über das unbewusste psychische Funktionieren herausfinden. Daran kommen wir nicht vorbei. Und das unterscheidet uns fundamental von ihm. Wir verwenden die Theorie nur zu therapeutischen Zwecken. Wir sind, anders als Freud, Therapeuten geworden (2019, S. 98 f.).

Erstaunlich an diesem Text ist, dass die Autorin diese pragmatistische Wendung der nachfreudschen Psychoanalytiker – sie spricht sogar von nach-„freudianischen“ Psychoanalytikern – registriert, ohne auch nur die Frage aufzuwerfen, warum und wie es zu dieser folgenreichen Schwerpunktverlagerung kam, die es den organisierten Psychoanalytikern ermöglichte, sich zu entpolitisieren, das heißt: ihren Frieden mit der Kultur der Ungleichheit, des Aberglaubens und der Massaker zu machen und sich in Schweigen zu hüllen.

Weiter noch tastet sich der Rezensent der gesammelten Essays von Caroline Neubaur in der gleichen Zeitschrift vor. Er schreibt:

Freud ist immer noch irgendwie anwesend, zumindest wird seine Anwesenheit beschworen, man möchte nicht auf ihn verzichten, will an ihm festhalten, aber eine schlüssige Antwort auf die Frage, was Freud uns heute noch zu sagen hat, welche Bedeutung seine grundlegenden Begriffe für die therapeutische Praxis haben, vermag keiner so recht zu geben. Nicht an Faszinationskraft hat Freud verloren, wohl aber, wie es aussieht, an praktischer Relevanz. In dreißig Jahren gibt es die Psychoanalyse vielleicht auch ohne Freud – wer weiß? Oder ist das schon heute so? (Martynkewicz 2020, S. 177)

Eine „Psychoanalyse“ ohne Freud – das wäre in der Tat die (letzte) Konsequenz der seit den Tagen der „Weltanschauungs“- und „Technik“-Debatten und des Übergangs zur „Ich-Psychologie“ sich abzeichnenden pragmatistischen Wende. Adorno [1946] und Horkheimer [1947] haben sie als „revisionistisch“ kritisiert, Paul Parin (1983) als einen Rückfall in den „Medicozentrismus“.

Die Weichenstellung der frühen dreißiger Jahre – die Neutralisierung der Psychoanalyse als Naturwissenschaft, der Primat der therapeutischen Technik, die Verpönung des politischen Engagements von Psychoanalytikern (soweit es sich gegen den Status quo richtet) – hat in der Geschichte der organisierten Psychoanalyse Schule gemacht. Was zunächst Notmaßregeln in schwieriger Zeit zu sein schienen, mutierte alsbald zu einer institutionellen Norm vor dem Hintergrund der unverstandenen und unbewältigten Vertreibung der jüdischen und sozialistischen Freudianer aus ihren Bildungszentren (Berlin, Wien, Budapest). Bestätigt und verstärkt durch die Diskriminierung und Marginalisierung der Psychoanalyse in der stalinistischen Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten sowie durch die spätere Verfolgung von Psychoanalytikern in lateinamerikanischen Folterregimen hat diese innerverbandliche Normierung direkt und indirekt die Auswahl und die Ausbildung der nachfolgenden Generationen von Psychoanalytikern bestimmt. So bildete sich der heute vorherrschende Typus des politisch abstinenten Psychoanalytikers heraus, der mit den bestehenden Verhältnissen seinen Frieden gemacht hat und, wie Paul Parin 1978 schrieb, „brennenden Zeitproblemen so gut es geht ausweicht“. Wie in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts scheinen heute die wenigen parlamentarischen Demokratien durch die Krisen der Gegenwart – wachsende Ungleichheit, Kriege, Erderwärmung, Flüchtlingsströme, Pandemie – überfordert. Einer nach dem anderen dieser wenigen Staaten mit Parlament und Gewaltenteilung, die es noch gibt, verwandelt sich in ein autoritäres Regime. In Deutschland taucht der nach 1945 mit den beiden Teilstaaten hastig überbaute nationalsozialistische Untergrund wieder auf. In dieser Situation ist eine streitbare Psychoanalyse, die imstande wäre, die Wunsch- und Albträume unserer Zeitgenossen zu deuten, ein Desiderat. Doch die Chancen für eine Revision ihrer Revisionen stehen schlecht.

Beitrag zu einem Symposion der Schweizerischen Psychoanalytischen Gesellschaft (Centre de psychanalyse Raymond de Saussure) zum Thema „Psychanalyse, culture et société“ in Genf am 7.11.2020.

Anmerkungen

[1] Freud setzte das Realitätsprinzip wie das Lustprinzip als ein intrapsychisches Regulationsprinzip des seelischen „Reizbewältigungs-Apparats“ an, ohne zu bemerken, dass zwar das Lustprinzip das Prinzip der Lust (und der Unlust-Vermeidung) ist, seine Modifikation aber der Anpassung der „Rindenschicht des Es“ – nämlich des Ichs – an das (extrapsychische) Prinzip der Realität (der unlustvollen „Außenwelt“, der gesellschaftlich transformierten Natur) dient.

[2] Vgl. dazu Dahmer (2006).

[3] Freud (1905), S. 121. In diesem Zusammenhang formuliert Freud als sein Credo: „Man darf die Forderungen der eigenen Bedürfnisse nicht unrechtmäßig erfüllen, sondern muß sie unerfüllt lassen, weil nur der Fortbestand so vieler unerfüllter Forderungen die Macht entwickeln kann, die gesellschaftliche Ordnung abzuändern.“

[4] Es brach sich erst nach dem Krieg, und dann als eines der Verzweiflung, im „Dadaismus“ wieder Bahn.

[5] Ferenczi (1908), S. 22; (1928), S. 426.

[6] Dass es sich bei der psychoanalytischen Praxis im Sinne Freuds und Ferenczis um eine subversive handelt, hat unter den Psychoanalytikern der Gegenwart kaum einer so deutlich gesehen – und auszusprechen gewagt – wie die beiden Parins. Die Redaktion der psychoanalytischen Monatszeitschrift Psyche hatte 1982/83 begonnen, die Aufmerksamkeit der organisierten Psychoanalytiker auf die (zuvor sorgsam verhohlene) Geschichte der deutschen Psychoanalyse in den Jahren 1933-45 zu lenken, und hatte damit neuerlich die Frage nach dem „logischen Status“ der Freudschen Therapeutik aufgeworfen: Ist sie eine Naturwissenschaft, eine Hermeneutik oder ein Drittes – eine Institutionenkritik? Die Reaktion der DPV-Mehrheit und ihrer Verbündeten in der IPV war… hysterische Abwehr. Vgl. dazu Dahmer (2019, S. 45-78). Die Parins schrieben: „Da alle jene Kräfte, die zur Einengung und Verzerrung individuellen Seelenlebens geführt haben, Ausdruck und Wirkung gesellschaftlicher Unterdrückung sind, üben Psychoanalytiker einen Beruf aus, der sie ständig in die Lage unerbittlicher Kritiker ihrer Gesellschaft bringt (der sie ebenso wie ihre Analysanden angehören). Sie sind heimliche Subversive. Sie attackieren die Machtverhältnisse der Gesellschaft, der sie als Privilegierte angehören.“ Freilich versuche „die Gruppe der Psychoanalytiker […], sich des schwer zu verleugnenden gesellschaftskritischen Potentials ihres Wissens und Tuns ganz zu entledigen.“ Parin und Parin-Matthèy (1983), S. 21 und S. 23.

[7] Vgl. dazu Dahmer (2019 a).

[8] Vgl. dazu Adorno (1951).

[9] „Die Aufgabe [besteht] darin, der [organisierten] Masse gerade jene Eigenschaften zu verschaffen, die für das Individuum charakteristisch waren und die bei ihm durch die Massenbildung ausgelöscht wurden.“ Freud (1921), S. 94.

[10] Die „Ich-Psychologie“ Heinz Hartmanns (1927, 1933, 1937) hat nicht nur Werte und Ideale der psychoanalytischen Kritik entzogen, sondern auch Freuds Theorie (der individuellen und kollektiven) „Ich-Schwäche“ revidiert.

[11] Der Bericht über die „Psychoanalytische Tagung in Dresden (27.-29. September 1930)“ wurde in der von A. F. Storfer herausgegebenen Zeitschrift Die Psychoanalytische Bewegung veröffentlicht (Wien, Internationaler Psychoanalytischer Verlag, III. Jg., Heft 1, Jan.-Febr. 1931, S. 85-90).

[12] Vgl. dazu Dahmer (1973), S. 321 f. In einem Bericht Gustav Ballys über die Dresdener Tagung, der in der Medizinische[n] Welt erschienen war und in dem Tagungs-Bericht in der Psychoanalytischen Bewegung erwähnt wurde, hieß es, die Konferenz habe „den Stempel einer absoluten wissenschaftlichen Einheitlichkeit“ getragen…

[13] 1939 erweiterte er seine Revision durch eine folgenreiche Änderung der Strukturtheorie. Während bei Freud die Ich-Instanz Autonomie nur mehr prätendierte, schrieb Hartmann ihr nun eine eigene, desexualisierte Energie (neutralisierte Libido) zu.

Bibliographie

Adorno, Theodor W. [1946]: „Die revidierte Psychoanalyse.“ Gesammelte Schriften, Bd. 8; Frankfurt (Suhrkamp) 1972, S. 20-41.

-  (1951): „Freudian Theory and the Pattern of Fascist Propaganda.” A. a. O., S. 408-433.

Dahmer, Helmut (1973): Libido und Gesellschaft. 3., erw. Aufl., Münster (Westfälisches Dampfboot) 2013.

-  (Hg.) (1980): Analytische Sozialpsychologie, Bd. 1 und 2; Gießen (Psychosozial-Verlag) 2013.

-  (2006): „Der Witz der Sache.“ In: Dahmer (2012), S. 55-86.

-  (2012): Die unnatürliche Wissenschaft. 2. Aufl., Münster (Westfälisches Dampfboot), 2019.

-  (2019 a): „Psychoanalyse und Rätebewegung.“ In: Im Labyrinth. Hefte für Autonomie; 2. Jg., Heft 3 (Mai 2019); Göttingen (Edition AV), S. 57-75.

-  (2019 b): Freud, Trotzki und der Horkheimer-Kreis. Münster (Westfälisches Dampfboot), 2020.

Federn, Paul (1919): „Zur Psychologie der Revolution: Die vaterlose Gesellschaft.“ In: Dahmer (Hg.) (1980), II. Teil, S. 65-87.

Ferenczi, Sándor (1908): „Psychoanalyse und Pädagogik.“ In: Ferenczi (1927; 1938), S. 9-22.

-  (1911): „Die Elastizität der psychoanalytischen Technik.“ A. a. O., S. 380-398.

-  (1928): „Über den Lehrgang des Psychoanalytikers.“ A. a. O., S. 422-431.

-  (1927; 1938): Bausteine zur Psychoanalyse, Bd. III; Bern (Huber) 1964.

Freud, Sigmund (1900): Die Traumdeutung. Gesammelte Werke (GW), Bd. II/III, Frankfurt (Fischer) 1968, S. V-642.

-  (1905): Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. GW, Bd. VI, Frankfurt 1969.

-  (1911): „Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens.“ GW, Bd. VIII, Frankfurt 1964, S. 229-238.

-  (1912/13): Totem und Tabu; GW, Bd. IX, Frankfurt 1968.

-  (1921): Massenpsychologie und Ich-Analyse. GW, Bd. XIII, Frankfurt 1963, S. 71-161.

-  (1927): Die Zukunft einer Illusion. GW, Bd. XIV, Frankfurt 1963, S. 323-380.

-  (1933): Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. GW, Bd. XV, Frankfurt 1961.

Fromm, Erich (1937): „Zum Gefühl der Ohnmacht.“ Zeitschrift für Sozialforschung, Bd. VI, S. 95-118. Auch in: Dahmer (Hg.) (1980), Bd. 1, S. 219-242.

-  (1941): Die Furcht vor der Freiheit. Zürich (Steinberg) 1945.

Hilferding, Rudolf (1910): Das Finanzkapital. Berlin 1947.

Hartmann, Heinz (1927): Die Grundlagen der Psychoanalyse. Stuttgart (Klett-Cotta) 1972.

-  (1933): „Psychoanalyse und Weltanschauung.“ Die Psychoanalytische Bewegung, V. Jg., Heft 5, Wien (Sept.- Okt. 1933), S. 416-429.

-  (1937, 1939): Ich-Psychologie und Anpassungs-Problem. Stuttgart (Klett-Cotta) 1960.

Institut für Sozialforschung (Hg.) (1956): Soziologische Exkurse. Frankfurt (Europäische Verlagsanstalt), Kap. V (Masse“), S. 70-82.

Jones, Ernest (1949): „Report on the Sixteenth International Psycho-Analytical   Congress: >Opening Address by the President, Dr. Ernest Jones< (Zürich, 15. 8. 1949).“ International Journal of Psycho-Analysis, 30. Jg., London, S. 178 f. (Meine Übersetzung, H. D.)

- (1957): Das Leben und Werk von Sigmund Freud, Bd. III, Bern (Huber) 1962.

Kemper, Werner W. (1973): „Selbstdarstellung.“ In: Pongratz, L. J. (Hg.) (1973): Psychotherapie in Selbstdarstellungen. Bern, Stuttgart (Huber), S. 259-345.

Martynkewicz, Wolfgang (2020): „>Die Königin aller Unmöglichen<.“ Luzifer-Amor, Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse, 33. Jg. (2020), Heft 65, S. 176-183.

May, Ulrike (2019): „Müssen wir unser Bild von Freud verändern? Überlegungen zu Kurt R. Eisslers Interviews im Freud-Archiv der Library of Congress.“ Luzifer-Amor, Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse; Frankfurt, 32. Jg., Nr. 63, S. 90-100.

Müller, Knut (2017): Im Auftrag der Firma. Geschichte und Folgen einer unerwarteten Liaison zwischen Psychoanalyse und militärisch-nachrichtendienstlichen Netzwerken der USA seit 1940. Gießen (Psychosozial-Verlag).

Parin, Paul ([1977] 1978): „Warum die Psychoanalytiker so ungern zu brennenden Zeitproblemen Stellung nehmen.“ In: Dahmer (Hg.) (1980), Bd. 2, S. 647-662.

-  (1983). „Medicozentrismus in der Psychoanalyse.“ In: Hoffmann, S. O. (Hg.) (1983): Deutung und Beziehung. Kritische Beiträge zur Behandlungskonzeption und Technik in der Psychoanalyse. Frankfurt (Fischer), S. 86-106. Auch in: Paul Parin Werkausgabe, Bd. 10 („Brennende Zeitprobleme“, Schriften 1983-1991); Wien, Berlin (Mandelbaum-Verlag) 2020.

-   und Goldy Parin-Matthèy (1983): „Das obligat unglückliche Verhältnis der Psychoanalytiker zur Macht.“ In: Lohmann, H.-M. (Hg.) (1983): Das Unbehagen in der Psychoanalyse. Eine Streitschrift. Frankfurt (Qumran), S. 17-23.

Peglau, Andreas (2013): Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus. Gießen (Psychosozial-Verlag).

Plessner, Helmuth (1935): Die verspätete Nation. Stuttgart (Kohlhammer) 1959. Auch in: Plessner (2003): Gesammelte Schriften, Bd. VI; Frankfurt (Suhrkamp) 1980, S. 7-223.

Reich, Wilhelm (1933 a): Charakteranalyse. Wien (Selbstverlag des Verf.).

-  (1933 b): Massenpsychologie des Faschismus. Hg. von Andreas Peglau. Gießen (Psychosozial-Verlag) 2020.

-  ([1937] 1953): Menschen im Staat. [People in Trouble.] Frankfurt (Stroemfeld / Nexus) 1982

Zaretsky, Eli (2004): Freuds Jahrhundert. Die Geschichte der Psychoanalyse. Wien (Paul Zsolnay) 2006.