„Haben Sie Tagträume?“

Karl May und Wilhelm Stekel

Von Albrecht Götz von OlenhusenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Albrecht Götz von Olenhusen

Karl May und die Psychologie

Welche Kontakte der Schriftsteller Karl May zu Psychologie, zu Psychiatern und Psychoanalytikern hatte, welche Werke er kannte und inwieweit sie Bedeutung für seine Biografie und seine Werke hatten, ist weitgehend, wenn auch wohl noch nicht abschließend geklärt. Dass die Erzählungen Mays ein „fast unerschöpfliches Arsenal mythologischer Grundmuster“ enthalten, welche für ihre Interpretation etwa mit der von C. G. Jung[1] verfassten Psychologie und Dichtung[2] in Verbindung gebracht werden können, hat Claus Roxin frühzeitig aufgezeigt.[3] In einer Reihe von Arbeiten ist die psychoanalytische Deutung von Biografie und Werk des Schriftstellers in aufschlussreichster Weise entwickelt, vertieft und angewendet worden.[4]

Verbindungen zwischen Karl May und Sigmund Freud[5] sind Gegenstand von Überlegungen gewesen, und eine Spekulation geht sogar so weit, eine konkrete Begegnung für denkbar zu halten. Solange dazu allerdings über konkrete archivalische Belege, Zeugnisse oder Dokumente nichts festzustellen ist, wird dies eine vielleicht interessante, aber doch wohl bislang ganz unbelegte höchst unwahrscheinliche Möglichkeit bleiben müssen. Udo Kittler[6] hat dazu zwar weitreichendes Material für ein Puzzle zusammengetragen.[7] Er hat u. a. auch die Frage aufgeworfen, inwieweit die „Lehre vom Unbewussten“ im Spätwerk des Schriftstellers rezipiert worden ist. Dabei erscheinen Einflüsse durch Gotthilf Heinrich von Schubert[8] und Carl Gustav Carus[9] als durchaus plausibel. Als bedeutender romantischer Seelenforscher hat Gotthilf Heinrich von Schubert weitreichende Wirkung entfaltet.

Für Carus gilt, dass er zu den Forschern gehörte, die die Lehre vom Unbewussten schon lange vor Freud entwickelten und veröffentlichten. Die Bücherliste Karl Mays beweist, dass er jedenfalls das Werk von Carus Vergleichende Psychologie oder Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt[10] besaß. Mays Bibliothek weist eine Reihe weiterer psychologischer Werke auf.[11]

Auch wenn wir biographische Bezüge zwischen Karl May und Sigmund Freud ins Reich der Fabel verweisen müssen, sind doch andere persönliche Beziehungen zu Psychiatern, Psychotherapeuten und Psychoanalytikern belegt. Friedrich Salomon Krauss[12] nahm Kontakt zu Karl May auf. Er hat sich zu dessen Biografie und zum Werk, vor allem auch zu dessen Autobiografie geäußert: „Hätte May nichts anderes als diese Selbstbeichte geschrieben, so verdiente er schon daraufhin den Namen eines unserer größten, unserer ehrlichsten Schriftsteller.“[13]

Ein intensiver Gedankenaustausch und eine vergleichsweise engere persönliche Beziehung entwickelte sich zu dem Psychiater Paul Adam Näcke.[14] Näcke war Leiter der Sächsischen Irrenanstalt Hubertusburg.[15] Er zählte auch zu den Autoren der von Hans Gross[16] herausgegebenen Zeitschrift Archiv für Kriminalanthropologie und Kriminalistik.

In dieser die engeren Grenzen des Faches überschreitenden Zeitschrift publizierten auch andere Psychiater und Psychoanalytiker, unter ihnen der Wiener Nervenarzt Dr. Wilhelm Stekel[17]. Die Beziehung des Freud-Schülers Stekel zu May ist belegt. Das ist keine neue Erkenntnis. Sie wird meist eher am Rande erwähnt, aber in Udo Kittlers Studie von 1985 ausführlich erörtert. Kittler ist dabei auf die Werke Stekels, die in diesem Kontext von Interesse sind, nicht näher eingegangen. Auch seine expressis verbis vorläufige Darstellung der Biografie Stekels rechtfertigt es, den flüchtigen Kontakt zwischen May und Stekel noch einmal näher und im Gesamtzusammenhang der Biografie und zahlreichen Werke dieses frühen Psychoanalytikers aufzugreifen.

Karl May und der Psychoanalytiker Wilhelm Stekel

Der Kontakt fällt in die Zeit von Ende 1911/Anfang 1912. Damals richtete Stekel ein Rundschreiben an zahlreiche Dichter und Schriftsteller, unter ihnen auch Karl May.[18] Dieses Schreiben vom 20. November 1911 hatte folgenden Wortlaut:

Sehr geehrter Herr!

Demnächst wird im Verlage J. F. Bergmann in Wiesbaden in den Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens mein neues Werk über ‚Die Träume der Dichter‘ erscheinen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar verbunden, wenn Sie mir einige Auskünfte über Ihre Träume geben wollten.
Haben Sie typische (sich wiederholende) Träume?
Können Sie mir einen Traum mitteilen, der Ihnen einen großen Eindruck gemacht hat?
Haben Sie Tagträume?
Haben Sie in Ihren Träumen kriminellen Einschlag? Sind Ihre Träume nüchtern oder phantastisch?
Verwerten Sie Ihre Träume zur dichterischen Produktion?
Ich danke Ihnen im Vorhinein für eine eventuelle Auskunft, die für die wissenschaftliche Erledigung der Frage von großer Bedeutung wäre.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ganz ergebener gez. Stekel [Stempel][19]

Festzustellen ist, dass Stekel die Anfrage an sämtliche Adressaten (deren Gesamtzahl nicht bekannt ist) gleichlautend gerichtet hat. Die Fragestellungen waren ersichtlich vergleichsweise breit angelegt, um möglichst umfängliches Material zu erhalten. Davon hat Stekel dann auch reichhaltig unter wörtlicher Wiedergabe der Antworten Gebrauch gemacht. Dabei ging Stekel offensichtlich von den Grundlagen aus, welche er bereits in zwei vorangegangenen Arbeiten näher ausgeführt hatte:

Wilhelm Stekel: Die Träume des Dichters. Dichtung und Neurose. Bausteine zur Psychologie des Künstlers und des Kunstwerkes, Wiesbaden: J. F. Bergmann 1912 (Bausteine zur Psychologie des Künstlers). Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens Nr. LXV. VI u.73 S.

Wilhelm Stekel: Die Sprache des Traumes. Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes in ihren Beziehungen zur kranken und gesunden Seele für Ärzte und Psychologen. Wiesbaden: J. F. Bergmann 1911. VI u. 539 S.

Dies dürfte die Fragestellung über die Grundlagen des dichterischen Schaffens, über den Zusammenhang zum einen zwischen Dichtung und Neurose, zum anderen zwischen Neurose, Dichtung und Verbrechen bestimmt haben. Deswegen interessierte sich Stekel besonders für die Frage, „ob die Dichter in ihren Träumen sehr häufig von Verbrechen träumen.“[20] Stekel, ein selbstbewusster, sein Licht selten unter den Scheffel stellender Autor, nahm für sich in Anspruch, „die geheime symbolische Sprache der Kriminalität im Traume enträtselt“ zu haben. Es sei sein Verdienst, „das Kriminelle in der Dynamik der Neurosen“[21] entdeckt zu haben. Zahlreiche Träume würden im Übrigen zur dichterischen Produktion benutzt, man könne dann aus dem Werk einen Rückschluss auf die latenten Traumgedanken ziehen. Stereotype Träume bedeuteten ein geheimes Leitmotiv und würden ebenfalls wichtige Schlüsse gestatten. Bei Dichtern würden sehr lebhafte Tagträume oft eine dichterische Produktion einleiten.[22] Aufgrund dieser theoretischen Annahmen und empirischen Feststellungen Stekels kam es zu einer einerseits relativ willkürlichen Sammlung von schon veröffentlichten Dichterträumen, andererseits zu der oben wiedergegebenen Rundfrage. Dabei richtete Stekel diese Rundfrage an mit ihm bekannte Dichter, bei denen er sich einer Antwort mehr oder weniger sicher war, aber auch an eine Auswahl ihm nicht persönlich bekannter Schriftsteller und Dichter, die ihm jedoch als wichtig und aufschlussreich erschienen.

Natürlich konnte eine solche relativ unsystematische oder eher zufällige Rundfrage nicht repräsentativ sein. Dennoch ist es von Interesse, dass bedeutende Autoren sich an der Rundfrage beteiligten. Dazu zählten etwa Roda Roda[23], Walter von Molo[24], Peter Rosegger[25], Ernst von Wolzigen[26], Gerhart Hauptmann[27] und eine Reihe anderer heute kaum mehr bekannter Autoren. Gewiss wäre es von Interesse zu wissen, wer die Rundfrage gar nicht beantwortet hat. Uns soll aber in unserem Zusammenhang vor allem die Antwort Karl Mays interessieren. Man muss es bedauern, dass sie nur kurz und als – freilich nicht ohne Aussagekraft – bloße Zwischennachricht ausfiel. Denn Stekel legte auf die Antwort Mays offenbar großen Wert. Der Originalbrief hat sich nicht erhalten. Auch das Datum der Antwort ist bisher nicht bekannt. Sie dürfte Ende 1911 oder Anfang 1912 erfolgt sein. Stekel hat sein Buch im Sommer 1912 in Bad Ischl geschrieben bzw. abgeschlossen; er hätte, wenn er mit May anlässlich des Wiener Vortrags zusammengetroffen wäre oder den Vortrag gehört hätte, dies sicher im Buch noch erwähnt. Gleichwohl hat Stekel die knappe Antwort im Wortlaut zitiert:

Ich habe auch eine Auskunft bei Karl May, der mir besonders wichtig erschien, er­beten. Er schrieb mir folgenden Brief:
„Ich bekomme Ihr Rundschreiben soeben in meine Hände. Ihre Aufgabe ist die wichtigste, die ich mir denken kann. Wenn es nicht gleich sein müßte, könnte ich Ihnen sehr Interessantes, aber freilich nicht etwa Krankhaftes, sondern Kerngesundes berichten.“
Leider hat der Tod den phantasiebegabten Autor hinweggerafft, ehe die gewünschte Antwort kam.[28]

Zur Biografie Wilhelm Stekels

In der Biografie Stekels, einer der Pioniere der Psychoanalyse und frühen Weggefährten Freuds, ist von Bedeutung, dass Stekel im selben Jahr 1912 von Freud aus dem Kreis der Anhänger und Schüler verstoßen wurde. Er hat zwar weiterhin als Freud`scher Psychoanalytiker in Wien, während der Sommermonate vom Juni bis September in dem bekannten Kurort Bad Ischl, eine ausgedehnte psychoanalytische Praxis unterhalten, war jedoch aus dem engen Kreis um Freud völlig ausgegrenzt und wurde zu denjenigen gezählt, die von Sigmund Freud aus verschiedenen persönlichen und wissenschaftlichen Gründen endgültig und unwiderruflich in Acht und Bann getan waren.

Stekel war ein fleißiger Schriftsteller, der nicht nur auf dem engeren Gebiet der Psychoanalyse publizierte, sondern schon vor der Begegnung mit Freud (bei dem er eine kurze Analyse absolvierte) zahlreiche Artikel und Werke, auch auf literarischem Gebiet, verfasst hatte. Sein Interesse vor allem für Musik und Literatur war weitgespannt. Er veröffentlichte auch vielfach in Tageszeitungen und Zeitschriften. Kittler nennt ihn „eine der schillerndsten Persönlichkeiten des psychoanalytischen Kreises.“ Das trifft allenfalls bedingt zu. Mit einer solchen Beurteilung wird in gewisser Weise das von Freuds Haltung geprägte negative Bild Stekels der Freud-­Biografik reproduziert, welches dem begabten Empiriker und jahrelangen wichtigen Anhänger Freuds, von dem Freud sich ebenso radikal lossagte wie von einer ganzen Reihe anderer bedeutender Psychoanalytiker, nicht gerecht wird. Kittler hat dankenswerterweise eine kurze Selbstbiografie Stekels aus dem Jahre 1911 ausfindig gemacht und veröffentlicht. Sie war ersichtlich bestimmt für eine Publikation in einem Nachschlagewerk von Franz Brümmer.[29]

Sie weist schon die frühen literarischen und künstlerischen Interessen Stekels aus. Während seiner Tätigkeit als praktischer Arzt in Wien wurde er, wie er darstellt, durch Zufall zum ständigen Mitarbeiter der Zeitung Neues Wiener Tageblatt.

Stekel, dem eine besondere intuitive Begabung und ein ausgeprägter Zugang zum Unbewussten von Patienten, selbst seitens der bei Freud verbliebenen Kollegen, die ihm vor allem später nicht gewogen waren, attestiert wurde, hat die ihm übermittelten Informationen und Träume ausführlich gedeutet. Bemerkenswert an der Antwort Karl Mays, der vor dem großen Wiener Vortrag offenbar keine Zeit für eine ausführliche Antwort hatte, ist, dass er Wert darauf legte, nicht etwa Krankhaftes, sondern Kerngesundes zu berichten.

In der im Exil geschriebenen Autobiografie Stekels von 1940, die postum im Jahre 1950 veröffentlicht worden ist, kommt der Name des Schriftstellers nicht vor.[30] Stekel geht hier nur auf Grillparzer ein. Über ihn hatte er vielfach publiziert. Auch in sonstigen Veröffentlichungen Stekels haben sich bisher Spuren über den Kontakt zu Karl May nicht finden lassen.

Bemerkenswert ist jedenfalls auf Seiten Stekels, dass ihm die Antwort Mays so wichtig war. Dies spricht dafür, dass ihm die öffentliche Debatte um die Biografie, über die strafrechtliche Vergangenheit des Schriftstellers und der Kampf um May schwerlich entgangen sein können, zumal das Thema seit Jahren in vielen Zeitungen und Zeitschriften auf der Tagesordnung stand und Schriftsteller wie etwa Robert Müller[31] in Wien und zahlreiche andere, vor allem aus dem Kreise der Expressionisten, sich für Karl May engagiert ausgesprochen hatten. Umgekehrt ist die Tatsache, dass Karl May so großen Wert darauf legte, die Fragen Stekels nicht mit irgendwelchen Hinweisen auf krankhafte Zustände zu beantworten, auffallend und findet sicherlich ihre Erklärung darin, dass seine Gegner seinen Charakter als „abnorm“ pathologisiert und ihn wegen seiner frühen Straftaten kriminalisiert hatten.

Karl May wollte, wie man dieser bei- und vorläufigen Bemerkung entnehmen darf, keineswegs als „krankhafter Schriftsteller“ gelten.

Stekels Differenzen zu Freud und bald nach Adler u. a. die Trennung von Freud werden May kaum bekannt gewesen sein. Im Übrigen ist es auch zweifelhaft, ob er Stekel überhaupt in die engere Gruppe der Psychoanalytiker um Freud eingeordnet hat. Dennoch könnte die Abwehr des Krankhaften dafür sprechen, dass ihm Stekels Theorie über „Dichtung und Neurose“, seine Auffassung, dass alle Dichter Neurotiker seien (wenn auch nicht alle Neurotiker Dichter), bekannt war. Stekel war neben Alfred Adler und C. G. Jung einer der bedeutenderen Figuren der berühmten frühen „Mittwoch-Gesellschaft“ Freuds. Zweifellos hat er einen wichtigen Beitrag zur Institutionalisierung der Wiener Gruppe beigetragen. Denn auf ihn ging im Jahre 1902 die Anregung bei Freud zur Gründung der „Psychologischen Mittwoch­-Gesellschaft“[32] zurück.

Bestimmte Entdeckungen, wie z. B. die der infantilen Sexualität, hatte Stekel schon 1895 gemacht, ohne freilich, wie dann später Freud, daraus grundlegende theoretische Konsequenzen zu ziehen. Die Konflikte mit Freud hatten offenbar mehrere Ursachen. In der Freud-Biografik wird dies vergleichsweise einseitig zu Lasten Stekels dargestellt. Einer der Konfliktpunkte hing mit Stekels Beziehungen zu dem Wiesbadener Verlag Bergmann zusammen, bei dem Stekel seine wichtigsten Werke publizierte, darunter auch das Buch Die Träume der Dichter, in dem u. a. auch May zitiert wird. Als Stekel mit Freud in Konflikt geriet, ging es darum, dass Alfred Adler[33] und Stekel als Schriftleiter des Zentralblatts für Psychoanalyse, das unter der Herausgeberschaft von Freud als wichtigstes Organ der internationalen psychoanalytischen Vereinigung Freuds auch im Verlag Bergmann erschien, ihre relative Unabhängigkeit zu wahren trachteten. Unter den Mitwirkenden der Zeitschrift tauchen fast alle Namen der damaligen psychoanalytischen Prominenz auf und viele derjenigen, die später zu Rang und Namen kamen. Dazu zählte übrigens auch Erich Wulffen, Dresden, der sich bereits vor 1911 und dann in den 20er Jahren mit May in beruflicher und publizistischer Weise befasste. Als nun Adler und Stekel wegen Veränderungen bei der Redaktion des Zentralblatts im Jahre 1910 gegen Freud rebellierten, wollte sich Freud vom Verleger die Verfügungsgewalt über die Zeitschrift zusichern lassen.

Der Verleger stellte sich jedoch auf die Seite Stekels. Bernd Nitzschke[34], der sich intensiv und überzeugend mit dem Ablauf dieses Konflikts auseinandergesetzt hat, führt die Parteinahme des Verlages wahrscheinlich mit Recht darauf zurück, dass Freud durch die Neugründung der Zeitschrift Imago gerade eine Konkurrenz zum Wiesbadener Zentralblatt in einem anderen Verlag geschaffen hatte. Allerdings mag die Entscheidung des Verlegers auch damit zu tun haben, dass Stekel schon eine Reihe erfolgreicher Publikationen im Verlag Bergmann platziert hatte. Auch in den folgenden Jahren blieb Stekel mit seinen Veröffentlichungen bei diesem Verlag, bei dem er bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges das Zentralblatt herausgab.

Eine Vielzahl weiterer Publikationen veröffentlichte er in dem Verlag Urban & Schwarzenberg (Berlin, Wien), weitere erschienen in dem Verlag Paul Zepler (Wien).

Kittler weist mit Recht daraufhin, dass May, auch unter Benutzung von psychiatrischen und psychologischen Werken, in seinen öffentlichen Erklärungen darauf bedacht war, sich zu rechtfertigen bzw. in ein gutes Licht zu stellen, um seinen Gegnern keine Angriffsflächen zu bieten.[35] So gesehen deutet sein Schreiben an Stekel darauf hin, dass er sich nicht gerne als Beispiel für einen krankhaften, also neurotischen Schriftsteller benutzen lassen wollte.[36]

In der Tat hätte er sich in dem Abschnitt, in welchem Stekel die Ergebnisse der Rundfrage bei den Autoren wie Ernst von Wolzogen und Peter Rosegger interpretierte und Karl May zitierte, vielleicht nicht gerne in der Gesellschaft von Träumern mit ausgeprägt kriminellen Phantasien wiedergefunden. Stekel konstatierte, „daß alle der Traumarbeit entnommenen Dichtungen ein kriminelles Thema behandeln. Immer wieder Mord und Anklage, Gericht und Verantwortung. Wer noch an der kriminellen Anlage der Dichter zweifeln könnte, dem müßten diese Träume die Augen öffnen. Und sehen wir nicht, wie wunderbar die Einrichtungen der Kultur sind, daß sie uns schier unbegrenzte Möglichkeiten an die Hand gibt, diese Triebe zu sublimieren?“[37]

In Dichtung und Neurose hatte Stekel schon die These aufgestellt, dass Dichter ihre persönlichen Konflikte und Erfahrungen wie in einer Beichte zum Ausdruck bringen, alle Dichter seien Neurotiker, Poesie eine Abreaktion der Neurose, die Neurose sei die Quelle des Fortschritts. Als Neurose definierte er jenen Zustand, in dem die Grenzen „zwischen Phantasie und Realität zeitweilig verschwimmen“[38]. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verhältnis von Dichtern und Kriminellen meinte Stekel, „geborene Verbrecher“ seien selten, die Dichter würden die Charaktereigenschaften des Neurotikers in verstärktem Maße zeigen, sich aber davon durch die Kunst befreien. Er sah übrigens auch eine Verbindung zwischen Neurose, Dichtung und historischer Mission: „Die Dichter haben doch einen geheimen Glauben, und zwar den an ihre große historische Mission.“[39] Der Dichter fühle sich als Auserwählter, der ein neues Evangelium predigen wolle. „Deshalb sind alle Neurosen soziale Neurosen, d. h. sie äußern sich nur im Verhältnis des Neurotikers zur Gesellschaft und zur Welt.“[40]

Stekel schlägt hier bereits eine Brücke zur Psychologie der Massen: „Diese Neurose kann auch ein ganzes Volk ergreifen. Dann fühlen die Massen die ,große historische Mission‘, dann sind sie die Auserwählten Gottes, dann harrt ihrer eine gewaltige Aufgabe. Hier mündet die Psychologie des Individuums in die der Psychologie der Masse.“[41]

Mit seinen frühen Beiträgen zu den Beziehungen zwischen Neurose und Dichtung, Kriminalität und Dichtung hat Stekel auf dem Stande und aus der Sicht der zeitgenössischen, sich entwickelnden Freud`schen Psychoanalyse einen bedeutsamen Beitrag geleistet, der – wie auch immer empirisch fundiert – am Beispiel der Deutungen dichterischer Werke und Träume vieles von dem aufzeigt, was erst in weit späterer Zeit auch bei der Biografie und den Werken Karl Mays zu Schlüsselerkenntnissen geführt hat.

Nachbemerkung

Stekels frühes psychoanalytisches Interesse für die Beziehungen zwischen Literatur und Kriminalität, das er durch eine breite, durchaus moderne Umfrage zu belegen gedachte (heute würde man diese Methode „Expertenumfrage“ nennen), berühren sich auch als Kontrast mit Überlegungen und Thesen von Erich Wulffen. Wulffen, der sich als der deutsche Hans Gross, Begründer der Kriminalwissenschaften um 1900 in Graz, sah, wollte Karl Mays Straftaten unter keinen Umständen pathologisch deuten oder erklären. In seiner ersten wissenschaftlich sich verstehenden Biografie Karl Mays Inferno (1929), die Klara May unter keinen Umständen veröffentlicht sehen mochte und deshalb das Original von 200 Seiten 1931 im Kamin der Villa ostentativ verbrannte, diskutiert Wulffen – auch anhand der Arbeiten von Friedrich Salomon Krauss, Carl Birnbaum, Georg Groddeck, Emil Kraepelin, Sigmund Freud und C.G.Jung – durchaus differenziert, kenntnisreich, aber immer auch mit sehr eigensinnigem Anspruch auf seine alleinige und wahre Perspektive im Widerspruch zum Kontext der zeitgenössischen Forschungslage die komplexen Fragen von Mays Psyche, der etwaigen Unzurechnungsfähigkeit bei den Straftaten und die Fragen psychopathologischer Normabweichung. In einer tour d‘horizon durch die gesamte Weltliteratur will er auch, so schreibt er, „die Tatsachen aufstellen und das Gesetz finden, danach ein Schriftsteller, Dichter, Künstler … mit dem Verbrechen Berührung auch in seinem realen Leben haben kann.“[42]

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag ist zuerst erschienen in: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft, Nr. 137/2003, S. 22-30, und kürzlich nachgedruckt worden in Albrecht Götz von Olenhusen: Old Shatterhand unter Gangstern. Ausgewählte Beiträge zu Karl May. Hg. von Jürgen Seul. Karl-May-Verlag, Bamberg 2020 (S. 14-23). Wir danken dem Autor und dem Verlag für die Genehmigung zur erneuten Veröffentlichung auch in literaturkritik.de mit geringfügigen Änderungen und einer zusätzlichen Nachbemerkung des Autors.

Anmerkungen

[1] Carl Gustav („C. G.“) Jung (1875-1961): Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie.

[2] C.G. Jung: Psychologie und Dichtung [1930]. In: Ders: Mensch und Kultur. Olten 1985, S. 124-146.

[3] Claus Roxin: „Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand“. Zum Bild Karl Mays in der Epoche seiner späten Reiseerzählungen. In: Jb-KMG 1974. Hamburg 1974, S. 15-73 (45ff., 51) [→Roxin, Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand].

[4] Vgl. Hans Wollschläger: „Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt“. Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1973, S. 11-92, und seine bei Martin Lowsky: Karl May. Stuttgart 1987 [→Lowsky, Karl May], S. 85f., zitierten Schriften, sowie die dort weiter aufgeführte einschlägige Literatur.

[5] Sigmund Freud (eigentlich: Sigismund Schlomo Freud; 1856- 1939): Österreichischer Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker. Freud ist der Begründer der Psychoanalyse und gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.

[6] Udo Kittler: Studiendirektor, Universität Dortmund.

[7] Udo Kittler: Karl May auf der Couch? Die Suche nach der Seele des Menschen. Ubstadt 1985 [→Kittler, Karl May auf der Couch], insbesondere S. 176. – Mit den sehr genau erforschten Daten der Biografie Freuds ist Kittlers These schlechterdings nicht vereinbar.

[8] Gotthilf Heinrich von Schubert (1780-1860): Deutscher Arzt, Naturforscher, Mystiker und Naturphilosoph.

[9] Carl Gustav Carus (1789-1869): Deutscher Arzt, Maler, Naturphilosoph sowie Psychologe.

[10] Carl Gustav Carus: Vergleichende Psychologie oder Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt. Wien 1866.

[11] May verstand sich selbst auch als Psychologe. Im Rahmen der Konflikte mit Emma Pollmer hat er für seine Schrift „Frau Pollmer. Eine psychologische Studie“ auch auf psychologische Werke zurückgegriffen. Siehe: Karl May: Frau Pollmer. Eine psychologische Studie. Prozeß-Schriften Bd. 1. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1982, sowie in Karl May’s Gesammelte Werke Bd. 85: Von Ehefrauen und Ehrenmännern. Biografische und polemische Schriften 1899-1910. Bamberg/Radebeul 2004, S. 25-144. – Vergleiche ferner: Gabriele Wolff: Ermittlungen in Sachen Frau Pollmer. In: Jb-KMG 2001. Husum 2001. Hrsg. von Claus Roxin, Helmut Schmiedt, Reinhold Wolff und Hans Wollschläger. Husum 2001, S. 11-351 [→Wolff, Ermittlungen]; Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Die Geschichte einer Ehe. Beiträge zur Karl-May Forschung. Band 3. Hrsg. von Heinz Stolte. Bamberg 1973; Heinz Stolte: Vorwort des Herausgebers. In: Maschke: Karl May und Emma Pollmer, S. VII–XII.

[12] Friedrich Salomon Krauss (1859-1938): Österreichischer Ethnologe, Sexualforscher und Slawist.

[13] Friedrich Salomon Krauss in: Anthropophyteia VIII/1911, S. 501; vgl. dazu Hans Wollschläger: Mein Leben und Streben. In: Gert Ueding (Hrsg.): Karl-May­Handbuch [→KM-Handbuch]. 22001, S. 453-457, sowie Wolff, Ermittlungen, S. 22ff.

[14] Paul Adam Näcke (1851-1913): Deutscher Psychiater und Kriminologe. Siehe zu seiner Person: Udo Kittler: „Ein Fall allerersten Ranges“. Karl May und der Psychiater Paul Adolf Näcke [→Kittler, Näcke]. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft [→M-KMG] 89/1991, S. 37-42, und 90/1991, S. 16-23. Vgl. dazu auch die berechtigte Kritik an Kittlers These von einem fachärztlichen Kontakt zwischen Näcke und May bei Wolff, Ermittlungen, S. 320, Anm. 125.

[15] Zum Kontakt zu dem Psychiater Dr. Adolf Emil Knecht (1846-1915), Anstaltsarzt in Waldheim zwischen 1872 und 1881, später Kollege von Näcke, vgl. Hainer Plaul: Resozialisierung durch „progressiven Strafvollzug“. Über Karl Mays Aufenthalt im Zuchthaus zu Waldheim von Mai 1870 bis Mai 1874. In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 105-170, sowie Kittler, Karl May auf der Couch, S. 37, 39.

[16] Hans Gross (1847-1915): Österreichischer Strafrechtler, Kriminologe und Begründer der Kriminalistik.

[17] Wilhelm Stekel (1868-1940): Österreichischer Arzt und Psychoanalytiker.

[18] Wilhelm Stekel: Die Träume der Dichter. Eine vergleichende Untersuchung der unbewußten Triebkräfte bei Dichtern, Neurotikern und Verbrechern (Bausteine zur Psychologie des Künstlers und des Kunstwerkes). Wiesbaden 1912 [→Stekel, Träume der Dichter], VI u. 252 S. – Stekel wurde damit zu einem der Begründer der psychoanalytischen Traumdeutung.

[19] Wilhelm Stekel: Brief an Karl May vom 20.11.1911. In: Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz (Hrsg.): Karl-May-Chronik Band V 1910-1912, S. 515.

[20] Stekel, Träume der Dichter, S. 35.

[21] Ebd.

[22] Vgl. ebd., S. 35f. – Wir gehen auf die wissenschaftliche Bewertung des Stekel‘schen Werkes und die heutige Sicht der Traumdeutung nicht ein; sein umfangreiches Werk „Die Sprache des Traumes“ (1911) ist jedoch ein wichtiger, früher Beitrag für die psychoanalytische Traumdeutung als einer „werdenden Wissenschaft“ (S. VI); vgl. dort auch das 36. Kap., S. 384ff. „Das Verbrechen in Träumen“. Stekels Werke sind, auch wegen der umfangreichen Kasuistik, eine Fundgrube für die Frühgeschichte der Psychoanalyse und ihrer Reichweite und Rezeption nach der Jahrhundertwende, vor allem bei Künstlern, Dichtern und Schriftstellern. Vgl. Michael Worbs: Nervenkunst. Frankfurt a. M. 1983. Einige der von Stekel befragten Autoren, unter ihnen ein bekannter Dramatiker, legten Wert auf Anonymität.

[23] Alexander Roda Roda (eigentlich: Sándor Friedrich Rosenfeld; 1872-1945): Österreichischer Schriftsteller und Publizist.

[24] Walter Reichsritter von Molo (1880-1958): Deutscher Schriftsteller.

[25] Peter Rosegger (eigentlich: Roßegger; 1843-1918): Österreichischer Schriftsteller.

[26] Ernst Freiherr von Wolzogen (1855-1934): Deutscher Schriftsteller, Verlagslektor und Gründer eines der ersten literarischen Kabaretts in Deutschland.

[27] Gerhart Hauptmann (1862-1946): Deutscher Dramatiker und Schriftsteller.

[28] Karl May: Brief an Wilhelm Stekel vom 20.11.2011. In: Stekel, Träume der Dichter, S. 106.

[29] Kittler, Näcke, S. 177f.; vgl. Franz Brummer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten des 19. Jahrhunderts, 6. Bd., Leipzig 1913.

[30] (Wilhelm Stekel): The Autobiography of Wilhelm Stekel. The Life Story of a Pioneer Psychoanalyst. Ed. by Emil A. Gutheil. With an Introduction by Hilda Stekel. London, New York: Liveright Publishing Corporation 1950, 293 S. – Stekels Werke, vielfach ins Englische übersetzt, haben die psychoanalytische Praxis gerade auch wegen ihres reichen Fall-Materials stark beeinflusst. Zur Biographie Stekels vgl. Elke Mühlleitner: Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Tübingen 1992; Rudolf Jerabek: Wilhelm Stekel. In: Wien, wo sonst! Die Entstehung der Psychoanalyse und ihrer Schulen. Hrsg. von Oskar Frischenschlager. Wien, Köln und Weimar 1994; Hans-Volker Werthmann: Wilhelm Stekel (1868-1940). In: Personenlexikon der Sexualforschung. Hrsg. von Volkmar Sigusch und Günter Grau. Frankfurt am Main/New York 2009. S. 665-672.

[31] Robert Müller (1887-1924): Österreichischer Schriftsteller, Journalist und Verleger.

[32] Die Psychologische Mittwoch-Gesellschaft war der erste psychoanalytische Arbeitskreis und der Vorläufer der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Sie wurde im Herbst 1902 von Sigmund Freud in Wien ins Leben gerufen.

[33] Alfred Adler (1870-1937): Österreichischer Arzt und Psychotherapeut.

[34] Bernd Nitzschke: Wilhelm Stekel, ein Pionier der Psychoanalyse. Anmerkungen zu ausgewählten Aspekten seines Werkes. In: Ernst Federn/Gerhard Wittenberger (Hrsg.): Aus dem Kreis um Freud. Frankfurt a. M. 1992, S. l76ff.

[35] Kittler, Näcke, S. 180.

[36] Ob ihm aber die Arbeiten von Freud, Adler und Jung aufgefallen sind oder auffallen mussten, bleibt entgegen der Ansicht von Kittler mangels Belegen weiterhin eine offene Frage. – Stekels Arbeiten waren jedenfalls geeignet, das Thema Neurose, Dichtkunst und Kriminalität von ihren Tabuierungen und Belastungen zu befreien.

[37] Stekel, Träume der Dichter, S. 107.

[38] Stekel, Träume der Dichter, S. 22, in Auseinandersetzung mit Otto Rank: Der Künstler. Wien/Leipzig 1907.

[39] Stekel, Träume der Dichter, S. 250.

[40] Ebd., S. 251.

[41] Stekel, Träume der Dichter, S. 252. – Den Glauben an die Mission des Anarchisten und Psychoanalytikers Otto Gross (1877-1920), Sohn des Grazer Strafrechtslehrers Hans Gross, hat Stekel, der Otto Gross 1914 analysierte, u. a. bei der Deutung von dessen Träumen hervorgehoben. Vgl. Josef Dvorak: Opiumträume in Bad Ischl. In: Forum Jg. 32/1985, Nr. 379/380, S. 45-55. – Zur Rolle von Stekel im Zusammenhang des aufsehenerregenden Familienkonflikts zwischen Hans und Otto Gross vgl. Albrecht Götz von Olenhusen: Die Sorge des Hausvaters. Die Prozesse von Hans Gross gegen Otto und Frieda Gross. In: 2. Internationaler Otto-Gross-Kongress. Zürich 2000. Marburg 2001, S. 175-206, (198). Zu Hans und Otto Groß siehe im Übrigen die Kongressbände der Internationalen Otto Gross Gesellschaft e.V., Marburg 1999-2015, zum Teil mitherausgegeben von Albrecht Götz von Olenhusen; ders.: Der Rebell und die Patriarchen. Otto Gross zwischen Sigmund Freud, C.G. Jung und Max Weber. In: Psychoanalyse. Texte zur Sexualforschung. Hrsg. von André Karger und Bertram von der Stein. Festschrift für Bernd Nitzschke, Düsseldorf Gießen 2015.

[42] Siehe dazu im einzelnen Erich Wulffen: Karl Mays Inferno. Eine kriminalpsychologische Biografie. Hrsg.und kommentiert von Albrecht Götz von Olenhusen und Jürgen Seul. Bamberg, Radebeul. Karl-May-Verlag 2017, S.40ff. S.40ff., 138ff, 147ff. (Zitat S.205). Stekels Studien sind im interdisziplinären Forschungsfeld ,Psychoanalyse – Literatur – Kriminalwissenschaften‘ seit der Jahrhundertwendeeine bemerkenswerte Stimme. Dazu auch: A. Götz von Olenhusen / J. Seul: Kriminalwissenschaften um 1900 und die „Lesbarkeit der Welt“. In: literaturkritik.de 7/2018.