Zum Tod des Verlegers Klaus Wagenbach: Hinweise – auch aus dem Archiv von literaturkritik.de

„Mit 91 Jahren ist am Freitag, den 17. Dezember 2021 Dr. Klaus Wagenbach in Berlin gestorben, begleitet von seiner Familie und umgeben von seinen Büchern!“ Das teilt der 1964 gegründete Verlag Klaus Wagenbach, der „unabhängige Verlag für wilde Leser“, der seit fast zwei Jahrzehnten von Wagenbachs dritter Ehefrau Susanne Schüssler geleitet wird, auf der Startseite mit und charakterisiert ihn davor mit etlichen Stichwörtern, mit denen auch andere ihn und er sich selbst charakterisiert haben: „Kriegskind, älteste Witwe Kafkas, Anarchist und Cavaliere, Radfahrer, Berliner und Italien-Appassionato, Buchhersteller, Lektor, Autorenentdecker, Verlagsgründer, unabhängiger politischer Kopf, wilder Leser und begeisterter Geschichtenerzähler, Kunst-Liebhaber, Freund und Fürsorgender, Rotweintrinker.“ In Fernseh- und Rundfunkbeträgen sowie in zahlreichen Zeitungsartikel ist Klaus Wagenbach nach der Nachricht über seinen Tod ausführlich gewürdigt worden.

„Über Kafka hatten wir uns kennengelernt“, erzählt Michael Krüger, der ehemalige Leiter des Hanser Verlags, in der WELT über ihre „mehr als fünfzigjährige Freundschaft“. Willi Winkler hebt in der SZ zu Beginn seines Nachrufs, bevor er ausführlich an die vielfältigen Konflikte Wagenbachs auch mit der Polizei und Justiz in der Zeit um 1968 erinnert, ebenfalls Wagenbachs Leistung in der frühen Auseinandersetzung mit Kafka hervor. Er habe „Franz Kafka in den Fünfzigerjahren, der Germanistik immer einen Schritt voraus, in die Gegenwart geholt.“ 1958 erschien seine Dissertation über Kafka als Buch mit dem Titel Franz Kafka. Eine Biographie seiner Jugend 1883–1912, 1964 in der Reihe „rowohlts monographien“ Franz Kafka in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (2002 in 36. Auflage). Als 2008 die erweiterte Ausgabe seines Buches Franz Kafka – Bilder aus seinem Leben erschien, veröffentlichte Volker Weidermann zusammen mit einem F.A.S.-Artikel über Wagenbachs Kafka-Sammlung ein bei YouTube (https://youtu.be/fTDV8cZ_CXw) zugängliches Gespräch mit ihm darüber.

Neben Erinnerungen von Volker Weidermann und Elisabeth Raether an den Toten steht in der ZEIT vom 22. Dezember ein Nachruf von Iris Radisch mit dem bezeichnenden Titel „Der Saltospringer. Sein Verlag war so, wie sich Klaus Wagenbach Deutschland wünschte: Links, antiautoritär und lebensfroh“. 

Der Nachruf von Franziska Augstein in der F.A.Z. vom 21.12. hebt u.a. hervor, wie Klaus Wagenbach „die Deutschen mit italienischer Gegenwartsliteratur bekannt“ machte. „Kein Wunder, dass er von Italien zum Cavaliere de merito gemacht wurde.“ Der Nachruf endet mit den Sätzen: „Der Mann […] ist am 17. Dezember im Alter von 91 Jahren für immer eingeschlafen. An seinem Bett in der Berliner Wohnung saßen seine Frau, Susanne Schüssler, und beider Tochter Helene. Nicht mehr viele sind am Leben, die das Verlagswesen so fröhlich und so klug geprägt haben wie Klaus Wagenbach.“

Eines der Liebesgedichte von Erich Fried in dem Band von 1979, den Wagenbach 1995 erneut veröffentlichte, hat die Überschrift „Trennung“. Ein schmerzvolles Gedicht, aber nicht ohne Trost.

Thomas Anz

Weitere Hinweise: In literaturkritik.de sind etwa 200 Bücher aus dem Verlag Klaus Wagenbach besprochen worden. Zur Neuauflage seines ersten Buches über Kafka und zu seinem Verlag sind erschienen:

Keine Jugendsünde.
Klaus Wagenbachs Biografie des jungen Kafka in einer aktualisierten Neuausgabe
Von Oliver Pfohlmann
Ausgabe 11-2006

So und (nicht) anders.
Ein Sammelband zum 40. Jubiläum des Klaus Wagenbach Verlags
Von Mario Alexander Weber
Ausgabe 12-2004