„Ich wollte ein Mädchen sein, das Ahnung hatte!“
Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Susann Pásztor über die Sehnsucht nach den 1970er Jahren
Von Sascha Seiler
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNachdem Susann Pásztor bereits vor wenigen Monaten einen wunderbaren Roman über eine von progressiver Musik dominierte Jugend in den 70er Jahren vorgelegt hat, erscheint nun auch ihr Beitrag zur Reihe KiWis Musikbibliothek, in dem sie sich der Band Genesis widmet. Wer nun, passend zur Abschiedstournee der Band, ein anbiederndes Buch über die weltberühmten Phil-Collins-Jahre befürchtet hat, wird erleichtert auftamen. Pásztor bleibt sich treu und spinnt den Grundgedanken jenes Romans, Die Geschichte von Kat und Easy, weiter. Genesis oder Warum das Lamm am Broadway liegen blieb handelt von einem Teenager-Mädchen und ihrer Liebe zu der von Peter Gabriel angeführten, klassischen Genesis-Inkarnation. Sascha Seiler sprach mit Susann Pásztor über ihre lebenslange Liebe zum Progressive Rock und die Sehnsucht nach den 1970er Jahren in der deutschen Gegenwartsliteratur.
literaturkritik.de: Die letzten beiden Bücher, die Sie geschrieben haben – der Roman Die Geschichte von Kat und Easy und Genesis oder Warum das Lamm am Broadway liegen blieb, Band 16 der KiWi Musikbibliothek –, spielen in den 70er-Jahren und beschäftigen sich intensiv mit Progressive Rock. Was ist Ihre Verbindung zu der Musik, die Sie in diesen beiden Büchern beschreiben?
Susann Pásztor: Letztlich genau die, die ich in diesen Büchern beschreibe. Ich bin damit aufgewachsen. Ich bin etwas älter als Mimi, die Protagonistin von Genesis, aber diesen Unterschied brauchte ich auch, weil ich kein Buch über mich schreiben wollte. Zum anderen ist die intensivste Fan-Zeit – die, die einem die Kraft gibt, auf dem Schulhof zu stehen und Newsletter zu verteilen – eher mit um die Dreizehn wie Mimi als wie ich mit sechzehn, siebzehn Jahren, wo man doch schon etwas cooler ist. Vor allem als Mädchen. Das war damals ja eher eine Jungs-Domäne. Ich weiß nicht, wie das heute ist, aber in der Zeit war es so, dass die Jungs die Musik-Checker waren und die Mädchen sind halt mitgegangen und fanden irgendwas vielleicht auch ganz nett, aber meistens waren das doofe Bands. Und das wollte ich nicht.
literaturkritik.de: In beiden Büchern ist es ja die Protagonistin, die diese Musik hört und schätzt, die anderen Mädchen interessieren sich aber eher für Musiker, die gut aussehen – Easy aus Kat und Easy zum Beispiel und auch die Freundinnen von Mimi in Genesis. War das bei Ihnen damals auch so, dass Sie allein dastanden?
Pásztor: Es gab schon ein paar Mädchen, die sich zusammen mit mir für diese Art Musik interessiert und sie gehört haben. Das waren nicht nur die Jungs. Aber dieser Wunsch, sich auszukennen und zu wissen, welcher Musiker vorher wo gespielt hat, wenn die Band sich aufgelöst hat, wo wer dann hingeht und was für Stücke sie spielen, das war tatsächlich schon allein mein Ding. Ausgelöst von meinem damaligen Freund, der eine LP-Sammlung hatte, die so lang wie die Chinesische Mauer war. Er war Jahrgang 1952 und hatte sogar in den 60ern noch die Beatles gesehen. Er hat mir vieles beigebracht, was ich sonst gar nicht hätte wissen können und das fand ich toll. So wollte ich sein, ich wollte ein Mädchen sein, das Ahnung hatte.
literaturkritik.de: Ich habe schon mit ein paar Autor*innen gesprochen, die in der Reihe publiziert haben, zuletzt auch mit Wolfgang Niedecken. Die Art und Weise, wie Verlag und Autor*innen zusammenkommen, scheint recht unterschiedlich zu sein – manche werden direkt gefragt, andere schlagen selbst Themen vor. Wie war das bei Ihnen?
Pásztor: Ich bin gefragt worden. Meine Lektorin bei KiWi hat mich vor einer ganzen Weile schon angesprochen, als ich gerade ein Projekt abgeschlossen hatte und in den Vorbereitungen für Kat und Easy steckte. Die Idee für die Musikbibliothek war gerade geboren und sie meinte, ich hätte darauf bestimmt auch Lust. Ich war begeistert von der Idee, aber meinte auch, dass ich in den nächsten zwei Jahren nicht dazu kommen würde. Das war dann in Ordnung so, wir haben eine lose Vereinbarung abgeschlossen und ich habe mir Genesis als Thema gesichert. Mir war sofort klar, dass ich über Genesis schreiben wollen würde – ich hatte kurz erwogen, Peter Gabriel als Solokünstler zu nehmen, dachte dann aber, dass mich eher die jungen wilden Jahre reizen – und ich mit meinem Kat und Easy-Projekt ja eh schon in den 70ern unterwegs bin und dann einfach dableiben kann. So war es auch wirklich. Gleich im Anschluss an Kat und Easy habe ich mit dem Genesis-Buch angefangen, was von seinem Umfang her ja ohnehin eher ein Zwischenprojekt ist. Ich hatte das Gefühl, gar nicht mehr aus dieser Zeit herauszukommen und bewegte mich immer weiter in ihr. Das hat großen Spaß gemacht. Und es war tatsächlich so, dass von KiWi nicht vorgegeben wurde, wie man an das Thema herantritt, was man aus seiner Fanlektüre macht. Jeder Autorin und jedem Autor stand frei, zu machen, was er oder sie wollte.
literaturkritik.de: Die Reihe ist ja auch wirklich sehr heterogen geworden. Sie haben sich ja entschieden, einen Roman bzw. eine Novelle zu schreiben, was sehr wenige in der Reihe getan haben.
Pásztor: Das kommt einfach daher, dass ich nicht Promi genug bin. Es interessiert doch – zurecht – keine Sau, wenn ich ein Buch mit dem Titel Mein geiler Musikgeschmack und ich schreibe. Diese Bücher sind nur interessant, wenn sie von Leuten kommen, die man ohnehin bewundert, für die man sich brennend interessiert und von denen man mehr wissen will. Für meinen Fall fand ich, dass eine fiktive Geschichte viel mehr von der Liebe transportieren kann, die man als Fan spürt. Darüber hinaus war das mein Trick für Informationsdropping. Man muss ja irgendwie vermitteln, dass man etwas von seiner Sache versteht und tatsächlich Ahnung von der Band hat, über die man schreibt, und da ist eine Geschichte, in der Teenager debattieren und sozusagen Exegese über ihre Lieblingsband betreiben, eine viel, viel tollere Weise, Expertenwissen literarisch an die Leserschaft zu bringen. Das habe ich versucht.
literaturkritik.de: Ich finde es auch ganz toll, wie es Ihnen in beiden Büchern gelingt, dieses Debattieren über Musik mit Ernsthaftigkeit in Bezug auf absolute Kleinigkeiten zu transportieren. Insbesondere mit dem Hintergedanken, dass wir von einer Zeit vor dem Internet sprechen, als Informationen schwerer zugänglich waren und die Kommunikation zwischen den Figuren viel wichtiger war, um an neue Gerüchte und Fakten zu kommen. War es eines Ihrer Ziele, diese Art von Kommunikation über Kultur und Musik zu transportieren?
Pásztor: Das kann im Grunde genommen gar nicht ausbleiben. Wie Sie schon gesagt haben: ‚Wir hatten ja nichts.‘ Wir hatten kein Internet. Ich habe ein paar Dinge mit Mimi gemeinsam, unter anderem, dass ich aus der Provinz komme. Die Konzerte, von denen ich schreibe, haben in Hamburg stattgefunden. Ich habe Hamburg nur aus dem Grund im Buch nicht genannt, dass ich nicht an die Setlist vom ersten Konzert herangekommen bin. Ich bin so eine Korinthenkackerin und will auch nicht, dass irgendein Oberstudienrat dann ankommt und sagt: „Das haben die am 13. April bei dem Konzert aber gar nicht gespielt!“ Deswegen habe ich es ein bisschen vage gelassen, was genaue Daten und Orte angeht. Aber ansonsten: Dieses Eine-Band-toll-finden hat in einer Kleinstadt so funktioniert, dass man zwar an die Platten gekommen ist, an die Artikel aus Musikzeitschriften aber nur viel schwerer. Und im Roman wollte ich auch nicht mit einer schon vorgreifenden Erzählstimme schreiben. Die Figuren denken alle noch, dass ohne Peter Gabriel überhaupt nichts geht. Und dass Phil Collins nicht singen kann. Dass der rauschende Erfolg erst später kommt, das wissen die noch nicht und sollen sie auch nicht wissen. Und da musste ich dann jemanden wie Alan erfinden, den es in Wirklichkeit nie gab. Einem britischen Fanclubvorsitzendem kann ich alles Wissen unterjubeln, was er wiederum an die Provinzgören weitergibt, und so habe ich die Möglichkeit, diesen Informationstransfer glaubhaft zu gestalten. Das war aber schon ein Stück Arbeit.
Und dieses Reden über Musik: Ich habe bei meinen Kindern nicht mitbekommen, ob sich das so nahtlos fortsetzt, ob das einfach immer so sein wird mit der Liebe und Leidenschaft für die Lieblingsbands. Aber ich habe ein bisschen das Gefühl, dass in den 70ern die Identifikation mit den Bands und das Alles-wissen-wollen dadurch, dass alles so neu war, noch intensiver war.
literaturkritik.de: Das ist ja natürlich auch Musik, bei denen Texte und Bühnenshow eine große Rolle spielen, bei der es wichtig ist, wer die Gitarre spielt und so weiter. Viele von Mimis Freundinnen hören Glam Rock, wo es ja eigentlich teils um ähnliche Dinge geht, um die es bei Rock schon immer ging, also Aussehen, einfache Melodien, etc. Haben Sie das Gefühl, dass damals viele Leute Musik so wahrgenommen haben wie Ihre Protagonistinnen? Oder anders gefragt: War es eine große Masse, die Musik nicht so wahrgenommen hat, also als Teeniephänomen?
Pásztor: Ich kann das ganz schwer beantworten. Bubbles gab es ja genauso, auch wenn sie sich nicht über Facebook gebildet haben. Ich habe mich immer an Älteren orientiert. Die Gleichaltrigen in meiner Klasse waren etwas hinterher, fand ich, und hörten eben diese doofe Musik. Man war wirklich überrascht, wenn man gehört hat, dass jemand doch auch diese Musik hörte. Aber die Mädchen in meiner Klasse konnte man echt vergessen. Ich habe mich dann an dieser älteren Clique orientiert, die mir vieles voraushatte, die auch schon von anderen Bands Ahnung hatte – Pink Floyd, King Crimson, Yes, Van der Graaf Generator. Diese Bubble hörte eben diese Musik und beschäftigte sich damit. Und mit Literatur. Ich habe natürlich immer noch Hitparade gehört, das blieb nicht aus. Aber wie das um die anderen bestellt war, wie groß ihre Liebe war, das kann ich nicht ganz einschätzen. Ich weiß, dass die David Cassidy-Fans schon voll bei der Sache waren, die fanden ihn sensationell super und hatten ihre Zimmerwände mit Plakaten vollgepflastert. Als ich bei Genesis einstieg, da war das schon verpönt. Da klebte man keine Bravo-Poster mehr an die Wand, sondern Dalí-Poster. Das gehörte dazu, man setzte sich ab. Aber grundsätzlich weiß ich nicht wirklich, was die anderen so generell machten.
literaturkritik.de: Sie erwähnten vorhin, dass die Figuren nicht wissen, was in der Zukunft passiert. Für sie, und auch für das Buch, ist der Ausstieg von Peter Gabriel das Ende von Genesis. Haben Sie selbst diese Bands und die Musik danach weiterverfolgt? Machen Sie das immer noch?
Pásztor: Ja, ich gebe zu, dass ich diese Sachen gerne immer noch höre. In meiner Recherchephase für das Buch bin ich natürlich noch einmal tief eingetaucht, nicht nur in die Musik, auch in meine eigene Begeisterung. Ich finde, die Musik ist unheimlich gut gealtert. Ich bin hin und weg, wenn ich mir vor Augen führe, dass die Musiker damals Anfang zwanzig waren. Genau, wie wenn man frühe Beatles-Aufnahmen hört und selbst schon in die Jahre gekommen ist. Sie sprechen tatsächlich immer noch eine bestimmte Frequenz von Lebensgefühl bei mir an, das hat sich nicht verändert. Also ich höre die Musik nicht und denke: „Was war ich denn damals für eine?“
Was Genesis angeht, war die Band tatsächlich nach Peter Gabriels Ausstieg erst mal uninteressant für mich. Ich habe dann mehr andere Sachen gehört. Pink Floyd zum Beispiel, wobei die auch zum gleichen Zeitpunkt zu schwächeln begannen und ich damit dann auch irgendwann aufhörte. Aber es gab immer wieder neue Musik, die gut war, und alte Musik, die nachzuhören war. Mit Solsbury Hill habe ich angefangen, Peter Gabriels Solokarriere zu verfolgen. Spätestens bei Passion, also der Scorsese-Filmmusik Ende der 80er, war ich wieder richtig in meinem Fantum drinnen und habe Peter nicht mehr aus den Augen gelassen. Mich schmerzt es bis heute, dass dieser Mann 2002 sein letztes Album veröffentlicht hat, das macht mich total fertig! Ich würde etwas dafür geben, wenn da nochmal was käme. Und auch die anderen Genesis-Solo-Projekte: Ich habe ein Album von Steve Hackett, eines von Mike & The Mechanics und sogar eins von Phil Collins gehabt, das habe ich aber irgendwann weggeschenkt. Auch zwei spätere Alben von Genesis… Ich fand das guten Pop, den sie gemacht haben, aber ja. Wie Mimi gesagt hat: „Das sind einfach nicht mehr meine Genesis.“ So geht es mir auch. Aber beschäftigt habe ich mich damit schon noch.
literaturkritik.de: Wie wurden die Bücher denn angenommen? Ich könnte mir vorstellen, dass es für diejenigen, die sich mit der Musik nicht bereits auskennen, stellenweise schwer sein könnte, einen Zugang zu finden, da eine gewisse Affinität zu ihr schon vorausgesetzt wird.
Pásztor: Sagen wir es mal so: Kat und Easy ist nicht der krachendste meiner Erfolge geworden. Zum Teil hat das mit Corona zu tun: Die Buchhandlungen waren geschlossen und wenn sie doch offen waren, rauschten die Kunden herein, schnappten sich zehn Spiegel-Bestseller und rauschten wieder heraus. Das haben Buchhändler mir immer wieder so erzählt. Es wurde nicht mehr beraten, es wurde nicht mehr gestöbert. Das ist der eine Teil. Den Rest muss ich mir selbst zusammenreimen, aber ich denke, es hat auch mit dem zu tun, was Sie gesagt haben. Ich bin trotzdem sehr, sehr froh, dieses Buch geschrieben zu haben. Irgendwo bin ich einfach ein Nerd – und das ist gar nicht abwertend gemeint. Aber es hat schon etwas Komisches, da zu sitzen und zu schreiben und sich so sehr über Musik zu identifizieren, auch in meinem Alter noch. Gleichzeitig finde ich, dass sie mein Leben so derart bereichert hat, dass ich nichts davon missen möchte.
literaturkritik.de: Es funktioniert im Buch ja auch großartig, wenn man selbst in dieser Blase ist. Ich weiß nur nicht, wie das ist, wenn man außen ist. Wenn es zum Beispiel ein Buch über Glam Rock-Fans in den 70ern gewesen wäre, weiß ich nicht, ob ich einen Zugang dazu gefunden hätte.
Pásztor: Ja. Wenn ich über David Cassidy geschrieben hätte, hätte ich vermutlich mehr weibliche Leserinnen gefunden. Aber das weiß man nicht vorher. Und wenn ich anfange, über so etwas zu spekulieren und am Ende tatsächlich nicht mehr über meine Bands schreiben würde, würde ich es lieber ganz bleiben lassen. Aber ich merke schon auch, dass es jetzt mal gut ist mit den 70ern und minderjährigen Protagonistinnen und ihrer Perspektive. Das kann ich zwar gut und mache es gerne, aber für mein nächstes Buchprojekt werde ich meine Erzählstimme etwas altern lassen.
literaturkritik.de: Was glauben Sie, woran es liegt, dass die Nostalgie nach den 70er-Jahren in der Literatur – der deutschen insbesondere, aber auch der internationalen – so aufgeblüht ist? Die naheliegende Antwort wäre natürlich, dass es einfach daran liegt, dass die Autorinnen und Autoren in dieser Zeit groß geworden sind.
Pásztor: Genau, wir sind Boomer! Wir sind überdurchschnittlich viele, die in diesem Alter sind. Und wir sterben dann irgendwann aus. Ich denke schon, dass es damit zu tun hat, dass dieser geburtenstarke Jahrgang sich sowohl nach seiner Jugendzeit zurücksehnt als auch ein paar Autoren mehr auf dem Markt hat, die etwas darüber schreiben. Ansonsten hat das vermutlich auch damit zu tun, was jetzt gerade passiert. Ich habe damals nicht wissen können, dass erst die Pandemie kommt und dann der Ukraine-Krieg, aber irgendwie wird mir langsam schon etwas nostalgisch zumute. Meine Generation wird in der Geschichte womöglich die einzige sein, die von Kriegen und Bedrohungen relativ unangetastet blieb. Vielleicht fördert das die Nostalgie. Aber ob es noch weitere Gründe gibt, wie lange das anhalten wird, und ob als nächstes die 80er-Jahre dran sind – an die ich nicht so bunte Erinnerungen habe, weil ich dann schon etwas gesetzter war –, und ob wir nicht immer mit einer bestimmten Verzögerung eine Zeit literarisch bearbeiten: Keine Ahnung.
literaturkritik.de: Die Autoren, die in den 80ern groß geworden sind, sind jetzt ja auch um die 50 Jahre alt, das heißt, die Bücher müssten eigentlich schon längst da sein. Aber irgendwie passiert das nicht wirklich, die 80er begegnen einem nicht so häufig.
Pásztor: Ich denke, dass die 70er-Jahre diese Sehnsucht nach früher besser bedienen. Nicht so verstaubt und verklemmt wie die 60er, es gab Freiheit, Drogen, gute Musik, gutes Langnese-Eis und auch schon Produkte, an die man sich gerne erinnert. Das bieten die 70er. Und wahrscheinlich lesen die Leute sowas gerne. Es schien die ganze Zeit die Sonne. Und dann kamen die 80er und der Himmel wurde irgendwie bedeckter. Zumindest in meiner Erinnerung.
literaturkritik.de: Noch eine letzte Frage zum Genesis-Buch: Hat der Verlag angesichts der gerade abgeschlossenen Abschlusstournee versucht, Sie dazu zu bringen, die Phil-Collins-Jahre mit einzubeziehen?
Pásztor: Nein, gar nicht. Die hatten das genauso wenig auf dem Schirm wie ich selbst. Ich habe zwar am Rand mitbekommen, dass die Tour verschoben wird und dass es Phil Collins auch nicht so gut geht, aber dass es so ein Gedöns gibt und dann auch noch gleichzeitig mit meinem Buch – einmal im Leben habe ich ein gutes Timing, und dann habe ich Phil Collins nicht in meinem Buch. Ich disse ihn ja sogar ein bisschen. Das ist ja überhaupt nicht nett, dieser arme Mann, das tat mir hinterher ein bisschen weh. Anfang März waren Genesis auch in Berlin. Ich bin nicht dagewesen, ich wäre auch nie hingegangen, weil das wie gesagt nicht meine Genesis waren, aber ich habe das mit sehr großer Rührung verfolgt. Bei dem allerletzten Konzert in London kam Peter Gabriel backstage und es gibt ein zauberhaftes Foto von ihm und Phil Collins dort, beide alte Männer, die irgendwie immer Kumpel geblieben sind. Vom Timing her eigentlich perfekt. Aber so, wie ich meinen Verlag immer wieder erlebe, wäre keiner jemals auf die Idee gekommen, mir irgendetwas aufzudrücken. Die lassen ihre Autoren dahin schreiben, wo die Liebe ist, weil sie genau wissen, dass das die besseren Bücher werden.