Zum Tod von Javier Marías: Erinnerungen an ein Literarisches Quartett von 1996 und Hinweise aus dem Archiv von literaturkritik.de

Am 11. September 2022 ist der spanische Schriftsteller Javier Marías, geboren am 20. September 1951 in Madrid, an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Bekannt wurde er vor allem mit seinem 1992 in Spanien und 1996 in Deutschland erschienenen Roman Mein Herz so weiß.

In der ZEIT vom 9. August 1996 begann Iris Radisch ihre Rezension dazu mit dem Satz: „Die 170 000 Fernsehzuschauer die nach den himmlischen Gesängen des Literarischen Quartetts den Roman ,Mein Herz so weiß‘ gekauft haben, sind gut bedient worden. Denn in diesem Buch ist für alle etwas drin.“ Am 13. Juni 1996 war der Roman im Literarischen Quartett so hoch gepriesen worden wie kaum ein anderes Buch davor und danach. Auf die Frage Marcel Reich-Ranickis an Sigrid Löffler „Ist es ein guter Roman oder nicht?“ antwortete sie: „Ein hinreißender!“ Und Hellmuth Karasek erklärte bald darauf: „Es ist eines der großartigsten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen habe.“ Reich-Ranicki stimmte dem sogleich und ausführlich zu:

Die Einigkeit wird hier offensichtlich sehr groß sein, das freut mich. Ich glaube in der Tat, dass das einer der wichtigsten Romane ist, die ich überhaupt in den letzten Jahren gelesen habe. Ich kann mich an keinen Roman von vergleichbarer Qualität erinnern. […] Ich glaube, dass das ein Roman ist, wie er in der zeitgenössischen europäischen Literatur im Augenblick überhaupt nicht vergleichbar da ist, bei keinem anderen, schon gar nicht bei einem deutschen Autor. […] Begeistert bin ich von dem Buch dieses Marías. Ich glaube, dass er einer der größten lebenden Schriftsteller der Welt ist, ich scheue mich nicht zu sagen, dass es ein geniales Buch ist. […] Es ist ein ganz großes Meisterwerk, und wenn alles mit guten Dingen in diesem Lande zugeht, sollte dieses Buch – es wird uns nicht gelingen, aber dieses Buch sollte auf Platz eins der Bestseller-Liste landen. Denn ein vergleichbares Meisterwerk ist nicht zu haben.

Auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste landete der Roman dann in der Tat sehr bald.

In literaturkritik.de sind später folgende Beiträge zu Büchern von Javier Marías erschienen:

Das Warten von Berta.
In „Berta Isla“ erzählt Javier Marías von der Ehefrau eines Geheimagenten, für die das Leben ihres Mannes größtenteils für immer im Verborgenen bleiben wird
Von Jana Fuchs
Ausgabe 07-2019

Wenn der Sprachlehrer zur Spitzhacke greift.
Javier Marías‘ Erzählungen „Keine Liebe mehr“
Von Peter Mohr
Ausgabe 01-2017

Wenn die Illusion zerbricht
In „So fängt das Schlimme an“ gibt sich Juan de Vere der Rekonstruktion vergangener Wirklichkeit hin, auch wenn sie sich ihm als nicht zu füllender Hohlraum präsentiert
Von Jana Fuchs
Ausgabe 12-2015

Anziehung aus der Distanz, Abstoßung aus der Nähe.
Über Javier Marías’ Kammerstück „Die sterblich Verliebten“
Von Holger Wacker
Ausgabe 05-2012

Der Psychoprophet steigt aus.
Javier Marías beendet mit „Gift, Schatten und Abschied“ seine Roman-Trilogie „Dein Gesicht morgen“
Von Peter Mohr
Ausgabe 05-2010

Stalaktiten und hörnergleiche Kegel.
Javier Marías‘ Roman „Tanz und Traum“
Von Peter Mohr
Ausgabe 06-2006

Die widerborstige Kunst der Fuge.
Roman oder Essay? – Javier Marías‘ „Dein Gesicht morgen“
Von Gunnar Kaiser
Ausgabe 10-2004

Ein Streichholz im Pulverfass.
Javier Marías‘ Roman „Der Gefühlsmensch“
Von Peter Mohr
Ausgabe 04-2003

Wen kümmert’s, wer spricht?
Über die Taschenbuchausgabe von Javier Marías‘ Roman „Schwarzer Rücken der Zeit“
Von Gunnar Kaiser
Ausgabe 02-2003

Berauschende Doppelfiktion.
Javier Marías‘ 30 Jahre alter Roman „Die Reise über den Horizont“
Von Peter Mohr
Ausgabe 09-2002

Amüsieren auf höchstem Niveau.
Javier Marías‘ Band „Schwarzer Rücken der Zeit“
Von Peter Mohr
Ausgabe 02-2001

Thomas Anz