Ein neuer Tagungsband der internationalen Forschung über Heimat in Literatur, Film und anderen Medien des 20. und 21. Jahrhunderts

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die spanische Universität des Baskenlandes Vitoria-Gasteiz ist mit regelmäßigen internationalen Tagungen zu einem europäischen Zentrum der expandierenden Heimatforschung geworden. In unserem Verlag LiteraturWissenschaft.de ist 2017 einer der Tagungsbände unter dem Titel Raum – Gefühl – Heimat. Literarische Repräsentationen nach 1945 erschienen, 2022 ein neuer Band als „Supplement“ der am Institut für Germanistik der tschechischen Universität in Ústí nad Labem (Aussig an der Elbe) herausgegebenen und im Wiener Praesens Verlag erscheinenden Zeitschrift Aussiger Beiträge.

In den akademischen Debatten der letzten Jahrzehnte setzt sich – u.a. in Anlehnung an den Spatial Turn und den Emotional Turn – eine Konzeption von Heimat durch, die das Dynamische, Widersprüchliche, Hybride in den Vordergrund stellt und auf eine statische räumliche Gebundenheit verzichtet. Dabei wirft die gegenwärtig verschiedene Diskurse dominierende Pandemie ein neues Licht auf Krisen- und Heimatbeschwörungen – in Erinnerung auch an die Kontrollmechanismen, die laut Foucault jede große Pandemie mit sich gebracht hat und welche die Freiheiten einer offenen Gesellschaft bedrohen. Aus diesem Grunde widmet sich der neue Band mit dem Titel Eine schöne neue Welt? Heimat im Spannungsfeld von Gedächtnis und Dystopie in Literatur, Film und anderen Medien des 20. und 21. Jahrhunderts und mit Beiträgen zu einem 2021 durchgeführten Workshop in Vitoria-Gasteiz den Spannungsräumen und Korrelationen, die sich daraus ergeben, wenn Heimat, Dystopie und Gedächtnis (und damit historische Narrative) in literarischen Texten, visuellen und digitalen Medien miteinander in Verbindung gebracht werden.

Die insgesamt neun Beiträge dieses Bandes (von Carme Bescansa, Withold Bonner, Garbiñe Iztueta-Goizueta, Lukas Prieske, Thomas Fuhr, Johannes Krause, Iraide Talavera-Burgos, Alexandra Juster und Stephanie Willeke) zeigen, dass besonders im Zuge der Globalisierungs- und Vermischungstendenzen der letzten Jahrzehnte neben Rückgriffen auf traditionelle Heimatkonzepte zunehmend komplexere und offene Definitionen von Heimat in den Vordergrund gestellt werden.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von Mitarbeitern der Zeitschrift, Angehörigen der eigenen Universität oder Autoren im Verlag LiteraturWissenschaft.de. Diese Bücher können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Carme Bescansa / Renata Cornejo / Garbiñe Iztueta / Iraide Talavera / Mario Saalbach (Hg.): Eine schöne neue Welt? Heimat im Spannungsfeld von Gedächtnis und Dystopie in Literatur, Film und anderen Medien des 20. und 21. Jahrhunderts.
(Aussiger Beiträge – Supplement).
Praesens Verlag, Wien 2022.
169 Seiten , 22,30 EUR.
ISBN-13: 9783706911689

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