Asche zu Asche. Staub zu Staub.

Franz Josef Wetz tröstet uns über die Endlichkeit des Seins.

Von Stefanie LeibetsederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Leibetseder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Philosoph Franz Josef Wetz legt nach einem Buch mit dem programmatischen Titel Tot ohne Gott. Eine neue Kultur des Abschieds (2019) eine weitere Veröffentlichung zu diesem Thema vor. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie man mit dem Tod umgehen kann. In ihr legt der Autor anhand der Schriften namhafter Philosophen, unter ihnen Seneca, Schopenhauer, Nietzsche, Kierkegaard und Blumenberg sowie ausgewählter literarischer Texte von Autoren wie Freud, Camus, Schnitzler wesentliche Positionen in der Auseinandersetzung mit diesem zentralen Gegenstand des menschlichen Daseins vor. Sie reichen von der Banalisierung und Rationalisierung des Unumgänglichen bis hin zur offensiven Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit, um mittels Patientenverfügung, letztem Willen und Sterbehilfe doch noch irgendwie über die Umstände des eigenen Ablebens Regie führen zu können, ohne ihm letztlich doch beikommen zu können.

Über die gesellschaftlichen Hintergründe dieser Anstrengungen hat der Soziologe Norbert Elias unter dem Titel Die Einsamkeit des Sterbenden in unseren Tagen eine ebenso anregende wie berührende Studie verfasst, die mit der Erkenntnis endet: Der Tod ist das Ende eines Menschen. Er verbirgt kein Geheimnis. Er öffnet keine Tür. Hieran knüpft Wetz an, wenn er ironisch konstatiert: Der Tod ist in erster Linie ein Ärgernis, das wir nicht aus der Welt schaffen können.

Statt Elias‘ genauer Betrachtung der psycho-sozialen Rahmenbedingungen, unter denen sich das Sterben heute vielfach in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vollzieht, gelangt Wetz zu einer anderen, aber ebenso einleuchtenden Analyse. Ihm zufolge besteht die einzige Möglichkeit für uns Menschen, mit dem Tod leben zu können, nämlich darin, seine genauen Begleitumstände zu verschleiern. So bietet uns namentlich das Christentum als Trost den Glauben an die Auferstehung an, die zwar als leibliche Auferstehung gedacht wird, aber gleichzeitig wissen wir auch alle, dass unser Leib sich nach dem Tod in der Erde auflöst. Kann nun aber die Seele einzeln und losgelöst von der Materie weiter existieren? Diese Frage bleibt offen. Ebenso steht es bei naturreligiösen Vorstellungen, etwa dem Aufgehen im All-Sein. Auch sie bleiben verschwommen und unscharf. Auch gibt es die Ansicht vom Tod als zweiter Geburt: Da wir vorher kein Bewusstsein hatten, wird es sich auch nach unserem Ableben vermutlich nicht anders verhalten; eine Idee, die in ähnlicher Weise schon der antike Philosoph Epikur vertrat. Das, was man nicht fühlt, kann man schließlich nicht fürchten.

Andererseits gibt uns das Christentum mit der Ostergeschichte auch eine Bestätigung für unsere tägliche Erfahrung mit der Unerbittlichkeit und Unausweichlichkeit des Todes, denn als die drei Frauen ans Grab Christi treten, müssen sie feststellen, dass dort niemand ist, und sie rufen aus: „Das Grab ist leer! Er ist nicht da!“ Im Grab liegen schließlich nur verwesliche Überreste.

Und so bleibt mit Elias von einem Menschen letztlich nur das, was ein Mensch anderen Menschen gegeben hat, was in ihrer Erinnerung bleibt. Und Wetz rät uns dazu, nicht allzu genau hinzugucken, wenn wir Trost über unsere eigene Endlichkeit finden wollen, und das ist ihm mit diesem kleinen aber pointiert geschriebenen Buch ausnehmend gut gelungen.

Titelbild

Franz Josef Wetz: Tod, Trauer, Trost. Was am Ende hilft.
(Reclams Universal-Bibliothek).
Philipp Reclam jun. Verlag, Ditzingen 2022.
108 Seiten, 6,00 EUR.
ISBN-13: 9783150142752

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