Ein unvergängliches und zugleich humorvolles Werk der Weltliteratur
Zum 100. Todestag von Jaroslav Hašek
Von Manfred Orlick
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDen tschechischen Schriftsteller Jaroslav Hašek kennen heute nur wenige, der von ihm erfundene „brave Soldat Schwejk“ ist dafür weitaus bekannter. Über sich selbst hat Hašek kaum etwas erzählt; Tagebücher hat er nicht hinterlassen. Nur in einem ironischen Selbstporträt (1912) hat er einmal kolportiert: „Mein Gott, was bin ich für eine Kanone. Was nützt mir das aber, wenn es die Welt nicht weiß“, und im gleichen Atemzuge nannte er sich den „größten tschechischen Schriftsteller“. So weit geht die heutige Literaturwissenschaft zwar nicht, aber der größte tschechische Satiriker des 20. Jahrhunderts war er allemal.
Seine gar nicht so brave Biografie liest sich wie eine Vagabunden-Laufbahn. Oft wurde sogar behauptet, sein Leben sei eine größere Humoreske als sein Schwejk. Dabei begann alles noch ganz bürgerlich: Geboren wurde er als Sohn eines Mathematiklehrers und einer Teichwärtertochter am 30. April 1883 in Prag – also in der Walpurgisnacht. Vielleicht lag es daran, dass sein Leben ein heilloses Abenteuer wurde. Nach der Grundschule besuchte der junge Hašek zunächst das Gymnasium, welches er jedoch nach dem frühen Tod des Vaters und wegen schlechter schulischer Leistungen 1896 verlassen musste. Es war sein erster Rauswurf, dem aber noch viele folgen sollten.
Die Mutter war zu schlecht bezahlten Näharbeiten gezwungen, um die Familie (Hašek hatte noch einen jüngeren Bruder) über Wasser zu halten. Der abgedankte Gymnasiast begann eine Drogistenlehre, die aber durch einen Bubenstreich ein baldiges Ende fand. Während eines Bäckeraufstandes hängte er aus Sympathie für die Streikenden den roten Unterrock des Dienstmädchens aus dem Dachfenster. Danach absolvierte er an der Handelsakademie doch noch das Abitur. 1902 trat Hašek eine Stellung in der Prager Bank „Slavia“ an, die er jedoch nach wiederholtem unentschuldigten Fernbleiben bald wieder verlor.
Von da an hatte Hašek nur ein Ziel: die Schriftstellerei. Bereits mit 17 Jahren schrieb er Gedichte und humorvolle Kurzgeschichten; aber seine erste Gedichtsammlung Aufschreie im Mai (1903) wurde ein totaler Misserfolg. Er verließ Prag und vagabundierte monatelang als Landstreicher durch Österreich, Ungarn und Siebenbürgen bis an die galizische Grenze Russlands, um das Leben „von unten her“ kennenzulernen. Die Begegnungen mit der einfachen Dorfbevölkerung oder den ungarischen Pußtahirten wurden später zum Quell seiner Geschichten. Diese „Wanderungen“, oft mit Übernachtungen unter freiem Himmel oder in Heuschobern, griffen aber auch seine Gesundheit an.
Nach der Rückkehr von den langen und ziellosen Wanderungen frönte Hašek in Prag ein Bohemien-Dasein. Als Journalist füllte er mit seinen Satiren, Humoresken und Erzählungen ganze Ausgaben anarchistischer Zeitschriften: Kommuna (Die Kommune), Chudas (Der arme Schlucker) und Omladina (Die junge Generation). Und er benutzte dabei mehrere Pseudonyme. Dabei legte er nicht nur die Widersprüchlichkeiten des Vorkriegsprag offen, sondern attackierte auch die Monarchie und die staatlichen Institutionen. Dadurch waren diese Blätter einer ständigen polizeilichen Verfolgung ausgesetzt, sodass er trotz seines Fleißes und Talentes keine feste Anstellung in einer Redaktion fand. Überall hatte man Angst, diesen charakterlosen Spötter einzustellen.
Im Mai 1910 heiratete Hašek die Journalistin Jarmila Mayerová (1887-1931). Um seinem Schwiegervater zu beweisen, dass er eine solide bürgerliche Existenz mit regelmäßigem Einkommen anstrebte, nahm er eine schlecht bezahlte Stelle als Redakteur bei der seriösen Zeitschrift Svět zvířat (dt. Welt der Tiere) an, dessen magere Auflage er steigern sollte. Doch Hašek ging wieder einmal die Phantasie durch: Er veräppelte die Leserschaft mit der glaubhaften Erfindung von exotischen Tiergattungen wie dem Schwefelbauchwalfisch oder dem Urgebirgsfloh und korrespondierte darüber sogar mit zoologischen Fachexperten, womit er einige Skandale heraufbeschwor. Seine ungezügelte Kreativität kannte jedoch keine Grenzen. So gründet er die „Partei für gemäßigten Fortschritt in den Schranken des Gesetzes“. Die feucht-fröhlichen Versammlungen benutzte er, um mit kabarettreifen Wahlreden die Donaumonarchie lächerlich zu machen. Gelegentlich waren auch Max Brod (1884-1968) und Franz Kafka (1883-1924) unter der Zuhörerschaft.
In den Vorkriegsjahren verfasste Hašek eine heute nicht mehr überschaubare Vielzahl von Kurzgeschichten und Humoresken, die sich durch Einfallsreichtum, Originalität und satirische Treffsicherheit auszeichneten. Er verweigerte sich den literarischen Richtungen seiner Zeit wie dem Expressionismus oder dem Symbolismus; vielmehr bediente er sich als Außenseiter eines volkstümlichen Erzählstils. Weit über 1000 Geschichten unter zig Pseudonymen sollen es sein, die meist in Bierkneipen oder Cafés entstanden sind. Bis in die frühen Morgenstunden zechte er in seinen Lieblingskneipen, dann schob er das Glas beiseite: „Jetzt muss ich schreiben, um sechs macht die Kasse zu.“ Gemeint war die Kasse irgendeiner Zeitungsredaktion, bei der er seinen Text anschließend unterbringen wollte, um das Honorar gleich wieder zu vertrinken. Eine Anekdote berichtete, dass der Wirt ihm erst einen Liter Bier gab, wenn er ein neues Kapitel beendet hatte. In den Geschichten beschrieb Hašek das ärmliche Milieu in der keineswegs „goldenen Stadt“. Bereits hier bediente er sich einiger ausgesprochen komischer Typen, mit denen er die elementaren menschlichen Empfindungen zum Ausdruck brachte und gleichzeitig das spießige Kleinbürgertum demaskierte.
Der Erste Weltkrieg brach aus und Hašek wurde als sogenannter Einjährig-Freiwilliger eingezogen. Er hatte jedoch kein Interesse, für die K.-u.-k.-Monarchie zu kämpfen, und so lief er schon im September 1915 auf die russische Seite über. Mehrfach wechselte er die Fronten, trat 1918 in die Rote Armee ein und wurde Mitglied der Kommunistischen Partei. Als Organisationskommissar der 5. Armee in Irkutsk war er Herausgeber dreier Zeitungen (auf Ungarisch, Mongolisch und Deutsch). In den Wirren des Bürgerkriegs wurde er wegen Hochverrats angeklagt und entging nur knapp der Hinrichtung.
Erst im Dezember 1920 kehrte der in Prag totgeglaubte Hašek mit einer russischen Frau in seine Heimatstadt zurück, ohne vorher von seiner ersten Frau Jarmila geschieden worden zu sein. Gesundheitlich angeschlagen zog er sich in den kleinen Ort Lipnice unweit der Hauptstadt zurück. Hier in der Landkneipe „Zur Böhmischen Krone“ nahm er die Arbeit an seinem Hauptwerk Osudy dobrého vojáka Švejka za světové války (1921–1923, dt. Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk), das er bereits während der Kriegsjahre begonnen hatte, wieder auf. Die locker aneinandergereihten Episoden, aus denen die Romanhandlung besteht und die in Prag, Südböhmen, Ungarn und schließlich an der Front spielen, hatte Hašek zunächst mit der Hand geschrieben und die ersten Romanfolgen selbst in einzelnen Heften herausgegeben, die er mit Freunden in Gasthäusern verkaufte – an kleine Leute und Kriegsveteranen. Nachdem er jedoch einen Verleger gefunden hatte, der laufend neue Manuskripte verlangte, nahm er sich schließlich einen Schreiber, dem er den Text diktierte.
Der in Prag lebende Hundefänger Josef Schwejk ist amtsärztlich für schwachsinnig erklärt worden. Trotz eines Rheumaleidens meldet er sich mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs freiwillig zum Kriegsdienst, um „seinem Kaiser“ zu dienen, und gerät dabei in das riesige Getriebe der K.-u.-k.-Armee. Mit seiner Einfältigkeit und Tollpatschigkeit übersteht der so unsoldatische Soldat Schwejk jedoch alle Situationen und Gefahren: im Irrenhaus, im Lazarett, als Offiziersbursche oder später an der Front. Er stolpert von einer vertrackten Situation in die nächste – beispielsweise wenn er sich freiwillig eine russische Uniform anzieht und so in die eigene (österreichische) Gefangenschaft und vor ein Standgericht gerät. Andererseits ist er jedoch so geschickt, sich immer wieder aus jedem Missgeschick herauszuwinden. Dabei hilft ihm auch sein unerschöpfliches Repertoire an Anekdoten und Histörchen. Mit der buchstabengetreuen Befolgung der Gesetze enthüllt Schwejk immer wieder die Leerheit von Worten und Phrasen und mit seinem übertriebenen Pflichtgehorsam gelingt es ihm, den ganzen militärischen Dienstbetrieb der Lächerlichkeit preiszugeben und die Staatsmacht ad absurdum zu führen. Mit seiner Autoritätsgläubigkeit untergräbt er jede Autorität. Seine epische Ruhe ist dabei ein Gegenpol zum Chaos der kriegführenden Welt seiner Zeit und ein Ausdruck von Überlegenheit.
Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk blieben aber unvollendet; mitten im vierten Teil brach der Roman ab. Jaroslav Hašek starb am 3. Januar 1923 in Lipnice im Alter von nur 39 Jahren, gezeichnet von einer im Krieg zugezogenen Tuberkulose und zusätzlich geschwächt durch den langjährigen, starken Alkoholkonsum. So konnte er den späteren Welterfolg seines Schwejk nicht mehr erleben.
1924 erschien der Roman in Buchform mit den Illustrationen seines Freundes Josef Lada (1887-1957). Sie gaben der rundlichen und immer arglos lächelnden Figur des Schwejk in der schäbigen Uniform bis heute ihr bekanntes Gesicht. Im Auftrag des Verlegers verfasste der Publizist Karel Vaněk (1887-1933) nach Hašeks Tod den Schluss des vierten Teils Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk in der russischen Gefangenschaft (1923), der aber nicht die Qualität des Originals erreichte.
Bei seinem Erscheinen wurde Hašeks Roman von der tschechischen Literaturkritik ignoriert; ihr war es peinlich, dass ihre Literatur durch ein „vulgäres Werk eines Trinkers“ international repräsentiert wurde. Doch bald erwies er sich als ein humorvolles und unvergängliches Werk der Weltliteratur vom Range eines Don Quijote (Sancho Panzo) oder Till Eulenspiegel, das unzählige Auflagen in fast sechzig Übersetzungen erlebte. Die erste und fast 100 Jahre lang einzige deutsche Übertragung (1926) stammte von der tschechischen Übersetzerin Grete Reiner (1891-1944), die jedoch die Ecken und Spitzen des Textes etwas abrundete. Außerdem nahm das „Böhmakeln“(ein spezielles Deutsch mit tschechischem Akzent) den Dialogen die Schärfe und Kühle. Damit war die deutsche Übersetzung allerdings stärker von einem Dialekt geprägt als das tschechische Original.
Im Reclam Verlag erschien 2014 mit Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk im Weltkrieg eine Neuübersetzung von Antonín Brousek, der den Roman von diesen eher komödiantisch wirkenden Elementen der Erstübersetzung befreite und ihm dadurch seine zeitgemäße Modernität zurückgab. Hier wird nicht mehr geböhmakelt, denn im Originaltext plaudern alle (einschließlich Schwejk) in einem umgangssprachlichen, keineswegs fehlerhaften Tschechisch. Außerdem fehlten kritische Passagen und Anmerkungen zu den Deutschen, mit denen Reiner ihr Lesepublikum offenbar nicht verprellen wollte. Geändert hat sich auch der Romantitel: aus dem „braven“ wurde der „gute“ Soldat Schwejk, was dem Originaltitel näherkommt. Die präzise Neuübersetzung von Brousek fand Aufnahme in die neue Reclam Bibliothek, die Texte der Weltliteratur in besonderer Ausstattung versammelt. Die Zukunft wird zeigen, ob die deutschsprachige Leserschaft diese Wertschätzung ebenfalls annehmen wird.
Hašeks Roman wurde mehrfach verfilmt, unter anderem mit Rudolf Hrušínský (1957), Heinz Rühmann (1960), Peter Alexander (1963) und Fritz Muliar (Fernsehserie 1972/76). Außerdem bildete er die Vorlage für zahlreiche literarische Adaptionen, zum Beispiel Schweyk im Zweiten Weltkrieg (1943) von Bertolt Brecht (1898-1956). In den letzten Jahren erschienen auch einige gekürzte Lesungen des Romans: besonders erwähnenswert die beiden Hörbücher (in der Reiner-Übersetzung) mit den österreichischen Schauspielern Wolfram Berger und Helmut Qualtinger (1928-1986), die mit ihrem österreichischen Akzent, die Verschmitztheit und Schlagfertigkeit des Antihelden Schwejk hörbar machen. Auch die satirischen Elemente des Romans werden gut herausgearbeitet.
Die Figur des Prager Hundefängers Josef Schwejk tauchte bereits in einigen früheren Theaterstücke und Geschichten von Hašek auf, die als Urschwejk bezeichnet werden. Zum 100. Todestag des Schriftstellers sind diese frühen Prosatexte im Wieser Verlag erschienen. In ihrer Vorrede betonte die Übersetzerin Grete Reiner, dass Hašek nicht nur in seinem Schwejk, sondern auch in Kurzgeschichten sich als „Humorist größten Formats erweist. […] Die Proben, die in diesem Band gesammelt erscheinen, zeigen ihn vor allem wiederum als unübertrefflichen Durchschauer aller k. und k. Fäulnis.“
Die meisten Erzählungen stehen in engem Zusammenhang zu Hašeks Hauptwerk. So machen fünf frühe Schwejk-Geschichten den Auftakt, in denen er bereits mit den Waffen des Humors die Sinnlosigkeit des Krieges thematisierte; etwa wenn Schwejk als „Ballast“ für die Militärflugzeuge herhalten muss. Stürzte er dann mit dem Offizier irgendwo ab, kroch er als Erster aus den Trümmern: „Melde gehorsamst, daß wir abgestürzt, aber am Leben und gesund geblieben sind.“ Wichtig ist vor allem die Erzählung Kommandant der Stadt Bugulma, in der Hašek seine Erinnerungen an die russische Revolution verarbeitete. Als Stellvertretender Stadtkommandant der Roten Armee muss er sich mit dem machtbesessenen Kommandeur eines Revolutionsregimentes auseinandersetzen, der immer neue irrwitzige Anordnungen erfindet: „An die gesamte Bevölkerung von Bugulma und Umgebung! Ich ordne an, dass alle Einwohner der Stadt und Umgebung, die nicht lesen und schreiben können, dies binnen drei Tagen nachholen. Wer nach dieser Frist als Analphabet sichergestellt wird, wird erschossen.“ Ohne diese autobiografische Erzählung ist sein berühmter Roman nicht zu verstehen. Überhaupt nehmen Hašeks Erlebnisse während des Weltkrieges und der russischen Revolution in diesem Geschichtenband einen breiten Raum ein. In den anderen Geschichten richtet sich seine Kritik gegen die Kleinbürger mit ihrem Untertanengeist oder die Bürokraten mit ihrem blinden Gehorsam, gegen die Vertreter des Klerus und Adels. Alle kriegen in Hašeks Texten ihr Fett ab.
Die Neuerscheinung ist ein Nachdruck der Ausgabe der Deutschen Verlags-Anstalt aus dem Jahre 1999, die auf der lange Zeit unbekannten Erstausgabe des Prager Synek-Verlages (1929) basierte. Der umfangreiche Anhang liefert mit seinen Beiträgen zahlreiche interessante Hintergründe zu Hašek und seinem Schwejk. Während der tschechische Schriftsteller František Langer (1888-1965) in seinen Erinnerungen an Jaroslav Hašek einen Eindruck von den turbulenten Zusammenkünften von Hašeks „Partei des gemäßigten Fortschritts“ vermittelt, berichtet der Illustrator Josef Lada, wie er Hašek in den Prager Kneipen kennenlernte und sie gemeinsam Streifzüge durch die idyllische Kleinseite der Moldaumetropole unternahmen. Der tschechische Philosoph und Literaturtheoretiker Karel Kosík (1926-2003) analysiert dagegen Hašeks Humor in 45 Thesen: „das Element seiner Existenz ist der Humor, der ihm sicheren Schutz vor dem Scheitern bietet. Er kennt die Bitterkeit von Niederlagen und Demütigungen, wird aber nie bitter.“
Eine Kurzbiografie liefert der Literaturwissenschaftler Hans Dieter Zimmermann in seinem Nachwort Jaroslav Hašek – Leben und Legende; außerdem gibt er einen kurzen Überblick zur Rezeption des Schwejk und spürt textliche Ähnlichkeiten zu Kafkas Prozeß auf. In einem abschließenden Beitrag skizziert Zimmermann die Biografie von Grete Reiner, über die wenig bekannt ist. Geboren am 20. November 1889 in Prag, arbeitete sie in den 1920er und 1930er Jahren als Übersetzerin bei verschiedenen Verlagen. Neben dem Schwejk und Urschwejk übersetzte sie auch andere Werke der tschechischen Literatur ins Deutsche. Ihre Schwejk-Übersetzung war auch die Vorlage für die Dramatisierung von Max Brod und dem Satiriker Hans Reimann (1889-1969), die Erwin Piscator (1893-1966) nach einer Bearbeitung (u.a. von Bertolt Brecht) 1928 mit großem Erfolg in Berlin uraufführte. Wegen ihrer jüdischen Abstammung wurde Reiner im Dezember 1942 nach Theresienstadt deportiert und später in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1944 in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Zimmermann bewundert ihren Mut, den damals umstrittenen Roman ins Deutsche zu übertragen, obwohl von allen Seiten Proteste und Warnungen auf sie einstürmten. Aber dank ihrer Übersetzung wurde Hašeks Schwejk überhaupt erst international bekannt, fand auch in seiner Heimat endlich die Anerkennung und gehört heute zum tschechischen Kulturgut. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der Schelmenroman nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 aus dem Buchhandel und den Bibliotheken entfernt wurde oder sogar Opfer der Bücherverbrennungen wurde.
Heute wird Schwejk, der nach hundert Jahren immer noch Rätsel aufgibt, gern als literarische Ikone des passiven Widerstandes hochstilisiert, was sicher etwas übertrieben ist. Hašek hat mit ihm eine liebenswürdige Figur geschaffen, die treuherzig-gelassen „die gesamte österreichische Monarchie übers Ohr haut […] und in diesem Sinne ruf Schwejk her, hol die Flasche mit dem Nußschnaps und laß uns anstoßen: auf euch beide, Hašek. Auf einen großen Dichter und auf den braven Soldaten Schwejk.“ (Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel in der Weltbühne 1926).
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