Behinderung als ökologische Prothese

Nature Writing und Neurodiversität in aktueller (Kinder- und Jugend-)Literatur

Von Sarah MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sarah Maaß

Seit 2021 sind vier Texte in deutscher Übersetzung erschienen, die Neurodiversität, Naturerfahrung, -beobachtung und -schreiben sowie ökologische Krisen thematisch verzahnen: Sally J. Plas Komische Vögel (2017, dt. 2023), Dara McAnultys Tagebuch eines jungen Naturforschers (2020, dt. 2021), Richard Powers Erstaunen (2021, dt. 2021), und Mya-Rose Craigs Birdgirl (2022, dt. 2022). Es handelt sich um zwei autobiographische beziehungsweise ökobiographische[i] Texte von und für Jugendliche (McAnulty; Craig), eine kinderliterarische Reiseerzählung (Pla) sowie eine allgemeinliterarische neuronovel[ii] (Powers). Bei aller generischen Unterschiedlichkeit weisen die Texte in ihrer Darstellung und Konzeption des Verhältnisses von Neurodiversität und Natur Gemeinsamkeiten auf, die hier sowohl aus Perspektive des Ecocriticism als auch der Literary Disability Studies diskutiert werden.

Dass es sich bei der Themenkopplung um einen aktuellen Trend handelt, wird bereits mit Blick auf den immer kürzer werdenden Abstand zwischen Veröffentlichung und Übersetzung deutlich. Es ist diesbezüglich bezeichnend, dass mit Komische Vögel der älteste Text den deutschen Buchmarkt als Letzter erreicht hat: Der deutsche Literaturbetrieb entdeckt offenbar gerade etwas – und gewiss nicht nur eine Einnahmequelle, sondern auch, vor allem mit Blick auf die kinder- und jugendliterarischen Texte, Antworten auf Sozialisationsherausforderungen. Schließlich, so ein Konsens der Kinder- und Jugendliteraturforschung, ist „das anhaltende Interesse an fiktionalen Aufbereitungen aktueller gesellschaftlicher Probleme […] ein Indiz für die nach wie vor bestehende Bedeutung der Kinder- und Jugendliteratur für die ‚allgemeine‘ Sozialisation“ (Glasenapp / Weinkauff 2010, 252).  In den genannten Texten sind die ‚aktuellen gesellschaftlichen Probleme‘ einerseits die Lebensbewältigung unter Bedingungen von ‚Passungsproblemen‘ (vgl. Leiß 2022, 91) zwischen der neurotypischen Umwelt mit ihren Barrieren und neurodiversem Individuum. Spezifische Weisen der Naturerfahrung erfüllen in diesem Kontext therapeutisch-regenerative Funktionen. Andererseits drehen sich die Texte um die gegenwärtigen ökologischen Krisen und adäquate Existenzmodi. Gemeinsam ist ihnen, dass sie eine besondere Affinität von Neurodiversität[iii] und solchen Modi der Naturwahrnehmung und -erfahrung nahelegen, die aus ökokritischer Sicht zur Schreibweise des Nature Writing gehören. Diese Modi, so die These, werden als ökologische Haltungen valorisiert und Neurodiversität, insbesondere Autismus, als deren ideale Verkörperung – als ökologische Prothese – modelliert.

Heilkraft der Natur? Zum Praktikenkomplex ‚Nature Writing‘

In allen vier Texte kommt der Natur eine therapeutisch-regenerative Funktion in Subjektivierungs- und Bewältigungsprozessen von neurodiversen Figuren und/oder ihren Angehörigen zu. Sie unterscheiden sich unter anderem darin, ob sie das Problem, auf das der jeweilige Naturzugriff reagiert, in einer individuellen Beeinträchtigung verorten oder in der sozialen Dimension von Behinderung als Relation zwischen behindernder und diskriminierender Umwelt und neurodiversem Individuum. Am stärksten auf der Ebene von Beeinträchtigung und damit einer diagnostizierend-kategorisierenden Ebene bleibt Birdgirl. Für die mit Bipolarität diagnostizierte Mutter der autobiographischen Erzählerin sind das gemeinsame Birding und die damit verbundenen (Fern-)Reisen ebenso ein Therapeutikum wie für die gesamte Familie: „In Mums Kopf ist normalerweise eine Menge los, nur wenn der Vogel erscheint, hinter dem sie her ist, herrscht eine Weile Ruhe“ (ebd., 250); „Birding, Reisen und die Natur [taten] Mums psychischer Gesundheit gut[] […] Es war der verzweifelte Versuch, die Familie mit Leib und Seele zusammenzuhalten“ (ebd., 121).

In Komische Vögel wird die exzessive Beschäftigung des zwölfjährigen, neurodiversen Ich-Erzählers Charlie mit Vogelkunde zunächst auf eine Ebene mit anderen Symptomen beziehungsweise Verhaltensdevianzen gestellt, allen voran bestimmten Zwangs- oder Ersatzhandlungen. Eine Verkettung von Ereignissen führt dazu, dass Charlie und seine drei Geschwister, in Begleitung einer Art Familienfreundin, mit dem Wohnmobil quer durch die USA nach Virginia reisen. Dort liegt ihr alleinerziehender, in Afghanistan verwundeter Vater im Koma und muss sich diversen Operationen unterziehen. Für Charlie ist das Verlassen der gewohnten Umgebung eine besondere Belastung, die er zunächst nur durch den Vorsatz aushält, eine mit dem Vater erstellte Liste von zu sichtenden Vögeln ‚abzuhaken‘ – womit er auch die irrationale Hoffnung verbindet, dem Vater helfen zu können: „Dann könnte ich ihm erzählen, dass ich sie alle gefunden habe, für ihn. Das wäre wie ein Geschenk. Ein Geschenk, das ihm helfen würde, gesund zu werden. Das fühlte sich gut an.“ (Pla 2023, 99) Als ‚Symptom‘ erscheint dieser Plan insofern, als dieselbe Kausalität zuvor mit einer anderen Ersatzhandlung in Verbindung gebracht wird: „Ich ziehe mir einen frischen Schlafanzug an, lege mich zwischen mein linkes und rechtes Kissen, genau in die Mitte des Bettes, und ziehe die Decke bis zum Kinn. Wenn ich das jeden Abend so mache, ohne die kleinste Abweichung, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Dad wieder gesund wird.“ (Ebd., 47) Für Charlie selbst hat die Beschäftigung mit Vögeln zudem eine beruhigende Funktion: „Wenn ich die Vögel anschaue, werde ich ruhig und friedlich. Sie sind einfach schön. Die grundlegenden Fakten über sie verändern sich nicht. Ihr Verhalten ist ziemlich vorhersehbar. Man kann es aufschreiben, verstehen.“ (Ebd., 17) Am Ende der Reise hat Charlie durch die diversen Begegnungen auch eine „Menschenliste“ (ebd., 322) vorzuweisen und einen Entwicklungsprozess durchgemacht: „Komisch – ich war so überzeugt, dass das Abarbeiten der Liste die einzige Möglichkeit war, uns – Dad und mir – dieses gute Gefühl ruhiger Erleichterung zu verschaffen. Den ganzen Weg quer durchs Land hatte ich nichts anderes im Sinn, als jeden Vogel auf dieser Liste zu finden. Aber am Ende war es gar nicht mehr wichtig. Ruhe und Erleichterung haben sich auch so eingestellt.“ (Ebd., 329)

Zwar wird immer wieder deutlich gemacht, dass Charlies Anderssein vor allem durch die Reibung mit der sozialen Umwelt zum Problem wird; deutlicher stellen jedoch Powers und McAnulty diese soziale Dimension von Behinderung heraus und installieren dabei einen starken Gegensatz von Natur versus Gesellschaft. In Powers Erstaunen ist der Rückzug in die Natur von Beginn an ein Hilfsmittel des Ich-Erzählers Theo, wenn die Passungsprobleme zwischen seinem neurodiversen Sohn Robin und der sozialen Umwelt eskalieren: „Ich hatte ihn für eine Woche aus der Schule genommen und war mit ihm in die Wälder gefahren. Es hatte wieder einmal Ärger mit seinen Klassenkameraden gegeben, wir brauchten ein wenig Abstand.“ (Powers 2021, 9) Wie das Personalpronomen ‚wir‘ zeigt, zieht die Konfrontation auch den Vater in Mitleidenschaft, der mit der mangelnden Inklusionsfähigkeit der Institution Schule, fehlender Empathie der Lehrerin und vor allem mit dem medizinischen Behinderungsdispositiv kämpft, das durch Kategorisierungszwang und -unfähigkeit zugleich gekennzeichnet ist:

An die Diagnosen, mit denen die Ärzte meinen Sohn abfertigten, habe ich nie geglaubt. Wenn eine Krankheit binnen dreier Jahrzehnte mit drei verschiedenen Namen bezeichnet wird, wenn man zwei Unterkategorien braucht, um einander vollkommen widersprechende Symptome zu erklären, wenn sie sich im Laufe einer einzigen Generation von nonexistent zur am häufigsten diagnostizierten Störung bei Kindern im Land entwickelt, wenn zwei Ärzte drei verschiedene Medikamente verschreiben wollen, dann stimmt etwas nicht. (Ebd., 10)

Für den autobiographischen Erzähler in Dara McAnultys Tagebuch eines jungen Naturforschers sind es zum einen aisthetische Reize der sozialen Umwelt, die be-hindernd wirken (vgl. McAnulty 2021, 33). Hinzu kommen das Raum-Zeit-Regime der Schule (vgl. ebd., 38f.; 160), Mobbing durch neurotypische Mitschüler (vgl. ebd., 46) und kulturelle Verhaltensnormen, vor allem hinsichtlich alterstypischer Gefühlsäußerungen: Daras intensive sinnliche Wahrnehmung und die damit einhergehende emotionale Impulsivität („Durch meinen Autismus spüre ich alles intensiver: Ich habe keinen Freude-Filter“ [ebd., 74]) kollidieren zunehmend mit altersbezogenen Affektregimen: „Innerlich hüpfe ich, denn für die Augen der Außenwelt bin ich zu alt, um hüpfend ins Haus zurückzukehren. […] Mir wurde beigebracht, dass kindisches Verhalten falsch ist, fast schlecht. Eine Welt ohne solche Gefühle finde ich zum Heulen“ (ebd., 51). Die Natur ist in dieser „Welt“ regenerativer Rückzugort: „Ich zog mich vor diesem Lärm zurück und der Menschenwelt, die ihn machte“ (ebd., 21).

Solche Valorisierung von Natur auf Basis ihrer Heilkraft gilt als charakteristisch für weite Teile des Nature Writing.[iv] Sie ist nicht der einzige Aspekt, der die vier Texte mit dem Nature Writing verbindet. Ob es sich dabei um ein historisch spezifisches Genre handelt und wie dieses zu bestimmen wäre (etwa durch inhaltliche oder formalästhetische Kriterien), oder ob sich seine Einheit nicht vielmehr durch eine „kulturelle[] Haltung der beobachtenden Aufmerksamkeit gegenüber oder reflektierenden Achtsamkeit in der Natur“ (Malkmus 2020, 22) ergibt, ist umstritten. Ich schlage vor, es als genre- und medienübergreifende, tendenziell transhistorische Schreibweise zu begreifen, die durch folgende, auch in den hier zur Debatte stehenden Texten unübersehbare Parameter gekennzeichnet ist:[v] (1) Eine Wahrnehmungskonstellation, die ein individuelles, emotional involviertes, sinnlich-affektiv wahrnehmendes und zugleich wissensbasiert beobachtendes Subjekt zusammenbringt mit einem ‚natürlichen‘ Objekt, das unterschiedlich skaliert sein kann (einzelne Tiere und Pflanzen, Arten, Landschaften, ökosystemische Zusammenhänge): So inszenieren alle hier zur Debatte stehenden Texte nicht nur die Freude an und die wohltuende Wirkung von „leichter zu verarbeiten[den]“ (McAnulty 2021, 33) natürlichen Objekten bis hin zu quasi-mystischen Erfahrungsmodi der Immersion und Subjektauflösung, sondern verbinden dies mit ‚wissenschaftlichen‘ Wahrnehmungs- und Darstellungsmodi der Detailbeobachtung, Benennung, Klassifizierung und Erklärung auf Basis von naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Wissensbeständen. Damit einher geht (2) ein ökologischer Naturbegriff (vgl. Detering 2020a, 31), der – hier vor dem Hintergrund ökologischer Krisen – Zusammenhänge, Prozesse und Interdependenzen fokussiert: In den vier Texten steht vor allem das Artensterben als Resultat des Lebens und Wirtschaftens westlich-kapitalistischer Industrieländer im Zentrum.

Eigentümlich für das Nature Writing ist somit seine Interdiskursivität, die (3) nicht nur gegenwärtige ökologische Wissensbestände integriert, sondern auch auf naturkundliche und frühökologische Wissensformen und Darstellungstraditionen vor allem des 19. Jahrhunderts rekurriert. Hier ist vor allem auf die prominente Stellung der Vogelkunde beziehungsweise des Birding zu verweisen, die besonders in Komische Vögel und Birdgirl, aber auch bei McAnulty zum Tragen kommt. Die ‚Koevolution‘ von Nature Writing und Vogelkunde zeichnet Caroline Rosenthal (2020) in ihrer Genealogie des Urban Birding nach (vgl. v.a. 194-197). Eine der zentralen Figuren in dieser Genealogie ist John James Audubon (1785-1851); das berühmte Audubon Society Baby Elephant Folio, eine Sammlung aller Zeichnung und Stiche Audubons, ist Charlies wichtigstes Wissensarchiv (vgl. Pla 2023, 15) – bis er das Tage- und Notizbuch des (fiktiven) Vogelkundlers Dr. Tiberius Shaw findet, das zu seiner Quelle von Vogelwissen und Lebensweisheit wird. Die Textsorte Tagebuch oder Journal ist prägend für die Geschichte des Nature Writing – und wohl auch für seine (4) Tendenz zur kleinen Form beziehungsweise zu einer Poetik der Fragmentarizität, also einem Kompositionsprinzip, das in sich relativ geschlossene Teile auf nicht-systematische Weise zu einem offenen Ganzen montiert. Diese Poetik realisieren McAnulty und Craig in ihren Ökobiografien auf Textsortenebene; Power und Pla integrieren sie in ihre Diegesen beziehungsweise Paratexte. So führt Theos neurodiverser Sohn Robin in Erstaunen ein Notizbuch, das nicht nur in seinem Titel „Persönliche Betrachtungen von Robin Byrne“ (Powers 2021, 180) auf die Journaltradition des Nature Writing anspielt: „Das ganze Buch bestand aus Zeichnungen, Notizen, Beschreibungen, Fragen, Spekulationen und Betrachtungen – Beweismaterial für anderes Leben.“ (Ebd.) Auch Charlie in Komische Vögel führt ein Notizheft – „mein selbst gemachtes Vogelbuch sozusagen. Da hinein zeichne ich Vögel, notiere mir Fakten über sie und andere Sachen“ (Pla 2023, 14f.). Zusätzlich ist jedem Kapitel ein fingiertes Zitat aus Dr. Tiberius Shaws Vogeltagebuch vorangestellt, das thematische Verbindungslinien zum Haupttext stiftet und letztlich symbolisch um Shaws These kreist, die Charlie die gesamte Handlung hindurch beschäftigt: „dass Vögel uns etwas über die Menschen lehren können.“ (Ebd., 17)

Schließlich (5) geht mit dem Nature Writing ein spezifischer ethischer Appellcharakter einher, der mit der ‚Heilkraft‘ von Naturerfahrung in Verbindung steht. Mit dem Ethikbegriff ist hier gerade nicht auf moralische, dem Handeln präexistente Normen- und Wertekodizes verwiesen, sondern – im Anschluss an Michel Foucaults späte Untersuchung von (antiken) ‚Ästhetiken der Existenz‘ – ein „reflektiertes […] System von Praktiken“ (Foucault 2004, 310) der Selbstbearbeitung, mit denen ein Subjekt ein bestimmtes Selbst- und Weltverhältnis herausbildet. Es geht also um einen Praktikenkomplex – und auch das „therapeutische[] Potenzial“ (Goldstein 2019, 13) des Nature Writing entfaltet sich erst innerhalb eines solchen Komplexes. Genau genommen ist das Nature Writing also nicht einfach der „Heilkraft der Natur“ (Mabey 2018) gewidmet; diese wird vielmehr durch ein Praktikengefüge, zu dem auch das Schreiben gehört, erst hervorgebracht. Die genannte Rekurrenz auf Natur- und Vogelkunde des 19. Jahrhunderts ist hier ebenfalls einzuordnen, denn es geht dabei weniger um die Wiederentdeckung anachronistischer Wissensbestände, als vielmehr um die Reaktualisierung der Verbindung „‚Naturkunde‘ und Naturdichtung“ um 1800 (Detering 2020b, 13) und um die Kultivierung von Praktiken der Naturforschung (aus Botanik, Entomologie, Mineralogie oder Ornithologie) in (bürgerlichen) Kultur- oder Freizeitpraktiken des 19. Jahrhunderts. Erkunden, Beobachten, Sammeln, Notieren, Zeichnen etc. in und nach der Natur gehören ebenso in dieses Feld und zur Sozialfigur des Enthusiasten (vgl. Rosenthal 2020, 194) wie das Aneignen naturkundlichen und kulturhistorischen Wissens. Auch die hier betrachteten literarischen Figuren lesen neben ihren Streifzügen in die nahe und ferne Umgebung Naturkundebücher, Tier- und Pflanzenlexika, sie zeichnen und malen, erstellen Listen über gewünschte und erfolgte Vogelsichtungen, sammeln Pflanzen, Federn, Steine und führen Tagebücher oder Journale (im Fall von Mia Rose Craig und Dara McAnulty in Form von Blogs), in denen sie auch über die Funktionen und (Subjekt-)Effekte dieser Praktiken reflektieren.

Die selbstbearbeitende Funktion dieses Handlungskomplexes und die Komplementarität von ästhetischen Praktiken und „Feldforschung“ in „freier Natur“ (Pla 2023, 106) kommen am explizitesten in Komische Vögel zum Tragen. Hier könnte man aus Perspektive der Disability Studies beinahe von einem Überwindungsnarrativ sprechen, denn Charlie ist zunächst „kein echter Birder“ (ebd.) und „kein Freund von ‚freier Wildbahn‘“ (ebd., 25) – zu groß sind seine Ängste etwa vor „Zecken“ und anderen „Parasiten“ (ebd., 24). Erst der erzwungene Roadtrip lehrt ihn den Mehrwert des Erlebnisses (vgl. ebd., 109f.), die beruhigende Wirkung von Naturerfahrung und ermutigt ihn letztlich, auch in anderen Alltagsbereichen an der Überwindung von Ängsten und Zwängen zu arbeiten. Bei McAnulty, Craig und Powers sind das Erleben und die Schreib- beziehungsweise Kreativpraktiken von Beginn an untrennbar verkoppelt. Wie in Komische Vögel dienen Letztere auch in Craigs Birdgirl dem Umgang mit den Herausforderungen von Neurodiversität – diesmal jedoch für die neurotypische Protagonistin beziehungsweise für den durch die mütterliche Bipolarität prekären Familienverband:

In den Wochen vor einer Reise waren wir alle besser drauf, wenn wir unsere Listen zusammenstellten, Lebensräume recherchierten, Guides vor Ort buchten oder die Routen durch riesige Länder planten. Und anschließend lebten wir alles in Erinnerung noch mal durch, prüften unsere Listen, ergänzten unsere Blogeinträge und teilten unsere Birding-Erfahrungen mit der Community. Auf diese Weise halfen uns die Erlebnisse durch die Wintermonate. (Craig 2022, 397)

Der neurodiverse Robin in Powers Erstaunen zeichnet sowohl zuhause als auch ‚im Feld‘, während Dara seine Eindrücke nachträglich festhält. Naturerfahrung und -schreiben sind für ihn dennoch untrennbar, wie sich auch auf der phonetischen Ebene der Textgestaltung zeigt:

An diesem Morgen bin ich erschöpft. […] Mit Spazierengehen und Schreiben versuche ich, dagegen anzukommen. An den meisten Tagen mache ich wenigstens einen kurzen Gang […], um den Wind zu spüren und die Worte zu finden. […] Mein anfängliches Gekritzel und Gekrakel bildet jetzt die Grundgestalt meiner Tage. (McAnulty 2021, 216; Hervorhebungen S.M.)

Der enge Zusammenhang von Erleben und Aufschreiben ist auch ein funktional-selbstpraktischer, insofern das Schreiben die Erfahrung intensiviert: „Wenn mich Leute fragen warum ich die Natur so intensiv wahrnehme, ist die ehrliche Antwort, dass mein Erleben erst später beim Aufschreiben kommt. Die Intensität sprudelt hervor, und ich fühle alles noch einmal.“ (Ebd., 218)

Behinderung als ökologische Prothese: Neurodiversität und Umweltaktivismus

Das Nature Writing ist von wissenschaftlicher wie literaturkritischer Seite mit unterschiedlicher Stoßrichtung kritisiert worden[vi] – etwa für die Vernachlässigung sozialer Privilegien in puncto race, class und gender als Ermöglichungsbedingungen für die oben skizzierte Form der Naturbegegnung und des Naturschreibens. Auch die Idealisierung, Instrumentalisierung und trivialisierende Romantisierung von Natur als Therapeutikum oder Medium individueller Regeneration durch Rückzug in die vermeintlich ursprüngliche Sphäre des Natürlichen ist verschiedentlich problematisiert worden. Bei den hier betrachteten Texten greift diese Kritik insofern nicht, als das Therapeutikum Naturschreiben im Textverlauf als unvollkommen markiert wird – und zwar vor dem Hintergrund der globalen ökologischen Krisen.

In Komische Vögel – dem am stärksten konzeptionell kinderliterarischen Text – ist dieser Aspekt am schwächsten ausgeprägt, auch weil andere Themen, allen voran soziale Lernprozesse und Probleme des menschlichen Zusammenlebens auf familiärer Mikro- wie gesellschaftlicher oder gar anthropologischer Makroebene im Vordergrund stehen und ornithologische Wissenselemente zum (symbolischen) Instrument beziehungsweise Reflexionsanlass werden – etwa das Schwarmverhalten von Schwalben: „Das gibt mir zu denken. Bewegen wir uns durch die Welt wie ein einziges Wesen? Sind wir ein Schwarm?“ (Pla 2023, 141). Dennoch stößt auch Charlie auf der Reise und bei seinen Vogel- und Naturbeobachtungen unweigerlich auf die Destruktivität und Defizienz von Naturwahrnehmung und Lebensweise der neurotypischen Figuren. Charlie bemerkt beispielsweise als einziger Teilnehmer einer touristischen Flusstour mit historischem Amphibienfahrzeug (‚Ente‘) den seltenen Weißkopfadler und versucht vergeblich, seine MitfahrerInnen darauf aufmerksam zu machen: „Weil sie viel zu beschäftigt sind mit den Pferdestärken dieses Dieselmotors von 1940 und irgendeiner Transmissionsgeschwindigkeit am Arsch der Ente. Unglaublich.“ (Ebd., 198) Das „Spannungsverhältnis von Natur und moderner Zivilisation“ (Goldstein 2019, 13) ist hier ebenso unübersehbar wie in den eingestreuten, fingierten Zitaten von Dr. Tiberius Shaw: „Das Zuhause meines Herzens liegt im Sanctuary March […]. Alles, was ich von dort aus sehe, ist reine, unberührte Natur. Kaum zu glauben, dass die verderblichen Einflüsse des Kapitals nur wenige Kilometer entfernt sind …“ (Pla 2023, 71). Vor allem jedoch ist die kritische Energie des Textes an das Aussterben von Vogelarten gekoppelt, verkörpert insbesondere durch das Leitmotiv des ausgestorbenen Karolina-Sittichs. Der oben skizzierte Praktikenkomplex des Naturschreibens ist keine adäquate Antwort auf dieses Problem; hier bedarf es vielmehr, so suggeriert die narrative Logik des Textes, der ‚harten‘ Naturwissenschaft, genauer gesagt der Gentechnik. Einen der Höhepunkte von Charlies Reise und Entwicklungsprozess stellt der Besuch im Field Museum mit Präparations- und Genlabor dar, wo Charlie sich erklären lässt: „Wissenschaftler […] haben die Genomfolge von Vogelpräparaten bestimmt, die mehr als hundert Jahre alt waren. […] Wir hoffen, damit eines Tages den genetischen Code heutiger Vögel stärken zu können, die vom Aussterben bedroht sind“ (ebd., 229). Wie „großartig […] die Genetik“ ist, um „gefährdeten Arten“ zu helfen (ebd., 231), erlebt Charlie dann im Handlungsfinale, als er Dr. Shaws Rückzugsort in Sanctuary March findet und dort eine Kolonie lebender Karolina-Sittiche findet – Ergebnis eines „streng geheime[n] Experiment[s]“ (ebd., 331).

Auch Erstaunen, Tagebuch eines jungen Naturforschers und Birdgirl bleiben nicht bei der Valorisierung von Formen des Nature Writing stehen; vielmehr stoßen die ProtagonistInnen gerade wegen dieses Praktikenkomplexes immer wieder auf die Gefährdungen der geliebten Natur und die den Umwelt- und Klimadiskurs umtreibende, individuelle wie gesellschaftliche Inkonsistenz von Wissen und Handeln. Insbesondere Robin und Dara, die neurodiversen Protagonisten, deren emotional-affektive Intensität und Impulsivität immer wieder an ihren Autismus beziehungsweise ihr abweichendes Wahrnehmen gekoppelt wird, leiden massiv. Alle drei Figuren entwickeln sich daher zu UmweltaktivistInnen – eine Entwicklung, die ihnen als notwendiger, folgerichtiger Schritt erscheint, der sich geradezu ‚natürlich‘ aus Wissen über und Liebe zur Natur ergibt: „Die Entwicklung zur Umweltaktivistin war für mich ein logischer Schritt.“ (Craig 2022, 6); „Meine frühe Faszination für Greifvögel hat sich zu einer Leidenschaft entwickelt, die sie schützen hilft (McAnulty 2021, 78); „Ein Ruck durchfährt mich. Ich muss etwas tun. Ich muss den Mund aufmachen. Muss protestieren.“ (Ebd., 57f.) Dara und Mya-Rose funktionieren ihr privates (Natur-)Schreiben entsprechend zum politischen Instrument um und beginnen zu bloggen. Sie werden zu öffentlichen Personen und Teil von aktivistischen Netzwerken, sprechen auf Kundgebungen, entwickeln Umweltbildungsprogramme für andere Kinder- und Jugendliche etc. Robin verweigert irgendwann den Schulbesuch und malt bedrohte Tier- und Pflanzenarten, um seine Bilder zu verkaufen und den erhofften Erlös an „Tierschutzgruppen“ (Powers 2021, 93) zu spenden; seine Entschlossenheit, Ausdauer und Konsequenz werden dabei als ebenso nicht-normal dargestellt und seiner Neurodiversität zugeschrieben, wie seine aggressiven Ausbrüche, wenn Theo darauf besteht, dass er in die Schule zurückkehrt (vgl. ebd., 99-101). Trotz vereinzelter Anfeindungen in den Social Media, die vor allem Craig thematisiert, affizieren die zwingende Logik und die ansteckende Naturbegeisterung der Figuren die neurotypischen Mitmenschen, und ihr Engagement stößt vorrangig auf positive Resonanz.

Aus der Perspektive der Literary Disability Studies ist die skizzierte Verknüpfung von Neurodiversität, Praktikenkomplex Nature Writing und Umweltengagement nicht unproblematisch – trotz der damit einhergehenden positiven Valorisierung neurodiverser Figuren. In ihrer einflussreichen Studie Narrative Prosthesis. Disability and the Dependencies of Discourse widmen sich David T. Mitchell und Sharon L. Snyder der Analyse einer überraschenden Beobachtung: der gleichzeitigen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit literarischer beziehungsweise künstlerischer Figuren der Behinderung. Gemeint ist die Gleichzeitigkeit einer Fülle von Darstellungen behinderter Figuren – und der wissenschaftlichen ‚unawareness‘ (vgl. Mitchell / Snyder 2000, 51) dieser Tatsache: „[W]hy [do] screen so many images of disability and simultaneously screen them out of our minds“ (ebd.)? Mitchell /Snyder beantworten diese Frage mit der prothetischen Funktion von Behinderung für Literatur, Kultur und Gesellschaft. Ganz im Sinne der Disability Studies kehren Mitchell und Snyder damit den üblichen Fokus auf die Abhängigkeit von Menschen mit Behinderung um und wenden sich der Mehrheitsgesellschaft und ihrer Abhängigkeit von Bildern der Behinderung zu. Dass diese häufig nicht als solche wahrgenommen werden, erklären sie damit, dass Figuren der Behinderung allzu häufig narrativ und symbolisch instrumentalisiert werden beziehungsweise als Medien der Verhandlung anderer Themen verwendet werden. Behinderung als verkörperte Differenz liefert Narrationen einerseits „the impetus that calls a story into being“ (ebd., 55), insofern sie nach Erklärung und ‚Entzifferung‘ ruft und wird andererseits häufig symbolisch überformt: Dann dient Behinderung etwa als verkörperter Index (im Peirce’schen Sinne) für übernatürliche Ordnungen (und die Verfehlung ihnen gegenüber), als physiognomischer Marker eines wie auch immer gearteten Innen oder als Metonymie „for that which refuses to conform to the mind’s desire for order and rationality“ (ebd., 48) – in unserem Kontext etwa für das ungeklärte Rätsel der Kluft von ökologischem Wissen und Handeln. Das Problem dieses ‚prothetischen‘ Komplexes bestehe einerseits darin, dass er Behinderung beziehungsweise verkörperte Differenz an eine limitierte Reihe symbolischer Bedeutungen bindet (ebd., 63), sprich: Stereotype reproduziert. Andererseits blockiere die symbolische Indienstnahme das Aufgreifen der sozialen und politischen Dimension von Behinderungserfahrung (vgl. ebd., 48): „disabled peoples’ social invisibility has occured in the wake of their perpetual circulation throughout print history.“ (Ebd., 52)

Auch die Bindung von Naturschreiben und Umweltengagement an Neurodiversität lässt sich in Mitchells und Snyders Sinne als ‚Prothese‘ begreifen, denn sie wird zum Medium der Verhandlung von Möglichkeitsbedingungen ökologischen Verhaltens. Die Texte inszenieren erstens eine besondere Affinität neurodiverser Figuren zum Praktikenkomplex Nature Writing und stellen zweitens die nicht-normale, zwanghafte Notwendigkeit des Übergangs zum Umweltaktivismus aus (besonders ausgeprägt in Powers’ Erstaunen). Neurodiversität wird damit zur Verkörperung des prekären Übergangs von Wissen und Werten zum Handeln, der sich allen regulierenden Zugriffen immer wieder zu entziehen scheint und eines der zentralen Themen im sozialwissenschaftlichen, psychologischen und pädagogisch-didaktischen Strang des Nachhaltigkeitsdiskurses darstellt. In ihrer Modell- oder Vorbildhaftigkeit reiht sich die Figur des neurodiversen Umweltschützers damit ein in bestimmte idealisierend-stereotype Darstellungsweisen von Neurodiversität, vor allem von Autismus, beziehungsweise ergänzt das Bild vom inselbegabten Individuum im Autismus-Spektrum, das zwar möglicherweise sozial-emotionale Defizite, aber auch erstaunliche und womöglich gesellschaftlich nützliche Fähigkeiten besitzt, um eine neue, ‚ökologische‘ Facette. Novina Göhlsdorf verweist darauf, dass solche Vorstellungen von Autismus als Gabe etwa Ende der 1980er Jahre kulturell zu zirkulieren beginnen, spätestens aber mit Greta Thunberg beziehungsweise ihrer medialen Inszenierung und Diskursivierung zum Mainstream geworden seien – und mehr über die jeweiligen Diskurse, Ängste und Wünsche der Mehrheitsgesellschaft als über das ‚Wesen von Autismus‘ selbst aussagten (vgl. Hutsteiner 2021). Greta Thunberg taucht sowohl bei Craig (Birdgirl), McAnulty (Tagebuch) als auch bei Powers (Erstaunen) auf: Die erstgenannten autobiographischen Texte berichten von kurzen Begegnungen mit ihr, in Powers Roman wird die unschwer als Thunberg zu identifizierende Figur Inga Alder zur Identifikationsfigur für Robin – eine vierzehnjährige Aktivistin mit „ovale[m] Gesicht und […] fest geflochtenen Zöpfen“ (Powers 2021, 142), die sich vor Journalisten für ihr Schulschwänzen mit dem Symbol des brennenden Hauses rechtfertigt (bekannt aus Thunbergs Rede auf dem Weltwirtschaftsforum 2019) und ihren Autismus als „besondere Begabung“ (ebd.) bezeichnet.

Bei aller Ähnlichkeit funktioniert der prothetische Apparat Neurodiversität in den Texten auf je spezifische Weise. Für Komische Vögel wurde bereits herausgestellt, dass die dort inszenierte Affinität des neurodiversen Protagonisten zu Naturbeobachtung und -schreiben letztlich weniger in Aktivismus mündet, als vielmehr in die Faszination für Gentechnologie und die Einsicht in deren ökologische Sinnhaftigkeit. In Craigs Birdgirl ist die autobiographische Erzählerin nicht neurodivers – und die Bipolarität ihrer Mutter wird für das gemeinsame Birding oft genug eher als Problem denn als Chance dargestellt. Für Mya-Roses spätere aktivistische Tätigkeiten hingegen, wie die Gründung der Stiftung Black2Nature für Umweltbildung von „Menschen, die äußerlich erkennbar ethnischen Minderheiten angehören (im Englischen Visible Minority Ethnic People, kurz VME)“ (Craig 2022, 236), werden die mütterlichen manischen Phasen durchaus auch als Gewinn präsentiert: „Mums Manie hat auch eine gute Seite: Sie bringt manches voran und setzt Dinge in Bewegung – Black2Nature zum Beispiel. Mums Tatendrang war von unschätzbarem Wert, um eine Plattform für meine Arbeit zu schaffen.“ (Ebd., 349) Derselbe, über ein normales Maß hinausgehende, mütterliche „Tatendrang“ kommt auch bei der Vogelbeobachtung selbst sowie bei der Planung der Birding-Trips zum Tragen. Nicht nur hierdurch werden Neurodiversität und Birding auf eine Weise analogisiert, dass sie letztlich als Varianten oder Spektrumspositionen ein und desselben Wahrnehmungs- und Handlungsmodus erscheinen – im Text wiederholt auf den Begriff des Nerds gebracht. Schon auf Ebene der Wortwahl werden Neurodiversität und Birding regelmäßig verbunden: Von ‚Obsession‘ ist angesichts der übermäßigen Beharrlichkeit bei jedweder Tätigkeit in manischen Phasen die Rede (vgl. ebd., 166f.), von „obsessiven Gedanken“ (ebd., 111), und mit den gleichen und ähnlichen Begriffen wie ‚Besessenheit‘ oder ‚Verrücktheit‘ wird die „oft missverstandene, oft mit Besessenheit betriebene Freizeitbeschäftigung“ (ebd., 26) des Birding belegt. In ihrer Peergroup bedeutet diese Besessenheit eine Abweichung, die Mya-Rose immer wieder als ‚Nerdiness‘ bezeichnet (vgl. ebd. 235; 291) und in ähnlicher Weise erlebt, wie Dara seine Abweichung von der neurotypischen Normalität der Altersgenossen. Für beide bedeutet die Phase der Adoleszenz also auch, den „Widerwille[n] [zu überwinden], öffentlich zu meinem inneren Nerd zu stehen“ (ebd., 298). Diese Überwindung – und damit die Bejahung von Abweichung – ist auch die Bedingung für Mya-Roses uneingeschränkte Hingabe an ihren Umweltaktivismus, der eben dieser Abweichung als prothetisches Supplement bedarf.

Powers Erstaunen teilt mit Plas Komische Vögel den Wissenschaftsoptimismus, oder – um eine aktuelle politische Leitformel zu bemühen – die ‚Technologieoffenheit‘, hier in Form einer Idealisierung des „Decoded Neurofeedback“ (Powers 2021, 105), einer experimentellen Behandlungsform für Robins ‚Symptome‘. Wie bei McAnulty helfen Naturerleben und -schreiben Robin, gerade so an den Normalitätsrändern der neurotypischen Umwelt zu bestehen. Seine emotionale Reaktion auf den individuellen und kollektiven, destruktiven Umgang mit der nicht-menschlichen Natur, nämlich existenzielle Verzweiflung, Misanthropie, Nihilismus und Aggressionsausbrüche, sind inkompatibel mit den institutionellen Strukturen der Schule. Um einen Schulverweis zu vermeiden, muss Theo Robin medizinisch therapieren lassen – entscheidet sich aber gerade nicht für die traditionellen Institutionen der klinischen Psychiatrie und „Pharmaindustrie“ (ebd., 116), sondern für die experimentellen Neurowissenschaften. Die Therapie (KI-gestützte Beeinflussung der Hirnaktivität durch Reize auf Basis von Hirnscans anderer Personen, „die durch Meditation ein hohes Maß an Gelassenheit erreicht haben“ [ebd., 119]) schlägt zunächst an und macht Robin ausgeglichener. In dieser Phase sieht Robin die erwähnte Inga Alder in den Nachrichten, erkennt sich in ihr wieder und wird davon zu eigenen Protestaktionen inspiriert. Damit ist die Konstruktion einer prothetischen Autismusfigur als „idealer Mensch der Gegenwart“ (Hutsteiner 2021) aber noch nicht vollendet. Robins Faszination für Alder wird von Theo eher gequält zur Kenntnis genommen, ihr Engagement als naiv gekennzeichnet: „Wir ließen Fernsehberichte über uns ergehen, in denen sie treuherzige Allgemeinplätze vorbrachte, als seien es hochwichtige Enthüllungen.“ (Powers 2021, 143) Robin selbst verfällt nach einer desillusionierenden Protestaktion am Kapitol wieder in schwere Depression (vgl. ebd., 161). Zu einer nachhaltigen „Heilung“ (ebd.), ja Optimierung, kommt es erst, nachdem Robin mit einem Hirnscan seiner verstorbenen Mutter ‚trainiert‘ wird – einer Frau, die in Theos Erinnerungen als Ausnahmegestalt gezeichnet wird: erfolgreich als Juristin im Tierschutz tätig, schier übermenschlich belastbar, intelligent und vor allem durch außergewöhnliche, supernormale Begeisterungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen bei jedermann beliebt. Von diesem Moment an wird Robin vollends zu einer Art Heiligen von supernormaler Gelassenheit und positiver Weltzuwendung stilisiert, der seine Scheu vor anderen Menschen verliert und in der Lage ist, jedem und jeder seine Begeisterung für die Natur zu vermitteln. Nach einer Fernsehsendung über die erfolgreiche Behandlung meistert er (im Gegensatz zum besorgten Vater und übrigens auch im Gegensatz zu den autobiographischen ErzählerInnen Dara und Mya-Rose in Tagebuch und Birdgirl) mühelos die darauffolgende Aufmerksamkeit der sozialen Medien und scheint mit ihnen ein Medium für seine Mission zu finden. Sein Gemütszustand wird in mystisch-religiöser Terminologie charakterisiert (zum Beispiel: „Robbie […] schaut sie an mit jener allumfassenden Liebe, die er damals für jeden empfand […]. Man hat den Eindruck, sein Gesicht leuchtet von innen.“ [Ebd., 227]), und noch auf die banalste Frage antwortet er mit einer Lebensweisheit: „Eine Frau […] sprach Robbie an. ‚Das ist von dir? Du hast das ganz allein gemacht?‘ Keiner macht je etwas ganz allein.“ (Ebd., 255) Nicht ‚der Autist‘ per se verkörpert hier also die ökologisch optimale Seinsweise – sondern der neurotechnisch optimierte, mit sozialer und emotionaler Hochbegabung supplementierte. Mittels einer Figur der Behinderung werden also vor allem Fragen des ‚richtigen‘ Umweltengagements, der Rolle der Technowissenschaften und wissenschaftspolitische Fragen literarisch verhandelt. Dass es vor allem um letztere geht, und der Roman als Zentralproblem der Gegenwart die ‚Wissenschaftsfeindlichkeit‘ gegenwärtiger autoritärer Politik identifiziert, zeigt das Romanende: Diegetisches Setting der Kernhandlung bildet ein Amerika, das relativ deutlich als dasjenige unter Donald Trumps Präsidentschaft erkennbar ist und in dem konservativ-reaktionäre Kräfte den Naturwissenschaften zunehmend Steine in den Weg legen. Zunächst werden die Forschungsgelder des astrobiologischen Programms gestrichen, in dem Theo arbeitet, und schließlich das Projekt verboten, in dem Robin ‚trainiert‘ wird (vgl. ebd., 269-272). Robins Zustand verschlechtert sich daraufhin rapide: „Dad. Ich entwickle mich zurück. Das spüre ich“ (ebd., 279); seine Verzweiflung kehrt zurück und Vater und Sohn sind wieder auf den gelegentlichen therapeutischen Rückzug in die Wälder angewiesen, wo Robin beim Versuch, touristische Spuren im eiskalten Bergbach zu beseitigen, stirbt – und damit zum Umweltmärtyrer wird.

Powers’ Roman zeigt am deutlichsten ein Problem, das mit der Stereotypie neurodiverser Figuren im Kontext der Frage nach den Möglichkeiten von ökologisch orientiertem gesellschaftlichem Wandel einhergeht. Die enge Bindung von Nature Writing-typischen Wahrnehmungsmodi und konsistentem Umwelthandeln an kindliche und jugendliche Neurodiversität hat auch den Effekt einer Entlastung neurotypischer (und erwachsener) Subjektivität – insbesondere bei einer so massiven Idealisierung wie bei Powers. Auf einen ähnlichen Mechanismus hat Gabriele von Glasenapp in Bezug auf aktuelle Future-Fiction-Romane und Dystopien, u.a. Ökothriller, für Kinder und Jugendliche aufmerksam gemacht. Diese räumen in der Regel den jugendlichen Figuren „die Möglichkeit ein[], diese versehrte Welt aus eigener Kraft ein wenig zu verbessern“ (vgl. Glasenapp 2012, 13), reaktivieren dabei ein utopisches Kindheitsbild und einen „alte[n] Menschheitstraum“ – der freilich auch die „imaginierte Veränderbarkeit“ ins Utopische verlegt und/oder an die junge Generation delegiert.

Dass dieser – wiederum prothetische – Mechanismus der entlastenden Delegierung durchaus als Zumutung gesehen werden kann, reflektiert besonders McAnulty in Tagebuch eines jungen Naturforschers – wenn auch nicht in Bezug auf Neurodiversität, aber in puncto Kindheit und Jugend:

Bei diesen Treffen […] sagen mir wohlmeinende Menschen immer, ich hätte sie inspiriert. Meine Tweets würden ihnen den Tag verschönern. […] [M]anche reden von mir sogar als ‚großartigem Vorbild für junge Menschen‘. Ich hasse das alles. […]. Das ist mir echt unangenehm, denn warum helfen sie nicht einfach ihren Kindern, Enkeln, Nichten und Neffen, auch mitzumachen? Dasselbe zu machen. Den Fokus von mir wegzunehmen. (McAnulty 2021, 125)

Dara ist sich sehr bewusst, dass die Verantwortung zur Veränderung eigentlich in anderen Händen liegt („Die Erwachsenen [..] loben unsere Aktionen […] – während sie selbst was tun?“ [ebd., 225f.]) und das ‚Bild dessen, wofür er steht‘ (vgl. ebd., 177) allzu häufig schlicht „benutz[t]“ (ebd.) wird. Zu diesem Bild gehört auch seine Neurodiversität – und sein Tagebuch zeigt, dass prothetische Instrumentalisierung nicht unbedingt vom Text selbst vollzogen wird, sondern auch in der Rezeptionsweise verortet sein kann: So ist der Text in puncto Neurodiversität durchaus um Dekategorisierung und die Konstruktion eines ‚Wir‘ im Sinne eines Spektrums von Normvarianten (vgl. Leiß 2022, 85) bemüht – etwa wenn das Stimming (selbst stimulierendes Verhalten) normalisiert wird: „Das ist nicht verrückt. Nur anders. […] Wahrscheinlich macht ihr auch Stimming, ohne es zu wissen. Habt ihr schon mal eure Nägel gekaut? […] Vielleicht sind wir doch nicht ganz so verschieden“ (McAnulty 2021, 206). Bestimmte Rezensionen tendieren hingegen dazu, Daras Exzeptionalität zu betonen und das genannte, medial mit Greta Thunberg verknüpfte Bild des Autisten als Ideal und gleichzeitig faszinierend Anderes zu reproduzieren. Der Deutschlandfunk etwa empfiehlt unter Susanne Billigs Rezension in der Rubrik „Mehr zum Thema“ als erstes ein Feature mit dem Titel „Die politische Kraft des Autismus“ – bebildert mit einem Thunberg-Porträt. Billig selbst überschreibt ihre Rezension mit „Schillerndes Zeugnis eines Menschen, der zu viel fühlt“ (Billig 2021) und betont damit zum einen die Nicht-Normalität (‚zu viel‘), die zudem durch das Adjektiv ‚schillernd‘ mit Opazität konnotiert wird (eine schillernde Persönlichkeit beispielsweise ist auch eine zwiespältige, schwer durchschaubare). Zum anderen wird die Begegnung zwischen Thunberg und McAnulty als Schlüsselszene des Textes inszeniert:

Im Drehbuchschreiben nennt man es die „obligatorische Szene“ – die Szene, von der die Zuschauenden schon am Anfang des Filmes spürt [sic], dass sie wird vorkommen müssen. Greta Thunberg und Dara nehmen Kontakt zueinander auf. Erst folgen sie sich auf Twitter, dann kommt es zu einem Austausch – einer kurzen, fast wortlosen Verständigung. (ebd.)

Man „spürt“, dass sie kommen wird – die Numinosität dieser Ahnung korreliert mit der im Titel konnotierten Rätselhaftigkeit, und auch der „Austausch“ von Thunberg und McAnulty wird durch die Paraphrase ‚fast wortlose Verständigung‘ verrätselt beziehungsweise latent verklärt als außergewöhnlichen, anderen Logiken folgend. Der Duktus dieser Darstellung reibt sich in frappierender Weise mit der Darstellung in McAnultys Text selbst. Da sich um eine Begegnung auf Twitter handelt, kann sie allein deswegen schwerlich ‚wortlos‘ sein, und anders als in Passagen, wo der Text durchaus Poetizität aufweist, heißt es hier wesentlich lapidarer:

Auf Twitter habe ich Greta Thunberg kennengelernt (wir folgen uns schon eine ganze Weile), genau, die Greta, die sich statt in den Unterricht vor das Schwedische Parlament gesetzt hat, um für mehr Klimaschutz zu streiken. Sie ist etwas älter als ich und bekam einen riesigen Platz in den Medien. Das ist großartig, aufregend und gibt Kraft. (McAnulty 2021, 167)

Hier werden keine geteilten Eigenschaften als Grundlage einer besonderen Verständigung inszeniert, vielmehr werden Unterschiede hervorgehoben: nicht nur im Alter, sondern auch im Grad der Prominenz. Daher ist auch der Inhalt des Austauschs nicht von Belang – es geht hier lediglich um die motivierende Kraft der Begegnung eines Teenagers mit einer Prominenten. Auch wenn Billig nicht explizit die Rolle von Thunbergs und McAnultys Autismus für die Einschätzung der Szene als Schlüsselszene nennt: Die skizzierten Verfahren inszenieren und privilegieren eine geteilte Nicht-Normalität – obwohl eine Reihe anderer Begegnungen hätten erwähnt werden können, die McAnulty als wesentlich prägender inszeniert (etwa die Kontakte zu den WissenschaftlerInnen der Nordirischen Raubvogel-Forschungsgemeinschaft [ebd., 67-84], zu Chris Packham [ebd., 110] oder zum Nature Writer Robert MacFarlane [ebd., 160]).

Ein letztes Problem der Indienstnahme von Neurodiversität als ökologische Prothese soll abschließend hervorgehoben werden: Wie erwähnt, betonen Mitchell und Snyder, dass die kulturelle Zirkulation relativ stereotyper, symbolisch instrumentalisierter und Mängel der Mehrheitskultur kompensierender Figuren der Behinderung auf Kosten der sozialen Sichtbarkeit gehen. Verhindert werde so die Problematisierung der gesellschaftlichen Marginalisierung von Menschen mit Behinderung (vgl. Mitchell / Snyder 2020, 52; 55). Für die Stellung von Behinderung im Allgemeinen und Neurodiversität im Besonderen in Umwelt- und Klimawandeldiskurs gilt dies ebenso: Disability Studies und Ecocriticism haben bislang so wenig Kenntnis voneinander genommen wie die Behinderten- und die Klimaschutzbewegung. In jüngster Zeit ändert sich Letzteres, und die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung findet unter dem Schlagwort ‚Ökoableismus‘ Eingang in die Environmental Justice-Bewegung.[vii] Adressiert werden dabei eine Vielzahl an Benachteiligungen (auch intersektionaler), denen Menschen mit Behinderung durch Klimawandel und Klimapolitik ausgesetzt sind: Nicht nur sind sie in besonderem Maße von den Auswirkungen der Klimaerwärmung betroffen (etwa weil der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Behinderung im globalen Süden  prozentual höher ist), sie werden auch bei Anpassungs- und Schutzmaßnahmen selten mitgedacht, wie sich etwa an der mangelhaften Barrierefreiheit von Warnsystemen zeigen lässt (vgl. Schöne / Graumann 2022). Obwohl Craig in Birdgirl die Benachteiligung des globalen Südens, die Unterrepräsentation von People of Colour beziehungsweise Visible Minority Ethnic People thematisiert und ihr Umweltengagement hierauf fokussiert, wird Ökoableismus weder hier noch in den anderen drei Texten – geschweige denn in der massenmedialen Diskursivierung von Neurodiversität und Natur – zum Thema. Lediglich einmal, gegen Ende des Textes, fragt Mya-Rose nach der biografisch-sozialen Erfahrungsdimension ihrer Mutter, um den Aspekt sogleich wieder zu verdrängen: „Mum sagte, […] [i]ch solle jede Gelegenheit nutzen, etwas zu tun, zu lernen, zu sagen. War da eine gewisse Traurigkeit in ihrer Stimme? War ihr wegen ihrer Krankheit eine aktivere Rolle im Leben versagt geblieben? Das sagte sie nicht, ich fragte auch nicht nach. Die Antwort wäre vielleicht schwer zu ertragen gewesen. Wir gingen weiter“ (Craig 2022, 382).

 

Primärliteratur

Craig, Mya-Rose: Birdgirl. Meine Familie, die Natur und ich. Aus dem Englischen von Andrea Fischer. Frankfurt a.M. 2022 [2022].

McAnulty, Dara: Tagebuch eines jungen Naturforschers. Aus dem Englischen von Andreas Jandl. München 2021 [2020].

Pla, Sally J.: Komische Vögel. 2.500 Meilen Familie, Chaos und jede Menge Chicken Nuggets, Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck. München 2023 [2017].

Powers, Richard: Erstaunen. Aus dem amerikan. Englisch von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Frankfurt a.M. 2021 [2021].

Literatur

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Billig, Susanne (2021): „Schillerndes Zeugnis eines Menschen, der zu viel fühlt“. In: Deutschlandfunkt Kultur, 13.10.2021. url: https://www.deutschlandfunkkultur.de/dara-mcanulty-tagebuch-eines-jungen-naturforschers-100.html [Abruf am 16.07.2023].

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Detering, Heinrich (2020a): „Was heißt Ecocriticism? Theoretische Fragen und deutsche Debatten“. In: Gegenwartsliteratur. Ein germanistisches Jahrbuch. Schwerpunkt Ecocriticism/Environmental Humanities 19, S. 23-46.

Detering, Heinrich (2020b): Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie in der Literatur von Haller bis Humboldt. Göttingen 2020.

Foucault, Michel (2004 [2001]): Die Hermeneutik des Subjekts. Vorlesungen am Collège de Franc (1981/82). Aus dem Französischen von Ulrike Bokelmann. Frankfurt a.M.

Glasenapp, Gabriele von (2012): „Apokalypse now! Future-Fiction-Romane und Dystopien für junge LeserInnen“. In: https://www.uni-frankfurt.de/55285623/GlasenappBeitrag1.pdf [Abruf am 16.07.2023].

Glasenapp, Gabriele von / Weinkauff, Gina (2010): Kinder- und Jugendliteratur. 3. Aufl. Paderborn.

Goldstein, Jürgen (2019): Naturerscheinungen. Die Sprachlandschaften des Nature Writing. Berlin.

Hutsteiner, Ruth (2021): „Der Autist als idealer Mensch der Gegenwart“. In: scienceorf.at, 06.01.2021. url: https://science.orf.at/stories/3200889/ [Abruf am 16.07.2023].

Leiß, Judith (2020): „Diversitätsorientierung als Prinzip inklusiven Unterrichts: Konkretisierung am Beispiel Autismus in zwei literaturdidaktischen Problemzusammenhängen“. In: Dannecker, Wiebke / Schindler, Kirsten (Hg.): Diversitätsorientierte Deutschdidaktik. Theoretisch-konzeptionelle Fundierung und Perspektiven für empirisches Arbeiten. Bochum, S. 84-102. https://www.doi.org/10.46586/SLLD.223 [Abruf am 16.7.2023].

Mabey, Richard (2018 [2007]): Die Heilkraft der Natur. Aus dem Englischen von Claudia Arlinghaus et al. Berlin.

Malkmus, Bernhard (2020): „‚Die Poesie der Erde ist nie tot‘ Robert Macfarlane gibt Landschaften ihre Sprache zurück“. In: Neue Rundschau 213. H. 1, S. 18-26.

Mitchell, David T. / Snyder, Sharon L. (2000): Narrative Prosthesis. Disability and the Dependencies of Discourse. Michigan.

Schöne, Andrea Corinna / Graumann, Sigrid (2022): „Klima(wandel) und Behinderung“. In: Vortragsreihe Dis/Ability der Gegenwart und der Zukunft – Perspektiven der Behindertenbewegung und der Disability Studies. url: https://www.s-inn.net/veranstaltungen/disability-der-gegenwart-und-der-zukunft [Abruf am 16.07.2023].

Thiemann, Jule (2022): „Natur- und Selbstbeobachtung im Tagebuch. Dara McAnultys Diary of a Yong Naturalist“. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung, S. 154-164.

Virant, Špela (2019): „Road Novel. Zur gattungstheoretischen Begriffsbestimmung“. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 49, S. 633-651.  

Anmerkungen

[i] Ökobiografien inszenieren „eine untrennbare Verwobenheit von Selbst (Ego) und Umwelt (Eco) […], mit einem Fokus auf lokale Landschaften“ (Thiemann 2022, S. 158).

[ii]Neuronovel‘ oder ‚neuronarrative‘ bezeichnet – im weitesten Sinn – „a work of fiction that has cognitive science as a, or the, main theme“ (Antolin 2021, S. 1).

[iii] In der hergebrachten Triade von körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung des sozialrechtlichen Diskurses ist hiermit die seelische oder psychische Behinderung bzw. Krankheit bezeichnet, wobei ‚Neurodiversität‘ einen dekategorisierenden bzw. flexibel-normalistischen Anspruch beinhaltet.

[iv] Exemplarisch für diesen Strang des Nature Writing können genannt werden: Mabey, Richard: Die Heilkraft der Natur. Aus dem Englischen von Claudia Arlinghaus et al. Berlin 2018 [2007]; Macdonald, Helen: H wie Habicht. Aus dem Englischen von Ulrike Kretschmer. Berlin 2016 [2014]; Norbury, Catherine: The Fish Ladder. A Journey Upstream. London 2016.

[v] Vgl. die Verf.: „Nature Writing – (k)eine Gattung für Kinder und Jugendliche? Bemerkungen zu Genreemergenz und -transformation“. In:  Jahrbuch der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung (2023) (im Erscheinen).

[vi] Die dominanten Kritiklinien zeichnen Kate Oakley, Jonathan Ward und Christie (2017) nach.

[vii] In den USA formieren sich unter dem Schlagwort ‚birdability‘ auch in der Birding-Szene inklusionsorientierte Initiativen (vgl. Birdability).

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen