Plattitüden und Banalitäten für jeden Tag

Ein Abreißkalender bietet die nichtssagendsten Stellen aus den Werken großer Vordenker

Von Redaktion literaturkritik.deRSS-Newsfeed neuer Artikel von Redaktion literaturkritik.de

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Weder vor Krisen noch vor Kriegen oder dem Klimakollaps hat uns die seit Jahrhunderten gepflegte Praxis, schlaue Gedanken zu zitieren, bewahren können. Der Kalender der total banalen Weisheiten zieht hieraus die Konsequenzen und passt sich einer notorisch lernunfähigen Spezies an. Die in ihm versammelten Zitate sind keine pfiffigen Weisheiten, sondern Banalitäten. Zu Belanglosigkeiten aus dem Munde Prominenter gesellen sich Textstellen aus klassischer Literatur, die enthüllen, wie wenig uns die alten Meister zu sagen haben, wenn wir nur willens sind, sie oberflächlich genug zu lesen.

Der Kalender schreibt sich damit in die Tradition des Abreißkalenders mit Spruchweisheiten für jeden Tag ein, der typischerweise wuchtige Sentenzen aus dem Munde ,alter weißer Männer‘ bzw. kanonisierter Stimmen aus Philosophie, Literatur und Politik versammelt, verweigert sich aber der Praxis, komplexe Werke auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene ,weise‘ Aussprüche zu reduzieren.

Im Kalender der total banalen Weisheiten sind berühmte Dichter wie Stefan Zweig („Nichts geschah.“) und Friedrich Schiller („Heisa, juchheia! Dudeldumdei!“) ebenso vertreten wie Peter Sloterdijk („Sobald etwas quer ist, ist es ja eigentlich mehr breit als hoch.“) und Richard David Precht („Ich glaube, wenn man das umsetzen würde, was ich mache, das ja viel, viel besser für die Leute wär.“), der eine ganze Woche lang zu Wort kommt. Auch YouTuberinnen, Koryphäen der Wissenschaft, bekannte Schauspieler und der Bundespräsident sind mit dabei.

Damit richtet sich der Kalender einerseits an Menschen, die für einen ironischen Umgang mit den Klassikern eintreten; andererseits auch an alle, die auf die klassische Frage des Literaturunterrichts, „Was wollte uns der Dichter damit sagen?“, antworten: Vielleicht gar nichts.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeitern der Zeitschrift, Angehörigen der eigenen Universität oder aus dem Verlag LiteraturWissenschaft.de. Diese Bücher können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Wieland Schwanebeck: Total banale Weisheiten für jeden Tag. Die Kunst, mit Worten nichts zu sagen.
Ars Edition, München 2023.
640 Seiten ,
ISBN-13: 4014489129790

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch