„nachts / sprechen wir von teheran / und halten uns fest“
Hamid Tafazolis und Rolf Stolz` kleine Erinnerung an SAID „Sprachland Liebesland“
Von Klaus Hübner
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDer liebenswürdige Gentleman mit dem durchdringenden Blick und dem gepflegten Bart, der sich SAID nannte, war ein großer und in seiner Vielschichtigkeit noch längst nicht entdeckter Dichter deutscher Sprache. 1947 in Teheran geboren und schon im Alter von 17 Jahren nach Deutschland gekommen, lebte er – nach einigem Hin und Her – viele Jahre lang im Münchner Stadtteil Giesing. Dort ist er im Mai 2021 auch gestorben. Eine instruktive Übersicht über sein Leben und sein Werk haben Hamid Tafazoli und Rolf Stolz mit ihrer Einleitung zum unten angezeigten Büchlein verfasst. „Was SAID als Schönheit der Literatur auffasst, verarbeitet er in seinen vielschichtigen und symbolisch reichhaltigen Gedichten. In der Liebeslyrik kulminiert diese Schönheit“. Ob die Liebe für SAID „auch ein Refugium vor der soziopolitischen Resignation“ bedeutet hat, sei dahingestellt. Dass die Liebesgedichte – schon früh erschien im Peter Kirchheim Verlag ein Band dieses Titels – das Zentrum seines literarischen Schreibens bilden, ist wohl unstrittig und wird auch durch seinen letzten Gedichtband beglaubigt: september in varna (2019). Doch SAID hat immer auch Prosa geschrieben. Am Schluss von Sprachland Liebesland erfährt man: „2021 schickte er uns noch einen (erotischen) Roman zur Veröffentlichung in der Zukunft“.
Klar ist, dass die politischen Ereignisse der 1970er-Jahre, vor allem die weltweite Studentenbewegung und der Sturz des Pahlavi-Regimes im Iran – mit den bekannten Folgen – starken Einfluss auf SAID hatten. Man kann das in Der lange Arm der Mullahs. Notizen aus meinem Exil (1995) nachlesen, und eines seiner Hörspiele heißt Ich und der Schah. Die Beichte des Ayatollah (1987). Er hat sich zeitlebens für politisch Verfolgte eingesetzt, und zwei Jahre lang war er sogar Vorsitzender des deutschen PEN. Doch seine Gedichte und seine Prosa – immer noch sehr zu Unrecht unterschätzt wird zum Beispiel der Kurzroman parlando mit le phung (2013) –, seine Hörspiele und Kinderbücher sind die eines Poeten, nicht die eines Politikers. „Den Tod überschreiben, ihn überwinden durch die von der Liebe be-, ja gestimmte Sprache, das war das Movens all seiner Sätze“, fasst Matthias Buth zusammen. Sprachland Liebesland liefert erste Ansätze zu einer noch ausstehenden umfassenden Würdigung des Münchner Sprachzauberers. Bis dahin: SAID lesen!
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