Geld soll nicht mehr die Welt regieren

Der Schweizer Autor Michael Stauffer erfindet die „Glückspilzbank“, an der sich Vermögen auflösen

Von Rainer RönschRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rainer Rönsch

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Geld regiert die Welt!“ Mikka Vihuri-Rikkula, Schweizerin mit finnischen Wurzeln, sucht nach einem Weg, diesen Spruch außer Kraft zu setzen. Ihr Freund Alexander hingegen liegt stundenlang am Pool seines durch Börsenspekulationen reichgewordenen Onkels. Mikka misstraut dem Onkel, der angeblich „die Aktienkurse hören“ kann, und sagt dessen Scheitern voraus.

Andreas ist ein Verkaufstalent und wird zum Betreuer schwerreicher Kunden der „Debit Bank Swiss“. Er glaubt an ein geniales Handelssystem des Onkels, der jedoch 250.000 Franken eines Freundes verspekuliert. Der Geschädigte bringt seine Familie und sich selbst um; auch der Onkel stirbt, vielleicht „von seinem eigenen Unterbewusstsein getötet“. Andreas will es besser machen, und Mikka mit ihren mathematischen Fähigkeiten soll ihm helfen.

Sie studiert Volkswirtschaft bei Professorin E., die ihren Studenten die katastrophalen Folgen verfehlter Finanzpolitik nahebringt. Über den chinesischen Parteichef Xi Jinping äußert sie sich so, dass sie niemals nach China reisen sollte.

Alexanders wiederholte Aufforderung, Mikka möge an der Börse aktiv werden, stößt auf ein konsequentes: „Nein danke!“ Nun dichtet der Autor seiner Hauptfigur die Fähigkeit an, in Alexanders Gedanken zu gelangen. Irgendwie sollen ihre magischen Kräfte, die einen Teppich dazu bringen, Leute in die Höhe zu schleudern, ihrer finnischen Herkunft geschuldet sein. Das ist reichlich vage. Ähnliches gilt für die Professorin, die auf unerklärte Weise jene Visionen sieht, die Mikka von ihr hat. Auch werden gymnastische Übungen empfohlen, die man nach einiger Zeit nur noch in Gedanken ausführen muss. Besser zum Thema passt der Vorschlag, einen Lehrstuhl für „kreatives Schrumpfen“ zu gründen. Eine matte Szene mit der Professorin in einer Dreifachrolle als Anlageberaterin, Anklägerin und Richterin könnte ohne Verlust entfallen.

Als Alexander mit einem halblegalen Insidertrade sechzehn Millionen Franken verdient hat, gründet Mikka die „Onnepekka Pankki“, deutsch: „Glückspilzbank“, als Alleinbesitzerin und mit Alexander als Entwicklungschef. Hier sollen superreiche Kunden ihr Guthaben und sich selbst in Luft auflösen. Das gelingt – ein erster Kunde verschwindet ebenso wie die leitenden Mitarbeiter großer Fondsanbieter und die von ihnen verwalteten Vermögen. Polizei und Geheimdienste finden keine Spur. Mikka flieht in die USA, wo ihr die Geister früherer Zeiten ebenso helfen werden wie Felsen, Fluss und Wind.

Der schöne poetische Schluss und einige spannende Szenen trösten nicht über eine Schwäche des Romans hinweg. Die Zauberkraft, dank derer Ultrareiche ihr Geld und sich selbst auflösen, wird einfach vorausgesetzt. Tolle Einfälle in einer Groteske müssen nicht glaubhaft sein, aber mehr erzählerische Begründung wäre zu wünschen.

Titelbild

Michael Stauffer: Glückspilzbank.
Atlantis Verlag in der Kampa Verlag AG, Stolberg 2023.
176 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783715250298

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