Multimedial und interaktiv
Das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt zeigt, wie man eine Kulturepoche museal erfahrbar machen kann
Von Jonas Heß
Wer literarische Werke in einem Museum präsentieren möchte, steht vor der Frage: Wie lassen sich Texte auf ansprechende und zugleich informative Weise vermitteln? Lediglich aufgeschlagene Bücher in eine Vitrine zu legen, kann heute nicht (mehr) die Antwort sein. Zu wenig visuell gefällig, zu textzentriert – ein Gang in die Bibliothek könnte eine solche Präsentation mithin ersetzen. Selbst Autografen und Manuskriptseiten auszustellen, reizt die musealen Möglichkeiten wie auch das Interesse des Publikums nicht zur Gänze aus. Kreative Lösungen sind gefragt.
Das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt hat diese für seine Dauerausstellung zur Romantik gefunden. Zwar war man in der Situation, nicht nur Literatur, sondern insbesondere auch Gemälde der Epoche ausstellen zu können. Nichtsdestoweniger werden aber auch zahlreiche literarische Exponate zugänglich gemacht, für deren Präsentation abwechslungsreiche und schöne Formate konzipiert wurden. Auf mehreren Stockwerken werden so neben Gemälden von Caspar David Friedrich und anderen Kunstschaffenden der Zeit zahlreiche literarische Zeugnisse, vor allem Manuskripte und Briefe erfahrbar.
Natürlich gibt es auch Bücher in Vitrinen und Zitate an der Wand. Doch das sind nur wenige unter vielen Kontaktarten mit den literarischen Exponaten. Jeder Raum ist unterschiedlich konzeptioniert, arbeitet mit anderen Farbtönen und Einrichtungen. Eine Art innenarchitektonisches Leitmotiv bildet eine Lesepult-Schreibtisch-Kombination, in deren Pult- und Schubladen Manuskripte hinter Glas entdeckt werden können. Andere Texte wiederum werden auditiv vermittelt. Ein Handschriftenstudio lädt zum Vergleich von Autografen ein.
Dazu kommen Stationen, an denen Besucher und Besucherinnen selbst tätig werden können. Eine interaktive Landkarte (die auch online abrufbar ist) auf einem großen Touchscreen lässt die Reiserouten bekannter Persönlichkeiten der Epoche quer durch Europa und damit auch das Maß an Vernetzung und Austausch unter ihnen nachvollziehbar werden. An einer anderen Station können Besuchende sich selbst an der Übersetzung eines literarischen Texts probieren. Die Ergebnisse lassen sich ausdrucken und an einer Wand anbringen, sodass man partizipativ die Gestalt der Ausstellung verändern kann und bei jedem Besuch an dieser Stelle anderes zu sehen ist.
Man merkt, dass hier Arbeit investiert wurde, moderne Wege der Vermittlung von Literatur (und anderen Kunstwerken) zu finden. Die verschiedenen Ergebnisse funktionieren erstaunlich gut und sind zugleich kurzweilig. Darüber hinaus kann man sich an dem Museumsgebäude an sich erfreuen, das auf Betreiben des Freien Deutschen Hochstifts (welches auch das Romantik-Museum betreut) direkt neben dem Goethe-Haus neu entstanden ist. Eines der aufregendsten Elemente des Baus ist sicherlich die – natürlich blaue – Himmelstreppe, die durch eine optische Täuschung schier endlos wirkt und die verschiedenen Etagen der Ausstellung in gewisser Weise auch programmatisch miteinander verknüpft.
Ein Besuch lohnt sich deshalb gleich in mehrerer Hinsicht. Ein noch größeres Glück daher, dass das Projekt überhaupt erfolgreich zum Abschluss gebracht worden ist. Der Bau hatte sich zuvor um Jahre verzögert: Beteiligte Bauunternehmen meldeten Insolvenz an – die Stadt Frankfurt die finanzielle Unterstützung überraschend ab. Man darf privaten Spendern dankbar sein, dass Museum und Ausstellung heute der Öffentlichkeit offen stehen.
Eröffnet wurde das Deutsche Romantik-Museum bereits 2021. Dennoch war der Besuch in diesem Jahr ein persönliches kulturelles Highlight.