Ein vielgezeichnetes Leben
Ermal Meta gelingt mit „Morgen und für immer“ ein Kunstwerk
Von Stefanie Steible
Morgen und für immer, ein Titel, der vieles erhoffen lässt und noch mehr hält. Über mehrere Jahrzehnte, Stationen, Epochen, Länder und Lieben hinweg erzählt Ermal Meta mit viel Leidenschaft und dennoch stets authentisch die Geschichte eines in die albanischen Wirren des 2. Weltkrieges Hineingeborenen.
Der junge Kajan lebt zunächst in Ruhe mit seinem Großvater unbescholten von den Kriegsereignissen, die schließlich aber für die kleine Familie zur realen Gefahr werden als ein deutscher Deserteur in ihrem Garten auftaucht. Dieser bringt Kajan nicht nur die deutsche Sprache bei, sondern erteilt dem talentierten Kind auch Klavierunterricht, der ihn später zu einem weltweit gefeierten Pianisten machen wird. Die Gefahr, derer sich der Großvater durch die Aufnahme des Deutschen aussetzt, wird er später mit dem Leben bezahlen, und Kajan muss lernen, dass das Schicksal ihm für sein Leben lang ein grausamer Begleiter bleiben wird.
Doch er lernt auch, dies in die Interpretationen seiner Stücke am Klavier einfließen zu lassen. Nach der Befreiung von den deutschen Imperialisten fällt das Land, in dem er aufgewachsen ist, unter eine rigide kommunistische Herrschaft und Kajan erfährt auf bittere Art und Weise, dass das Regime mehr zählt als der eigene Wille. So verbietet ihm seine eigene Mutter die Liebe zu einem Mädchen, das er am Konservatorium kennenlernt und für die er bereit wäre, zu sterben, wie er es an mehreren Stellen formuliert. Schließlich verliert er sie aus den Augen und wird erst am Ende seines Lebens erfahren, welche Geschichte sie erlebt hat.
Aufgrund seines Talents und trotz einiger aus Sicht der Kommunisten bestehender Schandflecke innerhalb von Kajans Familie, wird er schließlich gemeinsam mit anderen Ostblock-Musikern nach Ost-Berlin eingeladen. Dort trifft er Dana, eine Cellistin aus Rumänien, die sich zunächst in ihn verliebt und dann auch andersherum. Sie sagt, dass er seltsam sei, und sie Musiker eigentlich immer erkenne, aber sich bei ihm geirrt habe: „Ein Musiker sieht aus wie jemand, der etwas in sich sucht, aber du hast die Augen von jemandem, der etwas außerhalb sucht.“
Während er zum gefeierten Star aufsteigt und ihm eine grandiose Rückkehr nach Albanien in Aussicht steht, gerät er in die Fänge des Ost-West-Konfliktes und wird zur gesteuerten Marionette, die ihn schließlich bis nach New Orleans treibt. In den USA entwickelt er sich nicht nur zu einem der besten Jazzmusiker des Landes, sondern trifft auch unerwartet Dana wieder.
Wir können hier eine Lebensgeschichte lesen, die unwirklich erscheint, schön und schrecklich, einfühlsam und grauenvoll gleichermaßen ist. Doch an vielen Stellen rührt sie einfach nur zu Tränen. Der Autor vermag die ganze Bandbreite, die der Ost-West-Konflikt beinhaltete, aufzuzeigen. Ein wahres Meisterwerk ist ihm da gelungen, das Freude macht zu lesen und die Erinnerung an die eigene Kindheit, die Chancen und Möglichkeiten des Lebens, egal welcher Herkunft der Leser ist, hervorzurufen vermag.
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