Literarische Begleiter für das Jahr 2025
Literaturkalender als Inspiration für alle Bücherliebhaber
Von Manfred Orlick
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseWer in den letzten Wochen eine Buchhandlung betrat, wurde meist schon im Eingangsbereich von einer wahren Kalenderflut begrüßt. Die ersten Wandkalender tauchen ja bereits im Frühjahr auf, lange bevor Lebkuchen und Spekulatius in den Regalen der Supermärkte zu finden sind. In diesem fast unüberschaubaren Angebot behaupten sich die klassischen Literaturkalender jedoch tapfer. Im Vergleich mit vielen trendigen Kalendern können sie teilweise mit einer langen Tradition punkten und von treuen Liebhabern sind sie längst zu Sammlerobjekten geworden.
Der wohl dienstälteste deutschsprachige Literaturkalender ist der Aufbau-Literaturkalender, mit dessen 2025-Ausgabe bereits der 58. Jahrgang vorliegt. Den Arche-Literaturkalender gibt es seit 1985; er feiert also 2025 sein 40-jähriges Jubiläum. Der Literaturkalender des Verlages Edition Momente startete dagegen erst 2019. Alle drei Wandkalender sind mit ihrer Vielfalt neben der klassischen auch der zeitgenössischen Literatur verpflichtet.
Das Titelblatt des Aufbau-Kalenders ist der Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933-1973) gewidmet, deren Werke im Vorjahr zu ihrem 50. Todestag im Verlag neu erschienen sind. Der Schwerpunkt des Kalenders liegt auf der Vorstellung von internationalen Schriftsteller*innen, die bisher der deutschen Leserschaft eher unbekannt waren – z.B. die kenianische Schriftstellerin Yvonne Adhiambo Owuor (Jg. 1968), die US-amerikanische Historikerin und Aktivistin Rebecca Solnit (Jg. 1961) oder die irische Schriftstellerin Edna O’Brien (Jg. 1930). Überhaupt ist der Kalender sehr feminin ausgerichtet.
Das Titelblatt des Arche-Literaturkalenders macht mit einem Foto der Nobelpreisträgerin Herta Müller und des chinesischen Schriftstellers Liao Yiwu bereits auf das Thema „Zusammen oder allein“ aufmerksam. Neben bekannten Autor*innen (wie J.W. Goethe, William Faulkner, Federico Garcia Lorca, Herman Melville, Emile Zola oder dem vorjährigen Nobelpreisträger Jon Fosse) werden u.a. auch auf die französische Schriftstellerin Anna Gavalda (Jg. 1970), den kubanischen Krimi-Autor Leonardo Padura (Jg. 1955) oder die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin Katja Petrowskaja (Jg. 1970) aufmerksam gemacht.
Der Literaturkalender der Edition Momente nimmt ebenfalls die Weltliteratur in den Blick. Die Herausgeberin Claudia Jürgens hat eine interessante Auswahl von Autor*innen zusammengestellt – von Ludwig Rubiner über Else Lasker-Schüler, Primo Levi und Wolfgang Hildesheimer bis zu Annemarie Schwarzenbach.
Es ist längst eine gewohnte Tradition, dass die Kalender an literarische Jubiläen des Jahres erinnern. 2025 sind das z.B. der 200. Todestag von Jean Paul (14. November), der 150. Todestag des dänischen Märchendichters Hans Christian Andersen (4. August) oder der 150. Geburtstag von Thomas Mann (6. Juni). In den nächsten Wochen und Monaten wird es zu diesen Anlässen sicher zahlreiche Neuerscheinungen geben.
Jedes Wochenblatt der drei Kalender ziert eine großformatige Abbildung. Meist sind es historische Fotos, Gemälde, Karikaturen oder Zeichnungen, die einen kurzen literarischen Text oder ein Zitat illustrieren. Die Kalendarien treten mit einer kleineren Schriftgröße dezent in den Hintergrund. Trotzdem werden zu jedem Kalendertag bis zu zehn Geburts- oder Sterbejahre von Autor*innen der Weltliteratur angeführt. Dieses Verzeichnis von rund 3.000 Einträgen wird jährlich aktualisiert.
Wer jedoch statt der wöchentlichen eine tägliche Literaturanregung haben möchte, der hat mit dem Harenberg Literatur-Tageskalender einen idealen Begleiter. Auch die 2025-Ausgabe steckt wieder voller Überraschungen. Sie vermittelt an allen 365 Tagen des kommenden Jahres Empfehlungen von Roman über Hörbuch bis zur Lyrik. Auf der Vorderseite der Kalenderblätter wecken Autorenporträts, Buch-Cover oder Szenenfotos das literarische Interesse, während man auf der Rückseite Kurzporträts von Autor*innen und Verleger*innen, Hinweise auf Erstveröffentlichungen, berühmte Theater-Uraufführungen oder Verfilmungen findet. Die Anregungen und Tipps werden dabei in regelmäßig wiederkehrende thematische Rubriken wie Autorenporträt, Krimi, Gedicht des Monats, Roman, Reisebuch, Hörbuch, Theater oder Buchhändlertipp unterteilt.
Beliebt ist auch die tägliche Quizfrage „LiteraLogisch“, wo man sein Wissen testen kann. Am 21. April lautet z.B. die Frage: „Welchen Titel trägt Droste-Hülshoffs berühmte Novelle – a) ,Die Judenbuche‘, b) ,Katz und Maus‘ oder c) ,Schachnovelle‘?“ Der pfiffige Literaturfreund weiß natürlich, dass die Antwort a richtig ist. Doch keine Bange, am darauffolgenden Tag gibt es stets die Auflösung.
Ob an der Wand, auf dem Tisch oder in der Tasche (wie Reclams Literaturjahr 2025), die Literaturkalender sind die ideale Kombination aus anregendem Jahresbegleiter und unterhaltsamer Lektüre.
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