Oskar Ansulls „Denkzettel auf deiner Herzwand. Gedichte & Kindheit“
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseMit dem letzten Band Denkzettel auf deiner Herzwand. Gedichte & Kindheit, den Oskar Ansull im Herbst 2024 vorgelegt hat, schließt die kleine Werkreihe des Autors und erschließt sich ein Grundthema des Lyrikers und Prosaschriftstellers. Ansull schrieb über mehrere Jahrzehnte immer wieder von eigenen und anderen Erfahrungen, von Kindern, denen einst DENKZETTEL verpasst wurden (und immer noch werden), die lange zu denken geben. Ansulls Gedichte lesen gleichsam auf den Herzwänden, finden Worte, für das nicht leicht Auszusprechende und damit oft unausgesprochen Bleibende aus Kindheit und Jugend. Der Autor ist vor einem halben Jahrhundert in einem niedersächsischen Dorf aufgewachsen, öffnet Einblicke in Wirklichkeitswelten von Kindheit mit einer Sprache von zarter, bisweilen harter, doch befreiender Poesie. Es sind Gedichte, die die einst verpassten Denkzettel umschreiben, verwandeln – ein Bitten um Schonung, notwendigen Schutz. Der Band macht drei Publikationen aus dem Jahr 1992 wieder zugänglich, die seinerzeit in drei Verlagen und kleinen Auflagen erschienen sind. Die Sammlung wird erweitert um zwei Kapitel (zum Teil bisher unveröffentlichter) ganz früher und später Gedichte zu der Thematik. Ergänzt mit einem Nachwort des Autors: „Eine Sprache zu finden“. Dies ist ein treibendes Hauptmotiv für den ganzen Band, der in einigen Gedichten schwer auszusprechende Dinge erstmals zu formulieren versucht. Ein Buch mit Gedichten, in dem sich viele Leserinnen und Leser mit und in ihrer eigenen Kindheit werden wiederfinden können. Ansull schreibt im Kern Bertolt Brechts Gedicht „Was ein Kind gesagt bekommt“ (1937) weiter, das in nüchtern-nackter Aufzählung das einstige deutsche Erziehungsprogramm enthält: „Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen“ usw. Ansull knüpft daran an und erfüllt es mit Leben, aktualisiert oder bestätigt es als noch immer angewandte Methode. Denkzettel, die in jeder Hinsicht Sprache gefunden haben.
Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von Mitarbeitern unserer Zeitschrift, Angehörigen der eigenen Universität oder aus dem Verlag LiteraturWissenschaft.de. Diese Bücher können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.
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