Eigen und eigensinnig

Die Lebensgeschichte des Schriftstellers Hermann Hesse

Von Fritz GöttlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Fritz Göttler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das hat mir gerade noch gefehlt, hat der Autor gestöhnt, Anfang November 1946, als die Nachricht ihn erreichte, er habe den Literaturnobelpreis gewonnen. Das war die letzte Bürde, die sein energisch angestrebtes Autorenleben ihm abverlangte - und die damit verbundene weltweite Berühmtheit. Immer schwieriger war es geworden, seine Eigenheit zu bewahren, seinen Stil und seine konsequente Sicht der Welt. Nüchtern, fast zu nüchtern bisweilen, zeichnet Alois Prinz jeden Schritt nach in diesem Bemühen.

Ein Schreiber hatte Hermann Hesse von Kindheit an werden wollen, ein Büchermacher, besser gesagt - der Vater war Verlagsleiter in der württembergischen Kleinstadt Calw, auch der Sohn hat unter anderem eine Buchhändlerlehre versucht. Das Büchermachen ist nie nur intellektuell für ihn gewesen, er hat gern gemalt und Handschriftliches produziert. Sehr früh schon hat er sich zurückgezogen, in die Abgeschiedenheit der Tessiner Berge, in sein Haus in Montagnola. Bitte, keine Besucher, hat er ans Gartentor schreiben lassen, und beinahe traurig ist er gewesen über das Gewimmel, das um ihn herum entstanden ist - Kult würde man es heute nennen: All die Studenten und (Pseudo-) Kulturbürger, und die Politiker, die Rat, wenn nicht gar prominente Unterstützung von ihm wollten. Hermann Hesse hat als stürmischer anarchistischer Junge begonnen - sein "Steppenwolf" war in den Sechzigerjahren eine kleine Bibel der Studentenbewegung - und er hat mit seinem "Siddhartha" und "Glasperlenspiel" "Kult"bücher der Suche nach Selbsterfahrung geschaffen. Man hat ihn zum weltfremden, der Realität entfremdeten "Guru" erklärt, aber Hesse war stets ein politischer Mensch - durch die Weigerung, sich politisch vereinnahmen zu lassen. Er hat sich gegen den Krieg gewandt im Ersten Weltkrieg, und er hat vor den "Angstmachern und Kriegshetzern" gewarnt, die nach dem Zweiten Weltkrieg die "Todesangst vor den Bolschewiken" heftig schürten - prompt hat man ihn dafür, je nach Lager, zum verkappten Kommunisten oder zum Helden des Friedens machen wollen.

"Wer sich einem Autor, einem Lehrer, einer Lehre blind und gern hingibt", hat er geschrieben, "statt sich von ihm auf dem eigenen Weg bestärken zu lassen, der wäre auch ohne Bücher und Autor kein Eigner und Eigensinniger geworden." Sie sind mir, schrieb ein anderer Nobelpreisträger ihm, Thomas Mann, mit dem Hesse sich im "Waldhotel" in Sils-Maria gern traf, "Sie sind mir ein guter Gesell, Trost, Beistand, Beispiel, Bekräftigung, und sehr allein würd´ ich mich ohne Sie fühlen."

Titelbild

Alois Prinz: Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Die Lebensgeschichte des Hermann Hesse.
Beltz Verlagsgruppe, Weinheim 2000.
408 Seiten, 20,30 EUR.
ISBN-10: 3407808747

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch