Eine etwas andere und kurzweilige Biographie
Zum Thomas Mann-Doppeljubiläum 2025 ist ein Band mit Anekdoten erschienen
Von Manfred Orlick
Die Biografie von Thomas Mann (1875-1955) ist ausführlich untersucht und dokumentiert. Zum diesjährigen Doppeljubiläum (150. Geburtstag und 70. Todestag) erscheinen zahlreiche Publikationen, darunter neue Biografien, die Manns Leben und Erbe behandeln, sowie Neuinterpretationen seiner Werke. Sein Schaffen war geprägt vom Widerspruch zwischen seiner bürgerlichen Herkunft und seiner Berufung zur Kunst. Er setzte sich intensiv mit der Frage auseinander, wie sich diese beiden Pole in seinem Werk und in seinem Leben vereinen lassen.
Einen kleinen Beitrag zum Jubiläumsjahr leistet auch der Eulenspiegel Verlag mit einer Neuerscheinung in seiner beliebten Reihe Ein Lebensbild in Anekdoten. Die Autorin Renate Hoffmann hat eine Vielzahl von Anekdoten und Begebenheiten aus dem familiären Alltag und der schriftstellerischen Arbeit von Thomas Mann zusammengetragen. Dabei ging sie chronologisch vor – von den Eltern Thomas und Julia Mann mit ihren „pädagogischen Anwandlungen“ über die wichtigsten literarischen Werke, die Verleihung des Nobelpreises und seine politischen Äußerungen bis zu seinem letzten Lebensjahr.
Die Anekdoten reichen von humorvollen Episoden bis hin zu Begebenheiten, die seine Persönlichkeit und seine Beziehung zu seiner Familie und zur Gesellschaft zeigen. Einige Anekdoten beleuchten seine Arbeitsweise oder die Einrichtung seines Arbeitszimmers. Besonders penibel war Mann bei der Anordnung auf seinem Schreibtisch, der ihn ins Exil begleitete und für ihn ein Stück Heimat darstellte. Alles musste sich genau an seinem Platz befinden, so wie daheim.
Auch seine Familie spielt eine Rolle in den Anekdoten; so wird erzählt, dass zu seinem 54. Geburtstag jedes Familienmitglied ein Überraschungsgeschenk plante. Einige Anekdoten berichten von seinen Kontakten zu anderen Schriftstellern und Intellektuellen (die oft zitierte Aussage über Bertolt Brecht: „Das Scheusal hat Talent.“). Unter der Überschrift Nobelpreisträger unter sich erzählt Hoffmann von der unangenehmen Peeperkorn-Angelegenheit zwischen Thomas Mann und Gerhart Hauptmann. Das von der Öffentlichkeit herbeigeredete Konkurrenzgebaren der beiden Brüder Heinrich und Thomas wird ebenfalls erwähnt, das Thomas schließlich mit der Bemerkung „Sie sollen froh sein, dass sie zwei solche Kerle haben!“ überging.
Darüber hinaus erfahren die Leser*innen etwas über die Befindlichkeiten des Schriftstellers, das Gerangel mit Kritikern, den Vorwurf von langen Sätzen, über die Vierbeiner im Hause Mann, sie erhalten Informationen zu seinem Masseur und Turnmeister oder zu seinem legendären Arbeitsrhythmus. Oder wussten Sie, dass Thomas Mann zahlreiche Vorlieben besaß – von Goethe und Tolstoi über heiße Schokolade bis hin zu edlen Tabakwaren?
Thomas Mann hasste Unruhe und Lärm. Und Druckfehler. In Alltagsdingen war er sehr unbeholfen; dagegen beherrschte er rund dreihundert Gedichte, die er bei passender Gelegenheit vortrug. Er diktierte ungern, vielmehr schrieb er mit der Hand und überließ die Handschrift dann einem zeitweilig eingestellten Sekretär (männlich oder weiblich) oder die Familienmitglieder mussten aushelfen. Anekdoten können als Bausteine einer Biographie dienen und Hoffmann gelingt es, einzelne und prägnante Momente aus dem Leben von Thomas Mann zu beleuchten.
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