Die Drachen des nächsten Tages

Ein Portrait und ein Gespräch mit Demosthenes Kourtovik aus Anlass seines Romans "Nostalgie der Drachen"

Von Evangelia KaramountzouRSS-Newsfeed neuer Artikel von Evangelia Karamountzou

"Mein Roman liegt bewusst über der künstlichen Opposition von Trivialliteratur und (hoher' Literatur für Auserlesene." (D. K.)

"Ibykus" ist eine uralte Mumie - die Leiche des ältesten Mordopfers der menschlichen Geschichte. Sie wurde 1944 von einem österreichischen Wehrmachtsoffizier auf einer griechischen Insel entdeckt. Keiner der Wissenschaftler, die die Mumie all die Jahre hindurch untersucht haben, konnte das Rätsel ihrer Herkunft und Identität lösen. Professor Ion Drakas, die Hauptfigur des neuen Romans von Demosthenes Kourtovik, war nah dran. Drakas ist Leiter des Athener Museums für Frühgeschichte und eine streitbare Persönlichkeit. Ein ehemaliger, leidgeprüfter Kommunist, merkwürdig und affektiv in seinen Handlungen. Er lebt zurückgezogen, bis plötzlich die Ibykus-Mumie verschwindet - und er selbst in die Hände der Justiz gerät. Der Konflikt mit dem Gesetz aktiviert seine Selbstachtung, und so entschließt sich der 60jährige Drakas, die Spur der Mumie aufzunehmen. Sie führt ihn nach Italien, Deutschland, Dänemark, Polen und zuletzt nach Bosnien. Drakas stürzt sich in ein gefährliches Abenteuer, das Reise und Selbsterkenntnis zugleich ist: "Wir alle verstecken einen Drachen in uns. Das ist unsere dunkle und verdrängte Seite, nach der wir uns sehnen, nach dem Untergang der Ideologien."

Professor Drakas erlebt ein Europa voller - Drachen. Dabei wird er von der jungen und dynamischen Polizistin Andromachi Koutroumba begleitet, wohl auch "beschützt" - und mit der Zeit auch ermuntert. Koutroumba ist zufällig die Tochter des Offiziers, von dem Drakas in der Obristenzeit einmal gefoltert worden ist. Obwohl sich die beiden anfangs nicht mögen, folgen sie ihrem Ziel gemeinsam und versuchen, das "erste Verbrechen der menschlichen Geschichte" aufzuklären. Sie begegnen diversen Mafiosi und Huren, echten und falschen Adligen, Paramilitärs und menschlichen Wracks. Sie konsultieren Anthropologen, Paläontologen, Archäologen und Kunstgeschichtler, während ihre Jagd nach "Ibykus" philosophische, metaphysische und ideologische Dimensionen annimmt. Im Hintergrund laufen alle Fäden in den Händen von geheimen oder mafiosen Organisationen zusammen, Organisationen mit dubiosen gesellschaftspolitischen Zielen. Sektierer und Freimaurer, die - den mittelalterlichen Ordensbrüderschaften vergleichbar - miteinander konkurrieren. Sie weisen den Status Quo der Geschichte zurück und sehen in der Rückkehr in die Vergangenheit die einzige Lösung aktueller Probleme. Ibykus ist das ideale Symbol dieser Organisationen.

Derart undurchsichtig und geheimnisvoll beginnt die "Nostalgie der Drachen" Es ist der fünfte Roman von Demosthenis Kourtovik, dem vielleicht strengsten Intellektuellen des heutigen Griechenland. Die "Nostalgie der Drachen" ist ein philosophischer Thriller mit einer schnellen kinohaften Entwicklung. Der Roman vereinigt in sich viele Erzählformen - angefangen vom Inneren Monolog über die Errungenschaften feministischen Erzählens bis hin zu Kolportage und Reportage. Er ist Science Fiction, Kriminalroman, existentialistischer und historischer Roman.

Der Leser wähnt sich inmitten einer dunklen Wahrheit, er glaubt Öcalan zu sehen, oder Aris Poulianos und Aris Velouchiotis, die Anhänger des Sonnentempels kurz vor ihrem Selbstmord. Ferner Haider, die Konzentrationslager in Bosnien oder aber den Tempel der Liebe, von dem Schnitzler erzählt und den Kubrick in seinem letzten Film gezeigt hat. Dem Leser wird bewusst, dass hier eine scharfe Zivilisationskritik sowohl der westlichen Lebensart und ihrer Perversionen wie auch der pathologischen nationalen Mythologien Osteuropas erfolgt, eine Kritik auch des "balkanischen Syndroms" der Griechen. Das Liebesverhältnis zwischen Professor Draks und der Polizistin Koutroumba erlaubt es, das Buch als Kommentar zur Psychose der europäischen Linken zu lesen, die sich - Kourtovik zufolge - darin manifestiert, dass sie "für einen langen Zeitraum" und vielleicht noch bis heute eine konstruktive Wiederaufarbeitung der Vergangenheit in Griechenland und eine Öffnung zur Moderne verhindert hat.

Alles - oder fast alles in diesem Buch - entspricht der Wahrheit oder stützt sich auf Wahrheiten: "Die Darsteller entsprechen wirklichen Personen, die ich in meinem Lebens kennengelernt habe", sagt Kourtovik. "Das gilt auch für die Orte, die in ihrer Mehrheit existent sind, und auch für die wissenschaftlichen Belange." Selbst die Annahmen über die Entwicklung des menschlichen Wesens und der Kultur, über Mumien und ,Sumpfmenschen? sind authentisch. Auch die ,Ibykus?-Mumie und die fiktive Organisation der ,Levettiner? stützen sich auf Tatsachen, denen eine fiktive Dimension erschlossen wird."

Durch diese Nähe zur realen Welt gelingt es der "Nostalgie der Drachen", den drängenden Fragen Europas nach dem Scheitern der Ideologien nachzugehen und die Welt im Jahre 2000 in der Schwebe zu zeigen: "Als eine Welt, die sich neu zu ordnen versucht auf der verzweifelten Suche nach neuen oder alten Werten: Sekten auf der Suche nach Religion, die Gesellschaft auf der Suche nach Demokratie, Gleichheit und Brüderlichkeit, der wissenschaftliche Relativismus auf der Suche nach letzten Gewissheiten."

Demosthenes Kourtovik, 52 Jahre alt, dem griechischen Publikum als ebenso harter wie scharfsinniger Kritiker bekannt, scheint mit diesem Roman auch seinen eigenen Lebensweg nachzuvollziehen. Sein Weg führt von seinen Urspüngen, seinen "linken" Utopien und Überzeugungen zur Ausbildung in der Anthropologie, führt von Athen nach Deutschland und später an die Universität Bresslau, wo er promoviert, führt schließlich zurück nach Griechenland. Dieser Weg umfasst Anfang der 90er Jahre seine Lehrtätigkeit an der Universität Kreta, wo die Entwicklung der menschlichen Sexualität zu seinen Schwerpunkten zählt, umfasst die vierzehn Sprachen, die er beherrscht, und mündet beim Autor und Kritiker Kourtovik: "Wenn die Literatur in Griechenland mehr am Rande und weniger diskutiert wäre, dann wäre sie vielleicht besser", sagt er in der Zeitschrift "Prosopa". "Dies bedeutet aber nicht, dass ich pessimistisch bin. Der gesunde Realismus vieler junger Schriftsteller, die den Griechen in einer ausgedehnten Umwelt situieren, zeigt, dass wir aus unserer literarischen Sackgasse herauskommen werden, aus der Literatur des Selbstkonsums und der Nabelschau der vergangenen Jahre, wo unser Land, unsere Nachbarschaft und alles zwischen unseren Füßen im Zentrum stand."

Frage: Die "Nostalgie der Drachen" bereichert den Leser mit enzyklopädischem Wissen. Glauben Sie, dass die erzieherische Dimension des Romans notwendig für sein Überleben als Literaturgattung ist?

Kourtovik: "Ja, das glaube ich absolut. Seit den 90er Jahren wird wieder die alte Forderung gestellt, die von der Kunst im allgemeinen und besonders von der Literatur verlangt, sowohl zu unterhalten als auch zu bilden. Ich kenne natürlich das Gegenargument, dem zufolge es nicht die Aufgabe der Kunst sei, enzyklopädisches Wissen zu vermitteln, sondern tiefgründige Fragen der menschlichen Existenz zu bearbeiten. Aber durch die Literatur sehen wir das universelle Wissen unserer Zeit und die Informationen, die uns überschwemmen, als vitale Teile unserer Existenz. Es ist der Filter, durch den eine kühle wissenschaftliche Information (z. B. das Klonen) das menschliche Gewissen (z. B. die Bedeutung des Klonens für uns) durchdringen kann. Sie kann das Wissen von einer technisch-akademischen Frage zu einer existentiellen Angelegenheit wandeln. Es ist ein großes Unglück für den Roman des 20. Jahrhunderts, dass er sich - nach Beckett - für einen langen Zeitraum vom Prozess der Bildung des Lesers entfernt hat und sich in sich selbst verschloss, so dass er aufhörte mit der Politik, der Geschichte und der Wissenschaft zu kommunizieren. Die Konsequenz war, dass das Lesepublikum sich anderen Büchern hingab, die in unseren Tagen die Literatur überlagern, z. B. historischen Büchern, geschichtsphilosophischen Werken, der populärwissenschaftlichen Astrologie usw. Büchern also, die Wissen vermitteln, das wir einst im europäischen Romans selbst finden konnten, als er in seiner Blüte stand. Doch heute sehen wir, dass wir einen Weg der Synthesen gehen, wo verschiedene Schreibformen und Gattungen nebeneinander bestehen. Auch solche, die früher für unkonventionell galten. Ich weise auf den Film ,Pulp Fiction? hin, wo das Triviale, die Komik, Krimi-Elemente und Fiktion nebeneinander bestehen können."

Frage: Auch Ihr neuer Roman verbindet verschiedene literarischen Formen und Gattungen. Glauben Sie, dass dieses "Rezept" einer Forderung des heutigen und zukünftigen Publikums entspricht?

Kourtovik: "Ich bewege mich in verschiedenen Gattungen, jedoch nicht - oder nicht nur - um zu spielen, sondern um über bestimmte drängende Probleme unserer Zeit zu sprechen, über die ich nicht anders sprechen kann. Wenn ich z. B. über die Gewalt in unserer Zeit sprechen würde mit Adjektiven, die man früher benutzt hat, so würde ich den Leser im Grunde zeitlich zurückversetzen und auf frühere Gewaltformen hinweisen. Aber da es heute diese Trennungslinie zwischen dem Guten und dem Bösen nicht mehr gibt, wäre es durchaus trügerisch, Ausdruckstechniken früherer Zeiten zu verwenden. Gleichwohl ist die Synthese von Formen und Gattungen niemals ein Rezept. Was dann jeder beiträgt, hängt von der Empfindlichkeit, dem Talent, den Kenntnissen und den Absichten des einzelnen ab. Ich wollte keineswegs ein Rezept geben, sondern ein Beispiel, wie über die heutige Welt zu sprechen wäre, damit das Interesse des Lesers geweckt wird, damit sie ihn vielleicht auch fasziniert, ohne dass Phänomene und Situationen verzerrt und damit entwertet werden."

Frage: Suchen Sie nach Schriftstellern, die Ihrem Bild gleichen?

Kourtovik: "Wenn ich irgendein Interesse als Kritiker wecke, dann ist es nur aufgrund meiner persönlichen Haltung zur Literatur, zu den Büchern; ich habe keine fertigen Lösungen für die Verifikation. Während andere Kritiker es als ihre Arbeit ansehen, das zu prüfen, was nach ihrer Meinung der Schriftsteller habe schreiben wollen, interessiert mich in erster Linie zu erkennen, was er erreichen wollte. Und nur dazu nehme ich Stellung, ob es nämlich -so wie der Autor uns das darstellt -wichtig und richtig ist oder nicht. Es ist damit klar, dass ich nicht nach Schriftstellern suche, die meinem Bilde gleichen. Ich schätze und bringe Schriftsteller zum Vorschein, die eine völlig andere Weltanschauung und Poetologie haben als ich, wenn dennoch zu erkennen ist, dass sie etwas Wichtiges zu sagen haben und dass sie das auf bemerkenswert intelligente Weise tun. Und umgekehrt gibt es Schriftsteller, deren Ausdruck und Technik meinem Temperament näher liegen, die sich aber ihr Können in einer mechanischen Weise zunutze machen oder von Dingen sprechen, die nur geringen Wert haben. Die Arbeit bei einer großen Zeitung zwingt mich, alles aus einer breiteren Perspektive zu sehen. Das öffnet mir die Augen und so kann ich die Spreu vom Weizen trennen."

Frage: Wie macht man das, die Spreu vom Weizen trennen?

Kourtovik: "Es gibt kein Rezept. Ein geübter Leser spürt sofort, ob der Schriftsteller unter etwas leidet, ob seine Feder ein leichtes Zittern hat, oder ob das Buch nur ein Ausdruck seiner Virtuosität ist, eine Effekthascherei. Wir sind als Kritiker verpflichtet zu erklären, weshalb wir dieses Gefühl haben."

Frage: Die "Nostalgie der Drachen" ist ein Roman ohne nationale Kennzeichen. Aber es gelingt ihm, sowohl "griechisch" als auch "ökumenisch" zu wirken. Ich vermute, dass dies Ihr Vorschlag für die ersehnte Öffnung der griechischen Literatur zum internationalen Publikum ist. Ist es aber nicht so, dass letztere uns pittoresk bevorzugen?

Kourtovik: "Das ist wieder ein ,falsches? Dilemma, in das uns die griechische Denkungsart verstrickt. Wir glauben, dass unser ,Griechentum? verloren geht, wenn wir von Geschichten in Italien oder Deutschland erzählen. Und auf der anderen Seite glauben wir, dass wir nur dann unser Erbe bewahren, wenn Thymian, byzantinische Ikonen, Kolokotronis, Widerstand, Rembetika usw. in den Büchern vorkommen. Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass so, wie sich das Leben entwickelt, der heute 18jährige Grieche mehr seinem gleichaltrigen Amerikaner gleicht als dem 18jährigen Griechen von 1930. Gleichwohl ist er kein Amerikaner. Er ist etwas anderes: er ist die Summe seiner Vergangenheiten und ausländischer Einflüsse. Es ist richtig, in einer fluktuierenden Welt wie der heutigen nach bestimmten, beständigen Werten zu streben, die als Kompass dienen können. Aber es ist chimärisch und komisch, sich einzubilden, dass diese Werte identisch sind mit externen Formen der Sprache und der Kleidung usw. Es ist genau diese Konzeption, die uns zu Fundamentalismen des ,Griechentums? geführt hat. Was die ausländischen Leser betrifft, so fürchte ich, dass sie auch nicht genau wissen, was sie von uns erwarten sollen. Auf der einen Seite langweilen sie sich bei der ,ethnic literature? der Griechen, auf der anderen Seite sehnen sich nach einer Literatur, die von der "westlichen" abweicht. Sie wollen eine Poesie mit exotischen Elementen, zugleich wissen sie aber nicht, wie die beschaffen sein soll."

Frage: Der Kritiker Kourtovik ist bekannter als der Romancier. Wie erklären Sie sich das?

Kourtovik: "Als ich 1980 die erste Sammlung von Erzählungen, ,3.000 Km?, veröffentlicht habe, Erzählungen über das Leben der Griechen im zeitgenössischen Deutschland, da wirkten sie vielen Lesern fremd, da sie im Buch nicht das übliche Bild des damaligen griechischen Emigranten wiederfanden. Als dann 1985 der Roman ,Das Letzte Erdbeben? kam, ärgerten sich manche, weil ich darin behauptet habe, dass die 68er Generation bereits assimiliert sei. 1987 kam dann der ,Griechische Herbst der Eva-Anita Bengtson?: Zum ersten Mal führt die griechische Literatur ausländische Einwanderer in die griechische bürgerliche Landschaft ein, und viele nörgelten, daß ich mich in der Viermillionenstadt Athen mit Polen und Schweden beschäftige. 1991 kam ,Milchstraßenpulver?, und erneut störte es die Kritik, dass ich die sechzigerJahre entmythologisierte, zärtlich zwar, aber damals waren die Sixties in. 1996 erschien ,Es ist vollendet?, eine Mischung von Bild und Rede, ein Buch, das - obwohl es gut angekommen ist - wieder die Kritiker in Verlegenheit brachte, weil sie es nicht einordnen konnten. Wie Sie zurecht ausgeführt haben, äußere ich als Kritiker regelmäßig meine Meinung über die Arbeit von Kollegen - und meist auch wenig taktvoll. Hier finden Sie womöglich eine weitere Antwort auf Ihre Frage."

Frage: Welches ist Ihrer Meinung nach Ihre größte Schwäche als Kritiker?

Kourtovik: "Dass ich von der Literatur mehr verlange, als sie mir geben kann. Für mich ist die Literatur eine Kunst, die uns nicht nur erlaubt, sondern geradezu gebietet, besonders im Roman, über alles zu sprechen, ohne Dogmatismus, dafür mit Wissen, Gefühl und - freilich - Talent. Es kann sein, dass diese Konzeption falsch ist. Vielleicht sollten wir die Literatur wie die Kochkunst schätzen, nämlich auf der Ebene des Genusses ohne Rücksicht auf den Nährwert. Oder wie beim Eiskunstlauf, wo wir die Anmut und die Harmonie der Bewegungen bewundern, ohne uns nach deren Funktion zu fragen. Ich bin vielleicht ein Utopist, aber ohne diese Utopie würde nicht nur der Kritiker Kourtovik, sondern würde mehr noch der Schriftsteller Kourtovik keinen Sinn in seiner Arbeit finden."

Frage: Sie haben den Ruf des strengen Kritikers. Was gefällt Ihnen am Schriftsteller Kourtovik?

Kourtovik: "Das, was mir an allen zeitgenössischen jungen griechischen Schriftstellern gefällt. Dass sie diese ,falschen Dilemmata? überwunden haben, die uns seit Jahrzehnten quälten, z. B. ,ökumenisch? oder ,griechisch?, ,links? oder ,rechts?, Realismus oder Modernismus in der Kunst, hohe oder triviale Literatur."

Frage: Die griechischen Schriftsteller nehmen so gut wie nie eine negative Kritik an. Wessen Kritik nehmen Sie an?

Kourtovik: "Negative Kritik passt nicht zu unseren literarischen Sitten. Es ist üblich nicht vom ,Schlechten? zu sprechen. In dem Moment, in dem eine ablehnende Meinungsäußerung auftritt, kommt es sofort zur Überreaktion. Da jeder griechische Schriftsteller sich ganz sicher reif für den Nobelpreis fühlt, ist jeder Zweifel ein Hindernis in seiner Laufbahn. Seine übertriebene Reaktion - er sieht überall Hinterlist und Feinde, er ergreift Gegenmaßnahmen usw. - hat mit solchen Preisen zu tun. Diese Schriftsteller glauben, dass man sie beraube. Außerdem wissen viele, dass sie nur aufgrund ihrer Auftritte in der Öffentlichkeit bekannt sind, und dies vermehrt noch ihre Unsicherheit. In Bezug auf mich würde ich jeden Verriss annehmen, wenn derjenige, der ihn ausspricht, meine Absicht versteht, aber zu dem Schluss kommt, dass es mir nicht gelungen sei, meine Idee angemessen umzusetzen. Das sagen freilich alle Schriftsteller, aber in der Tat ärgern sich die meisten, wenn ihr Buch den Kritikern nicht gefallen hat. Sie sprechen dann von Erkenntnisschwächen, Passivität, Vorurteilen und ähnlichem. Ich werde es also anders darstellen: Ich respektiere und nehme eine schlechte Kritik erst an, wenn ich einsehe, dass der Kritiker mit mir auf Augenhöhe steht, frei und schöpferisch denkt und sich nicht wie ein Examensprüfer oder Portier eines teuren Clubs verhält".

Herr Kourtovik, wir danken für das Gespräch.

[Aus "TA NEA", 04.03.2000]