Unwiderstehlich

Gina Kaus' kleine Prosa

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gina Kaus gehört zu der nicht geringen Zahl der in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zwar recht erfolgreichen, heute aber vergessenen Autorinnen. In den zwanziger und dreißiger Jahren trat die Ende des 19. Jahrhunderts geborene Wienerin mit Romanen und Kurzgeschichten hervor. Aber auch zahlreiche feuilletonistische Texte zählen zu ihrem Œuvre, ebenso wie eine bereits 1917 uraufgeführte Komödie. 1921 wurde sie für ihre Erzählung "Der Aufstieg" mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet und 1933 wurden ihre Bücher von den Nazis verbrannt. 1938 ging Gina Kaus mit ihrem Mann Eduard Frischauer unmittelbar nach der Abdankung des österreichischen Kanzlers Schuschnigg ins Exil.

Nach der Neuausgabe ihres Romans "Die Verliebten" hat der Oldenburger Igel Verlag nun unter dem Titel "Die Unwiderstehlichen" einen Band mit "kleiner Prosa" der Autorin aufgelegt. Die versammelten Kurzgeschichten umfassen meist nur wenige Seiten und erzählen vom Geschlechterkampf und der Liebe aus der Sicht weiblicher Protagonisten. Die an Alfred Adlers Individualpsychologie geschulte Autorin hat mit ihnen ebenso kluge wie amüsante Vignetten gezeichnet, die von der Überzeugung getragen sind, dass niemand hinter die Stirn eines anderen blicken könne und die deshalb - oder trotzdem? - mit manch überraschender Wendung oder Schlusspointe aufwarten.

Die ebenfalls enthaltenen feuilletonistischen Arbeiten fallen zwar in der Regel gegenüber den literarischen Texten etwas ab, und viele haben im Laufe der Jahrzehnte ein wenig Staub angesetzt. Doch bläst man ihn weg, kann man darunter gelegentlich eine feine Patina entdecken. Andere wiederum sind auch heute noch von erstaunlicher Aktualität.

Titelbild

Gina Kaus: Die Unwiderstehlichen. Kleine Prosa.
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hartmut Vollmer.
Igel Verlag, Oldenburg 2000.
164 Seiten, 19,40 EUR.
ISBN-10: 3896211145

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