Da lache, wer darüber lachen kann

Michael Rudolfs persönliche Abrechnung mit der Welt

Von Ann-Katrin RaheRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ann-Katrin Rahe

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Habe ich die Fresse von einem, der hienieden irgendeine Aufgabe hat?" Dieses Zitat von Emile M. Cioran steht am Anfang und repräsentiert damit das Problem des Buches. Doch schon nach dem ersten gelesenen Absatz kann man diese Frage beantworten - mit einem klaren "Nein, Herr Rudolf, haben Sie nicht!"

Bereits im Vorsatz wird deutlich, dass es sich bei Michael Rudolf um einen Wiederholungstäter handelt. Mehr als 14 Bücher soll er schon veröffentlicht haben. Darunter fallen so vielversprechende Titel wie "1.516 Biere. Der endgültige Atlas für die ganze Bierwelt" oder "Hexenei und Krötenstuhl. Ein wunderbarer Pilzführer". Auch wenn der "Junge Welt"-Kolumnist und ehemalige "Titanic"- Autor zuweilen eine gewisse Leserschaft zu finden scheint, überzeugt das vorliegende Werk nicht. Es ist weder witzig noch geistreich, weder originell noch unterhaltsam. Vielmehr hat sich hier Michael Rudolf erhoben, um einmal deutlich seine Meinung zu sagen: den Politikern, den Talkshowmastern - kurzum allem, was einem hierzulande begegnen kann. Daran glauben muss beispielsweise Thomas Brussig, der Autor des Erfolgsromans "Helden wie wir". "Das Ärgerliche an Brussig ist, dass er nicht erzählen kann. Gut und gewitzt schon gleich gar nicht. Satire und Komik leben bisweilen auch vom Auslassen, aber Brussig lässt keinen noch so platten Wortwitz aus." Das mag nun stimmen oder nicht, aber gehört ein Verriss nicht viel eher in das Feuilleton einer Zeitung? Natürlich war jeder Text dieses Buches schon einmal vorher in einer Zeitung oder einer Zeitschrift zu lesen - einige wenige auch in Anthologien. So erklärt es sich auch, weshalb so viele Beiträge zeitlich deplaziert sind und warum das Buch nicht funktioniert. Die Aktualität ist inzwischen abhanden gekommen und so langweilt es. Wer denkt heute, drei Jahre nach Sendestart, noch über den Dailytalker Andreas Türck nach oder will gar eine Rezension zu seiner damals erschienenen "papiergewordenen Raubkopie schwindeligster Geistesabsenz" lesen? Der Moment, in dem dies interessant gewesen sein könnte, ist verpasst.

Was die Verleger dazu bewogen haben mag, diese Texte nun noch einmal in gebündelter Form zu publizieren, bleibt unklar. Dem Buch ist zu entnehmen, dass Michael Rudolf "die neue Mutter aller Fragen" stellt. So so. Nämlich: "Wo bleibt denn das Negative?" Aha. Na, dann ist ja alles klar. "Trost und Unrat" bietet ein vielleicht noch passenderes Zitat: "Da lache, wer darüber lachen kann."

In diesem Sinne, viel Vergnügen!

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Michael Rudolf: Trost und Unrat. Polemiken Abrechnungen Grobheiten.
Ventil Verlag, Mainz 2001.
159 Seiten, 11,20 EUR.
ISBN-10: 393055982X

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