Eifersucht in der Provinz

Rita Knotts Kriminalroman "Karriere ins Jenseits"

Von Peter MohrRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Mohr

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Schule und oberbayerische Provinz spielen in "Karriere ins Jenseits" eine wichtige Rolle - so wie im Leben der Autorin. Protagonistin Marlene Rubach, eine promovierte Gymnasiallehrerin, soll zur Schulleiterin befördert werden. Die nicht aus der miefigen Kleinststadt stammende Germanistin hat offensichtlich bessere Karten als der einheimische Kollege Anspacher, der sich daraufhin in seiner Ehre als Mann gekränkt fühlt.

Anspacher gibt sich jedoch im Ringen um die gut dotierte Schulleiterstelle nicht kampflos geschlagen und schmiedet ein Komplott - mit Hilfe seiner 15-jährigen Geliebten Heike, einer Schülerin des Gymnasiums und Nachhilfe-Elevin der Protagonistin. Heike behauptet, von Marlene in einer Nachhilfestunde sexuell belästigt worden zu sein. In der Kleinstadt macht dieses Gerücht, das später auch Gegenstand polizeilicher Ermittlungen wird, wie ein Lauffeuer die Runde. Die Protagonistin sieht sich - angesichts der ihr entgegenschwappenden Feindseligkeiten - in der misslichen Situation, ihre Unschuld beweisen zu müssen. Für die "zugereiste" Marlene ein beinahe aussichtsloses Unterfangen, denn in bester Stammtischmanier bilden die "Schicki-Micki-Eingeborenen" eine verschworene Gemeinschaft. Am Ende gibt es zwei Leichen, und (es mag zynisch klingen) die Gerechtigkeit ist wiederhergestellt. Intrigant Anspacher hat nämlich die Rechnung ohne seine Frau Brigitte gemacht, die er mit dem Teenager Heike betrogen hat. Für ihn führte der Karriereeifer so tatsächlich direkt ins Jenseits.

Rita Knott hat in ihrem Debütwerk auf eine fein gesponnene Handlungspsychologie gesetzt, in deren Zentrum die Eifersucht als glaubhaft dargestelltes Tatmotiv steht. Nur einmal durchtrennt die Autorin den Spannungskreis vorschnell, indem sie den Leser von vornherein wissen lässt, dass es sich bei den Anschuldigungen gegen Marlene um eine Intrige handelt. Ein schwebender Zustand hätte den Lektürereiz noch steigern können.

Der Dortmunder Grafit Verlag, Ende der 80er Jahre aus der linken Szene hervorgegangen, entwickelt sich immer mehr zur besten Adresse für Kriminalromane. Jacques Berndorf mit seinen Eifel-Krimis, Jürgen Kehrer mit den vom ZDF verfilmten "Wilsberg"-Episoden und das Ruhrgebietsduo Ard/Junge bescherten dem unabhängigen Verlag respektable Auflagezahlen.

Verleger Rutger Booß und seine Mitstreiter haben im Laufe der Jahre ein untrügliches Gespür für anspruchsvolle Kriminalliteratur entwickelt und immer wieder neue Namen an die Öffentlichkeit gebracht - so wie jetzt mit der 50-jährigen Debütantin Rita Knott. Die Realschullehrerin aus Oberbayern präsentiert in ihrem Erstling all das, was man als Leser von einem guten Krimi erwartet: neben der für dieses Genre obligatorischen Spannung authentische Milieuschilderungen, ein bunt zusammengewürfeltes, vielfältiges Personenensemble, eine Prise Gesellschaftskritik und eine erstaunlich präzise und gleichwohl zupackende Sprache.

Titelbild

Rita Knott: Karriere ins Jenseits. Roman.
Grafit Verlag, Dortmund 2001.
217 Seiten, 8,10 EUR.
ISBN-10: 3894252545

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