Ironie als Kritik
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseIn den vergangenen Jahren sind einige Arbeiten zur Ironie erschienen, die ein neu erwachendes Interesse an der uneigentlich-unernsten Sprechweise erkennen lassen, u. a. der von Karl Heinz Bohrer herausgegebene Sammelband "Sprachen der Ironie - Sprachen des Ernstes" (2000) oder Eckhard Schumachers Studie "Die Ironie der Unverständlichkeit" (2000). Die Bamberger Dissertation Martin Götzes rekonstruiert die poetologischen Entwürfe der Frühromantik aus der Tradition des deutschen Idealismus, insbesondere der Transzendentalphilosophie Kants und Fichtes. So werden die philosophischen Schriften Hardenbergs und Friedrich Schlegels als eigene Spielarten einer transzendentalen Reflexion beschrieben, die sich im Diskurs idealistischen Systemdenkens nicht durch die Idee eines absoluten, sondern eines ironischen Wissens profilieren. Die romantische Ironie rückt die Darstellungs- und Mitteilungsform in den Mittelpunkt des Interesses. Damit reagiert sie, wie Götze sehr plausibel zeigt, auf ein wesentliches Defizit idealistischen Philosophierens: im Idealismus wird das ,Absolute' zwar in der Reflexion thematisch, doch verhindern die reflexiven Operationen unseres Verstandes zugleich seine angemessene Artikulation. Letzte und höchste Prinzipien werden für die Kritiker des Idealismus darum nicht länger philosophisch-systematisch zementiert, sondern als "symbolische Repräsentation des Unbedingten im Bedingten" ästhetisch repräsentiert. Ironisches Wissen in diesem Sinne besagt, dass sich ein Höchstes aufgrund seiner Unaussprechlichkeit immer nur allegorisch formulieren lässt. Dies ist die Aufgabe einer "transzendentalen Poesie", wie sie im Märchen oder in Schellings Projekt einer "Neuen Mythologie" greifbar wird. Götzes Dissertation liefert einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der Beziehung von Philosophie und Poesie, zu ihrer Interferenzzone wie zu dem, was sie trennt.
F. M.