Was passiert ist passiert

Der Gedichtband "Loops" von Matthias Göritz

Von Ingeborg GleichaufRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ingeborg Gleichauf

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wo Matthias Göritz sich aufhält, kann er nicht wohnen, denn es ist schwer, den Zusammenhang zwischen dem Ich und der Welt zu finden. Es sitzt im Körper fest, dieses Ich, ist "ein haltloser Rand". Keinerlei Sicherheit gibt es, keine Geborgenheit, keine Art von Wissen, keine Antwort, kein Glück. Oder doch vielleicht, sagt er doch selbst, "Streiche immer den letzten Satz". Streichen wir ihn also und die Endgültigkeit des Gesagten beginnt sich aufzulösen, ein Perspektivenwechsel findet statt und alles Fragen kann erneut beginnen. Warum nicht bescheidener sein, nicht die großen Worte wollen, die ganz starken Gefühle, die Wahrheit: "Und warum soll man nicht / eingehen / in die Lichtschalen / der Schießbuden / und ihrer Besitzer / den Dom, und das Glück / suchen / in 2,3 Umdrehungen. / Sich freun an dem / Kreisen, / und sein?"

Und so bewegt sich etwas in diesen Gedichten, auch wenn sie zumeist vom Stillstand sprechen, von der Starre, vom Winter, dem unaufhörlichen Schneien. Zwar scheint der Alltag alles zu fressen, was einmal geschehen ist, was einmal gesagt wurde. Es sind neue Worte da, der Autor spricht weiter, er vertraut sich der Eigendynamik der Sprache an. "Es ist klar / man kommt nicht an gegen den Tag", aber man spricht dagegen an, das Gedicht spricht dagegen an, indem es all das nicht vergisst, zu den Worten kommen lässt. Matthias Göritz' Gedichte sprechen vom Scheitern, vom Anrennen gegen die Mauer, die Ich und Welt trennt, Etwas und Nichts, Tod und Leben. Wenn etwas oder jemand tot ist, dann ist es oder er nicht mehr. Aber davon zu sprechen hat die Dichtung schon immer als ihre Aufgabe gesehen. Es gibt kein anderes "Thema": "Verkehrsfluß, / Lebensfluß, / Dämmerung. / Aufzug und Abzug, / das ganze Theater."

Göritz' Gedichte stellen an ihre Leser die Anforderung, mitzufragen, nicht draußen zu bleiben. Indem der Autor sich selbst zum Verschwinden bringt, eröffnet er dem Leser die Möglichkeit, dem Gedicht zu begegnen, eine Art Glück.

Titelbild

Matthias Göritz: Loops. Gedichte.
Literaturverlag Droschl, Graz 2001.
92 Seiten, 15,00 EUR.
ISBN-10: 3854205767

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