Zusammenhaltlose Schnipsel

Annegret Heitmann und Joachim Schiedermair über Bilder in Texten der skandinavischen Moderne

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Motiv der Moderne, könnte man zugespitzt als These formulieren, ist das Ineinandergreifen von Text und Bild (Walter Benjamin hat dieses Symbiosestreben im schönen Ausdruck von Leib- und Bildraum aufgelöst). Dabei stellt sich das wesentliche Problem schon zu Beginn (auch Benjamin erkannte und analysierte dies): Text und Bild bedürfen einer Definition. Von Interesse ist vor allem jener Bereich, in dem sich die beiden "Zeichensysteme" treffen. Anlässlich des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts "Nordbildtext" der Universität München entstand ein Sammelband, der die Beziehung von Bildwelt und literarischer Moderne untersucht. Die ästhetischen Einzelstudien präsentieren neben Säulenheiligen der skandinavischen Moderne auch "fachfremde" Beiträge.

Den Kern des Projekts umreißt Annegret Heitmann in der Einleitung, nämlich "die selbstreflexive Dimension eines Textes am Beginn der Moderne" zu zeigen. Ein Zusammenhang zwischen der Sprache der Bilder im Medienzeitalter der Moderne und der Rolle des Subjekts soll aufgezeigt werden. Ein zentraler Konflikt, der hierbei herausgearbeitet werden kann, ist der zwischen Repräsentation und Präsentierendem, zwischen Leben und Kunst. Dem zur Seite tritt das Verschwinden des Subjekts in einer zunehmend visuell - sei es ikonisch, indexikalisch oder der symbolisch - codierten Welt.

Diese zentralen Fragestellungen gehen die Beiträge unterschiedlich detailliert an. So steht eine Untersuchung über Ibsens Fotomotiv (in Peer Gynt) neben der Analyse von Peter Weiss' "Effektstruktur" (in der "Ästhetik des Widerstandes"), daneben finden sich Analysen zu Balzacs "Sarrasine", zu "Felix Krull" (der als "ikonische Existenz" gedeutet wird), zu altnordischen Heldensagen u. v. a.

Für sich genommen sind die Analysen aufschlussreich, häufig jedoch - und das stört auf Dauer doch erheblich - kommt es zu Unschärfen in der semiologischen Trennung von Text und Bild. Dieser Zwischenraum wird bisweilen gar nicht thematisiert. Methodisch geben sich die wenigsten Texte "zu erkennen", die Texte treten untereinander nicht in Kommunikation. Deshalb lohnt die lineare Lektüre nicht: der gemeinsame Nenner ist zu klein, die zentrale Fragestellung ist zu wenig klar fokussiert. So bringt der Sammelband leider nur Einzelinterpretationen die, für sich gelesen, für die Skandinavistik durchaus von Bedeutung sind. Der Rahmen allerdings fehlt.

Titelbild

Annegret Heitmann / Joachim Schiedermair: Zwischen Text und Bild. Zur Funktionalisierung von Bildern in Texten und Kontexten.
Rombach Verlag, Freiburg 2000.
230 Seiten, 34,80 EUR.
ISBN-10: 3793092453

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch