Wiederverwertete Kurzprosa

Benjamin v. Stuckrad-Barres "Remix" zwischen Dreistigkeit und Langeweile

Von Katrin WiesnerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Katrin Wiesner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Samstag-Vormittag bei H&M oder eine rundum verplante Silvesterfeier. Das Essverhalten der Deutschen beim Frühstücksbüffet ist ihm gleich zwei Geschichten wert. Stuckrad-Barres Konzept ist einfach: Er greift gängige Vorurteile oder bestehende Klischees auf, versucht sich kritisch und natürlich unverschämt und respektlos an ihnen, und fertig ist die Geschichte.

"Remix" vereint Reportagen, Porträts, Kurzgeschichten und Glossen des 1975 in Bremen geborenen Autors Benjamin von Stuckrad-Barre aus den Jahren 1996 - 99. Der Verlag spricht von Themen wie "Alltag, Rausch, Fernsehen, Pop, Liebe und das Gegenteil, Produkte und Personen, Welt", derer sich der Autor "mal streng unsachlich, mal nüchtern, hier liebevoll, dort vorlaut" annimmt.

Stuckrad-Barre schreibt Bücher und arbeitet für verschiedene Zeitschriften, so zum Beispiel die "F. A. Z.", "Die Woche", "Allegra", "Stern" und "Welt am Sonntag". Zuletzt erschien sein Fotoroman "Deutsches Theater".

Der Titel "Remix" verspricht mit ausgewählten Stücken eine unterhaltsame Best - of - Sammlung zu sein. Es stellt sich die Frage: Wird dieses Versprechen gehalten?

Viele Haltungen gegenüber einer Unzahl an Themen: "Remix" ist nicht mehr als eine nicht enden wollende Wiederverwertung zum Teil schon in Zeitungen und Magazinen veröffentlichter, dann abgelegter Kurzprosa.

Wenn der Autor über Stars und Sternchen im deutschen Kulturbetrieb schreibt, dann wählt er sich treffsicher solche Personen aus, über die keiner mehr ein Wort verliert, weil niemand sie mehr ernst nimmt. Braucht der Leser wirklich noch eine weitere Geschichte über den Kampf Jenny Elvers versus Heiner Lauterbach? Auch Birgit Schrowange oder Heino bieten mangels öffentlichen Interesses keine Angriffsfläche mehr.Gleichwohl kritisiert und tadelt Stuckrad-Barre munter weiter. Er macht sich lustig über Herbert Grönemeyers Comeback und bezeichnet dessen Band als "leicht biedere Lederhosenband". Doch was hier spöttisch gemeint ist, findet der verspottete Grönemeyer "leider gut". Ziel verfehlt.

Stuckrad-Barre verfehlt das Ziel seines Buches. Während in seinen Büchern "Soloalbum" oder "Livealbum" eine Rahmenhandlung (Liebesgeschichte, Lesereise) die einzelnen Episoden zusammenhält, sieht sich der Leser in "Remix" mit einer ungeordneten Sammlung literarischer Affronts gegen die Mediengesellschaft konfrontiert. Einen dieser kurzen Texte in einer Zeitschrift zu lesen, mag vielleicht unterhaltsam sein. Einen Band von über 300 Seiten - vollgestopft - mit solchen Texten will man jedoch schnell wieder aus der Hand legen.

Titelbild

Benjamin von Stuckrad-Barre: Remix. Texte 1996-1999.
Goldmann Verlag, München 2001.
334 Seiten, 9,20 EUR.
ISBN-10: 3442451671

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