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Karl May und sein Werk - Eine Biographie von Klaus Walther

Von Caroline AlbertRSS-Newsfeed neuer Artikel von Caroline Albert

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wer war er eigentlich, dieser Karl May? Ein Hochstapler, ein Genie, oder vielleicht sogar beides? Kontroversen hat der Autor schon zu seinen Lebzeiten ausgelöst, und auch nach seinem Tod waren die Diskussionen um ihn und sein Werk noch lange nicht ausgestanden. Bis heute diskutieren Karl-May-Experten zum Beispiel, ob er am 5. September 1908, im Alter von 66 Jahren, tatsächlich zum ersten Mal amerikanischen Boden betrat. Die Abenteuer seiner legendären literarischen Figuren "Winnetou" und "Old Shatterhand" waren zu diesem Zeitpunkt schon längst niedergeschrieben. Ob nun wirklich erlebt oder nicht, seine Reisegeschichten und Abenteuer sind ein wichtiger Teil deutscher Literatur und faszinieren Leser aller Altersklassen bis heute.

Trotzdem wäre es falsch, Karl Mays Werk auf "Winnetou" und "Old Shatterhand" zu reduzieren. Klaus Walther weist in seiner Biographie zu Recht darauf hin, dass auch Mays Spätwerk eine wichtige Bedeutung zukommt. In Romanen wie "Ardistan und Dschinnistan" und "Im Reiche des silbernen Löwen" sieht Walter nicht nur eine Veränderung des Schreibstils Karl Mays, sondern auch die Bewältigung seiner eigenen Vergangenheit. Einer Vergangenheit, die unter anderem von Krankheit geprägt war, von den Jahren im Gefängnis, seiner Entwicklung als Schriftsteller und dem Zwang zur Selbstdarstellung. In diesem Zusammenhang spielte immer wieder der Kampf mit seinen Kritikern eine wichtige Rolle.

Leicht verständlich schildert Walther die verschiedenen Lebensstationen Karl Mays und die Entstehung und Relevanz seiner Werke. Ergänzt wird der Text durch zahlreiche farbige Abbildungen und graphisch hervorgehobene Zusatzinformationen in Gestalt von Kurzbiographien, Zitaten und Ausführungen zu den politischen und sozialen Umständen seiner Zeit. Diese Informationen sind interessant, unterbrechen zuweilen aber empfindlich den Lesefluss. Unverständlich ist, dass wichtige Zitate ohne Quellenangabe im Text erscheinen. Weiterhin fällt auf, dass Walther einige Abschnitte der Biographie sehr subjektiv färbt. Da ist von Mays "erbärmlicher Laufbahn" als Hochstapler die Rede. Er wird in diesem Zusammenhang als "armseliger Old Shatterhand" bezeichnet, und seine Hochstapeleien waren "unsäglich dilettantisch".

Abgesehen von diesen Unstimmigkeiten eignet sich das Buch aufgrund der übersichtlichen Gestaltung gut zu einer ersten, schnellen Einführung in Karl Mays Leben und Werk. Weitergehende Informationsmöglichkeiten werden anhand der Auswahlbibliographie geboten, die mit einer Zeittafel und dem Personenregister den Band abschließt.

Titelbild

Klaus Walther: Karl May. Portrait.
dtv Verlag, München 2001.
192 Seiten, 9,50 EUR.
ISBN-10: 3423310561

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