Wir Menschen sind Passagiere
Ein Heine-Porträt in Deutschen Taschenbuch Verlag
Von Ingeborg Gleichauf
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNoch immer stehen die Biographien der Reihe dtv portrait, im Gegensatz zu den bewährten rororo-Monographien, etwas verloren in den Buchhandlungen. Das soeben erschienene Bändchen zu Heinrich Heine könnte der Reihe endlich zu einem angemessenen Stellenwert verhelfen. Ungemein sachkundig geschrieben, lässt der von Jan-Christoph Hauschild und Michael Werner geschriebene Band keine der vielen Facetten des Dichters aus. Heine erscheint als der "Empfindsame", der "Satiriker", der "Aufklärer", der "Nationale" und der "Weltbürger". Rahel Varnhagen setzte in ihn ihr ganzes Vertrauen. Er sollte all das, was sie nicht aussprechen konnte, in seiner Dichtung zu Wort kommen lassen. Er wollte, wie sie, "aus dem Judentum heraus", und blieb, wie sie, seiner Herkunft treu. Heine war verletzbar und hat sich in seiner Sensibilität inszeniert. Er hat immer wieder einen neuen Ton gefunden, sein Variationsreichtum ist unerschöpflich. Ruhe gab es in seinem Leben nicht und selbst sein Krankenzimmer hat er als "Grab ohne Ruhe" bezeichnet. Die Produktivität ließ selbst in der Zeit schwerer Krankheit nicht nach.
Spannend ist auch das, was die beiden Autoren zur Rezeptionsgeschichte Heines zu sagen haben. Immer dann, wenn über "Deutschlands Rolle in der Weltgeschichte" nachgedacht wird und man sich fragt, wie das Verhältnis Deutschlands zu seinen Nachbarn ist, dann zeigt sich die Aktualität Heines. Dies gilt auch für die jüngste Vergangenheit. "Für die Rezeption durch das breite Publikum in aller Welt brachte jüngst die deutsche Einigung von 1989 neue Impulse".
Die dtv-Biographie ist eine von zwei echten Kennern flüssig und klar geschriebene Einführung in Leben und Werk eines der spannendsten deutschen Dichter. Auch denen, die sich ihren Weg zu Heine bereits ein Stück weit gebahnt haben, gibt es neue und überraschende Einblicke.
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