Max the Maximal

Ulrich Mühe liest Juli Zehs fulminanten Roman "Adler und Engel"

Von Anette MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anette Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Max steckt in einer tiefen Krise: seine Freundin Jessie hat sich das Leben genommen, er ist kokainabhängig und sein Job als Jurist, Spezialgebiet Europa- und Völkerkunde, befriedigt ihn schon lange nicht mehr. Durch seine Liebe zu Jessie, die, in eine Dynastie von Drogendealern hineingeboren, als Dealerin tätig war, hat sich Max in ein Netz aus politischen Verschwörungen und Verbrechen verstrickt, aus dem er nicht mehr herausfindet. Die Radiomoderatorin Clara bringt Max dazu, seine und Jessies Geschichte Revue passieren zu lassen.

Juli Zehs Romandebüt "Adler und Engel" wurde im letzten Jahr von der Kritik gefeiert und liegt jetzt als Hörbuch in gekürzter Fassung vor, gelesen von Schauspieler Ulrich Mühe. Mühe leiht dem Ich-Erzähler Max jedoch mehr als seine Stimme, Mühe haucht Max Leben ein. Kalt und schnell erzählt er aus dem grellen, schnellen Leben, das Max mit Jessie führte - seine Stimme wird nur weich, wenn er von Jessie erzählt: von ihrer Eigenart, die Wörter beim Sprechen lang zu ziehen; von seiner ersten Begegnung mit ihr, als sie fast noch ein Kind war; von dem Beschützerinstinkt, den sie, fünf Jahre jünger als er, in ihm weckte.

Max kann Jessie aber letztlich nicht beschützen. In Rückblenden erzählt Max von Jessies Panikattacken, die sie quälten, seitdem eine "Kollegin", eine andere Dealerin, vor ihren Augen von ihrem Boss Arkan und seinen Leuten ermordet wurde. "Tiger" heißen die Killer, die für Arkan arbeiten, einem serbischen Verbrecher und Milizionär. "Ich glaube, die Tiger sind wieder da", flüsterte Jessie, kurz bevor sie sich während eines Telefonats mit Max erschoss.

Mühe liest Zehs "Adler und Engel" weniger, als dass er den Roman spielt. Cool und abgebrüht berichtet Max aus seinem Leben, feuert Sätze wie Gewehrsalven ab und gibt den kalten Karrierejuristen, doch seine Wahrheit ist eine andere: Max sucht seinen eigenen Weg, nachdem auch Anpassung und Karriere seinem Leben weder Inhalt noch Sinn geben konnten. Mühe kriegt auch diese Zwischentöne hin und ist damit ein Glücksfall für die Produktion des Hörbuchs: Ob man gerne weiterhört - bei einer Spiellänge von 376 Minuten keine unwesentliche Frage - hängt nicht nur von der Qualität des Buchs, sondern auch von der Qualität und dem Können des Vorlesers ab. Mit Ulrich Mühe als Vorleser wünscht man sich, der Roman wäre für die Hörbuchproduktion nicht gekürzt worden.

Titelbild

Juli Zeh: Adler und Engel. CD.
Heyne Verlag, München 2002.
25,00 EUR.
ISBN-10: 3453215095

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