Männliche Informationen und weibliche Unterhaltung in deutschen Wochenschauen der fünfziger Jahre
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDem scheinbar bunten und vermeintlich leichtem Gemisch aus männlich konnotierter Information und weiblich konnotierter Unterhaltung der bundesdeutschen Wochenschauen kam während der 50er Jahre die ernste und nicht zu unterschätzende Funktion zu, ein positives Bild von der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Bundesrepublik zu zeichnen und somit zu der Legitimation des neuen Staates beizutragen.
In einer ebenso umfangreichen wie gründlichen Studie untersucht Ute Schwarz, wie das "filmpublizistische Instrument in Bundeseigentum" Wochenschauen zunächst dazu beitrug, den alten Geschlechterhierarchien beim Aufbau des westdeutschen Selbstbildes unter veränderten Bedingungen erneute Geltung zu verschaffen und wie sie die Geschlechterbilder später den sozialen Veränderungen in der entstehenden Konsumgesellschaft anpassten.
Kaum hatten die Trümmerfrauen die Schubkarren beiseite gestellt, forderten Konrad Adenauer und sein seit 1953 amtierender Bundesfamilienminister Franz-Josef Wuermeling von ihnen einen stärkeren "Willen zum Kind". Bald darauf schon sollten sie im Zuge von Ludwig Erhards Wirtschaftswunder auch noch als "konsumierende Hausfrau" ihren besonderen Beitrag zum Wachstum des nationalen Wohlstands leisten. Diese Entwicklung "von der Trümmerfrau der Nachkriegszeit zur Restauration patriarchalischer Öffentlichkeits- und Familienstrukturen in den 50er Jahren, und zur Neudefinition der Frau als Konsumentin im Zuge der Durchsetzung der Konsumgesellschaft" interpretiert Schwarz als "Effekt diskursiver Zuschreibungsprozeduren in der historischen Situation". Da die Autorin die Wochenschauen als "technology of gender" untersucht, richtet sie ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf die Fragen, wie die En- und Decodierung von Geschlecht erfolgte und mit welchen sozialen Wertungen die jeweiligen Geschlechterdarstellungen verbunden waren.
R. L.