Jürgen Wertheimers intellektuelle Prävention gegen den "Krieg der Wörter"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Buch will mit einem Vorurteil aufräumen, das meint, es gäbe eine Wirklichkeit der Dinge und eine Wirklichkeit der Sprache, die beide eindeutig voneinander zu trennen sind. Die Kulturkriege zeigen erschreckend, dass der Krieg im Kopf über den Krieg der Wörter zum Krieg der Waffen wird: Symbole, Mythen, Geschichten, Gedichte bereiten das Schlachtfeld. Sprache ist der Transmissionsriemen von Kultur, aber auch von "kulturell" legitimierter Barbarei. Die Genozide des 20. Jahrhunderts zeigen dies auf erschreckend klare Weise.

Mit dieser Erkenntnis ist auch ein möglicher Weg aus dem Dilemma gewiesen. Wenn Kriegsgefühle kommunikativ hergestellt werden können, müsste es - zumal in modernen Kommunikationsgesellschaften - auch möglich sein, Deeskalationsgefühle zu kommunizieren. Präventiv den Sprach- und Wirklichkeitsverfälschern zuvorzukommen, scheint effizienter, als ihnen post factum militärisch hinterher zu hecheln.

Das eher essayistisch-polemisch als fachwissenschaftlich geschriebene Buch will keine Spezialisten ansprechen, sondern alle, die an pragmatischer politischer, kultureller und sozialer Gestaltungs- und Erziehungsarbeit ohne globale Ethik und Weltreligionsmission interessiert sind. Es gilt die Formel von Amos Oz. "We can live together as Men or die together as Fools."

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Titelbild

Jürgen Wertheimer: Krieg der Wörter. Die Kulturkonfliktslüge.
Verlag LiteraturWissenschaft.de, Marburg 2003.
252 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-10: 3936134057

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