Spice Girls auf LSD

Madonnas Kinderbuch "Die Englischen Rosen” ist schlicht überflüssig

Von Anette MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anette Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gibt Bücher, die es nicht geben sollte - es sei denn unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, denn schließlich muss die allseits beschrieene Verlagskrise überstanden werden, und da nimmt man eben schnell noch ein paar Milliönchen vom Verkauf des Bohlen-Buches mit.

Der Spaß hört aber spätestens dann auf, wenn ein wirklicher Superstar wie Madonna, der seit zwanzig Jahren zu den Besten weltweit gehört (und darüber lässt sich nun mal nicht streiten, mit mir schon gar nicht), ein Kinderbuch herausbringt, das sowohl die Intelligenz als auch das Auge des Betrachters beleidigt - und das auch noch unterstützt von durchaus renommierten Verlagen. In Deutschland ist es der Hanser Verlag, der an Madonnas Namen verdienen möchte. Verdienen wird man bestenfalls am Namen; für die Geschichte wird sich nach dem Medienrummel zum Erscheinen des Buches niemand interessieren, denn sie ist sterbenslangweilig: "Die Englischen Rosen" erzählt von einem gleichnamigen Mädchenquartett, das den Spice Girls fatal ähnlich sieht und auf ein fünftes Mädchen, die überirdisch schöne Binah, neidisch ist. Der Rest ist kurz erzählt: eine Fee macht die vier Mädchen für einen Tag unsichtbar und, siehe da, das Leben der eifersüchtig beäugten Binah ist gar nicht so beneidenswert, denn, ach, das arme Mädchen hat keine Mutter mehr und muss nach der Schule für den Vater kochen, putzen und waschen. Entsetzt über das eigene Fehlverhalten gehen die vier Mädchen in sich und reichen Binah schließlich die Hand in Freundschaft. Seufz. Und die Moral von der Geschicht'? Du sollst nicht neidisch sein. Wie schön, dass Madonna uns das mal näher gebracht hat.

Dabei sei noch erwähnt, dass das dünne Geschichtchen an sich nicht mal das Schlimmste an diesem Buch ist. Es sind die Zeichnungen von einem gewissen Jeffrey Fulvimari, die es letztendlich unerträglich machen. Gäbe es einen Preis für die hässlichsten Illustrationen eines Kinderbuches, Herr Fulvimari stünde bei mir auf dem Siegertreppchen ganz oben. Nicht nur, dass die vier Mädels herausgeputzt sind wie Models. Jede einzelne Illustration ist auch noch bonbonbunt und meist perspektivisch verzerrt, die Mädchen haben im Vergleich zum Körper riesige Köpfe und noch größere Augen und kommen daher wie die Spice Girls auf LSD (sogar Geri Halliwells Union-Jack-Kleidchen wurde hier verewigt). Sollten unsere Kinder dennoch im späteren Leben Madonna-Fans werden, können sie "Die Englischen Rosen" dann bei ebay als Sammlerstück ersteigern - natürlich nur, um die schon vorhandene Fansammlung komplett zu machen.

Titelbild

Madonna: Die Englischen Rosen.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Anu Stohner.
Carl Hanser Verlag, München 2003.
48 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-10: 3446204121

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