Antworten auf tausend Fragen

Der Kinder Brockhaus ist wieder da und völlig neu bearbeitet

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Wer nicht fragt bleibt dumm. Kinder haben tausend Fragen - und können ihre Eltern damit in Erklärungsnöte und häufig bis an den Rand der Verzweiflung bringen. Hilfe für gestresste Mamis und Papis versprechen deshalb immer wieder Kindersendungen von der Sesamstraße bis zu Löwenzahn, aber auch spezielle Bücher und Nachschlagewerke.

Ein solches Lexikon ist der "Kinder Brockhaus". Von "Aal" bis "Zypern" reicht hier das Stichwortverzeichnis, in dem die wichtigsten Bereiche aus Natur, Umwelt, Technik und der Welt der Menschen kindgerecht erläutert werden sollen. Dass das Konzept aufgeht, beweist die große Nachfrage. Nachdem die dritte Auflage innerhalb kürzester Zeit vergriffen war, wurde das Lexikon in diesem Jahr gleich wieder neu aufgelegt. Dabei wurden allerdings nicht nur die Artikel aktualisiert und neu bebildert sowie weitere Begriffe aus allen Lebensbereichen (von Bundesrat über Irak bis Inlineskating) und erstmals auch weiterführende Internet-Links aufgenommen. Sondern es wurde auch ein kleineres, kompakteres Format gewählt - drei statt bislang vier Bände -, das sich besser zum Nachschlagen eignet.

Die Hauptsache jedoch ist: Der Kinder Brockhaus ist alles andere als langweilig. In einem kurzen Vorwort erfährt man nicht nur, wie so ein Lexikon überhaupt entsteht, sondern auch, dass Autor Marcus Würmli sein Schreib-Handwerk versteht. "Die Lektorin (so heißen die Leute, die Bücher planen und machen) brachte mich dazu, das Lexikon fertig zu schreiben, obwohl ich im Sommer doch lieber geangelt oder Ameisen untersucht hätte. Meine eigenen Kinder lasen viele Beiträge und meinten: ,Ziemlich langweilig'. Seufzend versuchte ich es besser zu machen", berichtet Würmli von seiner Arbeit am Brockhaus. Seine Kinder waren offensichtlich gute Kritiker: Die Artikel sind anschaulich geschrieben und machen die jungen Leser neugierig. Mit Hilfe zahlreicher Querverweise in den Texten (deren Handhabung vorab erklärt wird) kann sich jedes Kind von einem Thema zum nächsten schmökern: von Ägypten zu den Arabern und dem Islam, dann über Israel bis zu den Wüstenoasen usw. Man erfährt nicht nur, dass Albatrosse fast ihr ganzes Leben segelnd in der Luft verbringen und dass Faultiere ihren Namen zu Recht tragen. Sondern Kinder lernen auch den Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur, welchen Sinn Gesetze haben oder aber wie ein Fotokopierer funktioniert.

Die Seitengestaltung erfolgte dabei sehr liebevoll und sorgfältig, beispielsweise beim Stichwort "Vulkan", das durch einen farbenfrohen großen Querschnitt durch einen Vulkankegel bebildert wird. Gerade die zahlreichen Bilder und Illustrationen machen den Kinder-Brockhaus damit zu einem Lexikon, das Lust macht, darin zu schmökern; da stört auch kaum, dass im Register die sieben Weltwunder nur unter "S", nicht aber unter "W" verzeichnet sind. Begriffen wie "Biologie", "Computer", "Dinosaurier", "Kunst" oder auch "Handel, Geld und Arbeit", "Medien", "Politik", "Raumfahrt", "Religion" und "Ritter" sind zusätzlich insgesamt 32 Themen-Doppelseiten gewidmet. Über die Wahl gerade dieser Begriffe für eine solche gesonderte Darstellung lässt sich sicherlich streiten, wie auch allgemein die Auswahl der Stichworte diskutiert werden könnte. Der Zielgruppe der Acht bis Zwölfjährigen entsprechend wird generell der Schwerpunkt durchaus auf abstraktere und schwierigere Begriffe gelegt, bei denen vermutlich die Eltern am ehesten kapitulieren - und am Ende nicht selten selbst ihr Wissen aus dem Kinderlexikon auffrischen und/oder ergänzen können. Oder weiß wirklich jeder Vater oder jede Mutter, was ein Geysir ist?

Thematisch ergänzt werden die Beiträge mittels kurzer Info-Kästen, Tabellen und Übersichten, aber auch unterhaltsamer Informationen über Kuriositäten und schließlich Anregungen zum Nachdenken - und Nachmachen. Die so genannten "Mach es selbst"-Kästen sollen mit Versuchen und Experimenten den Kindern helfen, das Lexikon-Wissen besser zu verstehen. Und so werden die Jungen und Mädchen zu einfachen Experimenten zur Schwerkraft angeleitet oder dazu angeregt, zu Hause Alaunkristalle zu züchten. Unter "Mach es selbst" fällt aber beispielsweise auch - wohl zur Überraschung und Begeisterung aller erwachsenen Leser - die Anregung zum Lesen von (Welt-)Literatur. So wird den Kindern unter anderem die Lektüre der "Schatzinsel' von Robert Louis Stevenson oder "Gullivers Reisen" von Jonathan Swift "zum Ausprobieren" empfohlen. Für zusätzlichen Wissensspaß sorgen die Lektüre-Begleiter Kalle Clever und seine Freundin Maja. Während Kalle immer wieder Quizfragen stellt (die im letzten Band aufgelöst werden), weiß Maja jede Menge Rekordverdächtiges zu den einzelnen Stichworten.

Alles in allem ist der Kinder-Brockhaus ein anschauliches und unterhaltsames, sorgfältig gestaltetes Kinder-Lexikon mit 1.050 Artikeln und über 2.000 Fotos und Grafiken. Natürlich kann auch der Kinder-Brockhaus nicht alle Fragen beantworten. Das räumt die Redaktion selbst ein, sonst müsste das Lexikon ja "viele Kilometer dick" sein. Aber auch dafür gibt es eine Lösung: Mit dem Kauf der vier Bände erhält jedes Kind eine Mitgliedskarte im "Clever Club". Unter Angabe der Clubnummer kann es dann den Auskunftsdienst der Redaktion in Anspruch nehmen. Die Brockhaus-Kinder-Redaktion will jede Frage zu beantworten suchen. Eine nette Idee!

Titelbild

Der Kinder-Brockhaus in drei Bänden.
Bibliographisches Institut, Mannheim 2003.
672 Seiten, 49,95 EUR.
ISBN-10: 3765318043

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