Hokuspokus doppelmoppel

Tim Kennemores Möchtegern-Hexe Lizzy setzt in "Alles Zauber, oder was?" ihrer Umwelt gehörig zu

Von Anette MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anette Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Was tun, wenn im Haus nebenan Nachbarn leben, die einem so jeden Spaß verderben wollen?, fragt sich Lizzy Sharp und die Antwort erscheint ihr mehr als einleuchtend: Man hext das biestige alte Ehepaar, Mr. und Mrs. Potward, einfach weg. Assistiert von ihrem kleinen Bruder Max und unter den hämischen Kommentaren des großen Bruders Dan, braut Lizzy eine Tinktur, die sie um das Haus der verhassten Nachbarn ausgießt. Und, Hokuspokus doppelmoppel, die fiese Mrs. Potward bricht sich tags darauf die Hüfte. Drei Wochen später sind die Sharps die alten Nachbarn los, das Haus steht zum Verkauf.

Lizzy ist klar: sie ist eine Hexe, und eine sehr gute noch dazu! Vorbei ist es mit dem Wunsch, Schauspielerin zu werden - stattdessen plant sie den Aufbau eines eigenen Hexenimperiums mit eigener Fernsehshow, Büchern, Merchandise und Ladenketten.

Dan glaubt unterdessen natürlich keinesfalls an die Hexenkräfte seiner Schwester, auch wenn er nicht erklären kann, warum sie auch mit ihren nachfolgenden Hexereien Erfolg hat: der doofen Lehrerin wird eine Übelkeit angehext, gemeinen Mitschülern eine Lektion erteilt. Für Dan kann all das nur Zufall sein. Oder? Dan entwirft einen Plan, Lizzy zu beweisen, dass die angebliche Wirkung ihrer Zaubertränke auf nichts anderem als Zufall beruht, während sich Bruder Max, weltschlechtester Torwart, der im Spiel gerne mal fünfundzwanzig Bälle in drei Minuten ins Tor gehen lässt, völlig neue Möglichkeiten eröffnen: Könnte er nun nicht den verhassten Nathan Dursley aus seiner Klasse einfach verschwinden lassen? Als Assistent und Bruder der fabelhaften Hexe Lizzy kann er ja ebenfalls nur magische Kräfte haben und die müssen schließlich eingesetzt werden! Ohne Lizzys Wissen bedient sich Max eines ihrer Zaubertränke - mit durchschlagender Wirkung ...

"Alles Zauber, oder was?" ist eine bis ins Detail liebevoll ausgeschmückte Geschichte um drei Geschwister, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die einander nicht nur in Liebe zugeneigt sind. So lassen Dan und Lizzy Max' Freunde, die von ihm imaginierte Familie Knödel, mit einem Zauberspruch kurzerhand verschwinden. Da Max uneingeschränkt an die Wirksamkeit von Lizzys Hexereien glaubt, ist die Knödel-Familie am nächsten Morgen tatsächlich aus dem Haus der Sharps verschwunden - und Max ist todunglücklich. Lizzy muss langsam erkennen, dass es nicht so einfach ist, eine Hexe zu sein, die nicht nur zu ihrem eigenen Vorteil hext. Wird sie Max begreiflich machen können, dass nur er die Knödels herbeiholen oder wegzaubern kann, da sie ausschließlich das Produkt seiner Phantasie sind? Und gilt das, wie Dan behauptet, dann auch für ihre eigenen Hexereien? Lizzy ist sich ihrer Zauberkräfte plötzlich nicht mehr so sicher...

Tim Kennemore schreibt in "Alles Zauber, oder was?" nicht nur über die Macht der Phantasie, sondern auch über Geschwisterbeziehungen und die verschiedenen Rollen, die jedem Familienmitglied auf der Bühne des Familienlebens zugesprochen werden. Damit hat der Londoner Kinderbuchautor eine Geschichte geschaffen, die durch absolut liebenswerte Charaktere besticht und so originell und lustig-leicht daherkommt, dass das Lesen eine einzige Freude ist.

Titelbild

Tim Kennemore: Alles Zauber, oder was?
Übersetzt aus dem Englischen von Nina Schindler.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
288 Seiten, 11,90 EUR.
ISBN-10: 3596851254

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