Shakespeare contra BRAVO

Zoe Jennys Roman "Ein schnelles Leben"

Von Moti BrinkhausRSS-Newsfeed neuer Artikel von Moti Brinkhaus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Moderner Shakespearestoff oder doch nur ein langweiliger Teenie-Tagebucheintrag? Der dritte Roman,,Ein schnelles Leben" der 29-jährigen Zoe Jenny wird von ihrem Verlag als moderne Romeo-und-Julia-Geschichte angepriesen. Doch dieser Vergleich ist eine Zumutung. Dieser Roman schöpft die Rosamunde-Pilcher-Klischees mit bemerkenswerter Vollständigkeit aus und ist geprägt von zu vielen schicksalhaften Zufällen. Da ist die junge Türkin Ayse, die ständig von ihrem Bruder Zafir bewacht wird, und da ist Christian, der in rechten Kreisen verkehrt und dessen Bande sich regelmäßig mit Zafirs Leuten prügelt. Ayse und Christian, zusammen,,dreiunddreißig Jahre alt", lieben sich und müssen gegen Konventionen und Moralvorstellungen ankämpfen. Zum Glück hat Ayse einen netten Deutschlehrer, der sie zum Schreiben von Geschichten animiert und der ihr den Schlüssel zu seiner Wohnung anbietet. So kann sich das gegensätzliche Paar heimlich treffen, ohne vom bösen Bruder gestört zu werden. Dann kommt es eines Nachts zu einer Auseinandersetzung zwischen den Banden. Christian schießt Zafir an, ohne es gewollt zu haben. Er erzählt es Ayse nicht, bittet sie aber mit ihm zu flüchten. Da diese von ihren Eltern auf ein Internat geschickt werden soll, geht sie natürlich mit ihm. Sie fliehen nach Italien. In einer einsamen Berghütte kommt es zum großen Finale: Vereint im Rausche der Lust gehen sie dem Tod entgegen - verschlungen von einer Schlammlawine.

Zwar ist Jennys Stil klar, ohne Verschnörkelung oder Ironie, doch wirken ihre Protagonisten hölzern und wenig originell, behaftet von Klischees: eifersüchtiger Bruder, gutaussehender, verständnisvoller Deutschlehrer, strenge Eltern. Jeder hat seine typische Rolle. Auch passt die Sprache der Jugendlichen nicht zu ihrem Charakter. Sie wechselt zwischen kindlicher Bilderbuchsprache und Formulierungen, die ein Jugendlicher so nie benutzen würde. Zwischendurch liest man Ayses Tagebucheinträge in ihrem blauen Büchlein, in denen sie sich den Frust von der Seele schreibt und ihre erotischen Phantasien auslebt - eigentlich genauso spannend wie die "Bravo".

Muss das alles so dramatisch sein? Denn eigentlich ist die Thematik ganz gut gewählt, wenn man ihr bloß noch ein bisschen mehr auf den Grund gehen würde. Doch durch platte Klischees und ständige Zufälle wirkt die Handlung nicht rund und ist inhaltlich schwach. Vor allem das Ende erscheint einem wie,,die Rettung in letzter Minute". Hatte Jenny auch keine Lust mehr auf ihren Roman? Man weiß es nicht.

Titelbild

Zoe Jenny: Ein schnelles Leben. Roman.
Aufbau Verlag, Berlin 2002.
165 Seiten, 17,50 EUR.
ISBN-10: 3351029519

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