Mit Gandalf auf Schattenfell unterwegs
Das offizielle Begleitbuch zu "Herr der Ringe III" bietet grandiose Bilder, Raum für Spekulationen und müden Abklatsch
Von Hannelore Piehler
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseEs ist vollbracht. Die entscheidende Schlacht ist geschlagen, der böse Sauron ist besiegt. Über neun Millionen Zuschauer allein in den ersten Wochen haben den letzten Teil der "Herr der Ringe"-Trilogie von Peter Jackson im Kino gesehen. Und bei der Oscar-Verleihung räumte dieser dritte Teil "Die Rückkehr des Königs" mit elf Trophäen kräftig ab.
Mehr als zu Recht. Peter Jackson und seine Mitstreiter haben sich mit der sehr werknahen Verfilmung des Tolkien-Klassikers ein Kino-Denkmal gesetzt. Für alle, die ungeduldig auf das letzte noch zu erwartende Highlight, die wieder um etliche Szenen erweiterte Fassung des Kinofilms auf DVD, warten, mag das "offizielle Begleitbuch" immerhin ein kleiner Trost sein.
Denn auf 68 Seiten kann der Leser richtig in die Welt Mittelerdes eintauchen. Das ist in erster Linie den über 100 meist großformatigen Bildern zu verdanken, die, anders als in den Begleitbüchern der ersten beiden Teile, überwiegend aus Standfotos und Filmaufnahmen bestehen. Der Leser galoppiert also mit Gandalf auf dem Rücken Schattenfells auf Gondors Festung zu, blickt mit Frodo und Sam auf die mächtigen, einschüchternden Tore Minas Morguls und zieht mit Aragorn vor das Schwarze Tor Mordors. Die Fotos und Kulissen sind wahrlich beeindruckend.
Der Text des Begleitbuches hingegen ist größtenteils eine Enttäuschung. Als Nacherzählung bietet er Tolkien-Kennern und Fans nur einen müden Abklatsch der Filmereignisse und vermittelt kaum eine Ahnung von der Brillanz des Originals. Auch das "open end" des Begleitbuchs erscheint etwas ärgerlich. Keine Frage: Jude Fisher möchte nicht zu viel vom Plot verraten. Aber auf diese Weise werden dem Leser auch einige der schönsten Bilder des Films - wie die Krönung Aragorns - vorenthalten.
Immerhin: Ausgeglichen werden diese Mängel durch die Erläuterungen von Details der Ausstattung und Figuren, die bei der cineastischen Wucht des Films allzu leicht untergehen und hier noch einmal nachgeblättert werden können. Darin findet das Buch seine eigentliche Berechtigung. So werden beispielsweise die Wächter der Zitadelle Gondors sorgfältig vorgestellt und beschrieben, von ihren Silberhelmen aus Mithril bis hin zu den Seevögelschwingen "zur Erinnerung an die alten Zeiten, als Elendil und die Vorfahren der Menschen von Númenor, dem westlichsten aller sterblichen Lande, nach Mittelerde segelten."
Und nicht zuletzt bietet das Begleitbuch auch einige interessante Hinweise auf die noch zu erwartende Langfassung des Films. Im Kino waren nämlich die abgebildeten Szenen Frodos und Sams "unter Orks" nicht zu sehen. Und auch die Erklärungen zu Frodos Kampf gegen Kankra bieten Raum für Spekulationen um mögliche Zusatz-Szenen.
Man darf also gespannt sein - und bis zur DVD getrost im Begleitbuch schmökern. Sofern man nicht doch lieber zu Tolkiens Original greift.