Auf den Spuren von Shakespeare
Wie uns "Liebesromane schreiben" von Angeline Bauer etwas über die Liebe lehrt
Von Sanja Zec
Alles hätte so gut gepasst: der rosafarbene Pappeinband, der romantisch kursiv geschwungene Titel, ja sogar die Umschlagsillustration. "Hopeless" von Roy Lichtenstein prangt da nämlich von der Kartonage, und als Rezensent denkt man sich, wie gut das doch getroffen ist, genau dieses Bild auf das neue Werk Angeline Bauers zu drucken, denn was wäre schon anderes zu erwarten von einem Buch, das den Titel "Liebesromane schreiben" trägt, als dass es im wahrsten Sinne des Wortes ein hoffnungsloser Fall wäre.
Dem ist jedoch nicht so. Zumindest nicht über weite Strecken. Bauer gelingt es tatsächlich, dem kitschig verschrieenen Thema Ernsthaftigkeit abzugewinnen.
Sie beginnt ganz von vorne: "Die erste Erfahrung unseres Lebens ist die Geburt und damit die Trennung von der Mutter. Andere Traumata und Dramen folgen, bei denen es immer wieder um Liebesentzug und Verlassenwerden geht." Das Thema zunächst von der psychologischen Seite anzugehen erweist sich als geschickter Schachzug, denn somit zieht sie die ersten Skeptiker bereits auf ihre Seite. Hier wird nicht emotional argumentiert sondern mit Hand und - Fuß vielleicht auch. "Verwundungen und Narben", so schreibt die Autorin weiter, bleiben zurück nach dem ständigen Verstoßenwerden, dem Zurücklassen im Kindergarten, in der Schule, im Krankenhaus. Ein Partner schließlich würde diese Verlassensängste beseitigen können. Die Suche nach dem Richtigen gehe hingegen ständig weiter, vor allem geschehe sie beim Lesen von Liebesromanen oder dem Ansehen von Liebesfilmen.
Als Liebesromanautor müsse man romantische von wahrer Liebe trennen können. In der wahren Liebe habe man gelernt, mit den Fehlern des Partners umzugehen und stelle keine unrealistischen Forderungen an die Beziehung. Romantische Liebe sei hingegen so perfekt, dass es sie im wirklichen Leben gar nicht geben könne, sie würde früher oder später an den übergroßen Erwartungen zerbrechen. Zwischen den Zeilen macht die Autorin, die selbst unter dem Pseudonym Friederike Costa "heitere Frauenromane" schreibt, auf diesem Weg deutlich, dass das Kapital eines Liebesromanautors immer die Sehnsucht seiner Leserschaft nach vollendetem Liebesglück ist. "Wir brauchen die Liebe wie Essen und Trinken, wie den Schlaf und die Sonne", schreibt Bauer poetisch, denn der Mensch wisse, "dass sein Leben nicht endlos, der Tod dagegen ewig ist, und das macht ihn in seinem Innersten einsam."
Für ein Thema, von dem man eigentlich erwartet, dass es leicht und anmutig daherkommt, sind diese Worte starker Tobak. Man merkt, die Autorin beherrscht ihr Metier, hat sich zu genüge damit auseinandergesetzt. Daher sind die ersten Kapitel nicht nur für jene interessant, in denen ernsthaft der Gedanke keimt, Liebesromane zu schreiben, sondern auch für diejenigen, die etwas über das Verständnis von Liebe in unserer Gesellschaft lernen wollen.
In den folgenden Seiten müht sich Bauer schließlich, Vorurteile und Klischees aus der Welt zu schaffen. "Was ist ein Liebesroman?" Fragt sie und gelangt zu dem Schluss, dass wohl jeder Roman, in dem es um die Liebe geht auch ein Liebesroman sein kann, auch wenn Kritiker und zum Teil auch das Publikum anderer Meinung wären. Diese zählen einen "kitschigen Heftchenroman" eher zum Liebesroman als einen Dostojewski.
Und was wäre denn schon dabei, für ein nicht übermäßig literarisch gebildetes Publikum zu schreiben? Shakespeare habe es schließlich auch getan. Und heute wäre seine Julia ein widerspenstiger Teenager, der sich den Anweisungen der Eltern widersetze.
Nach dem Klären dieser grundlegenden Einführung macht sich Bauer daran, verschiedene Typen von Liebesromanen aufzuzählen und zu erklären. Das Repertoire reicht dabei von kurzen Liebesgeschichten und dem literarischen Liebesroman über den obligatorischen Heftroman und dem abstrusen Zeitreisenroman bis hin zum erotischen Liebesroman und dem frechen Frauenroman. Dabei stützt sich die Autorin auf eigene Erfahrungen, zieht jedoch auch Informationen und Tipps von Kollegen hinzu. Anschaulich sind die angeführten Beispieltexte, die Sprache ist einfach und verständlich, die Texte sind gut gegliedert und Checklisten am Ende jedes Kapitels fassen die Lernergebnisse in den wichtigsten Punkten noch einmal zusammen.
Schließlich wendet sich Angeline Bauer dem eigentlichen Schreiben zu: Wie gelangt man zu einer guten Story? Sind Happy Ends wichtig? Wie schreibt man ein Exposé? Allen diesen Aspekten widmet sie hingegen nur wenige Seiten, viel Neues und Aufschlussreiches erfährt der angehende Liebesromanautor nicht. Das Buch erweist sich allenfalls als Starthilfe, kann hingegen keinesfalls als Nachschlagewerk fungieren, obwohl hin und wieder der Eindruck entsteht, es sei aus diesem Grunde konzipiert worden.
Völlig unnötig hingegen sind die Kapitel "Zehn Liebesromananfänge" und "Weiterlesen!". Im ersteren sind tatsächlich zehn Romananfänge aufgezeichnet, von denen jedoch einer Nabokovs "Lolita" und ein anderer Streeruwitzs "Lisas Liebe" zitiert, sich jedoch darüber streiten lässt, ob es sich hierbei um wirkliche Liebesromane handelt. "Weiterlesen!" beinhaltet schließlich eine Liste von etwa dreißig Liebesromanen, die die Autorin zu ihren "persönlichen Lieblingsbüchern" zählt.
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