Die Wiederentdeckung eines großen, vergessenen Autors

Max Aubs "Das magische Labyrinth" als Hörspiel

Von Annina MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Annina Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Spanien im Bürgerkrieg, Faschismus in Europa, Bomben, Zerstörung, Diktatur. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erlebt Spanien sein eigenes Höllenszenario. Und 1939, als in den übrigen Länder der Kampf gerade beginnt, liegt Spanien bereits am Boden, bezwungen, müde und zerrüttet.

Zeuge der Kriegsgräuel in Spanien wird der Schriftsteller Max Aub, der 1903 als Sohn eines wohlhabenden Deutschen und einer Französin in Paris geboren ist. Die Eltern sind Juden, und bereits bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges muss der junge Aub das erste Mal seine Heimat verlassen. Die Familie zieht nach Valencia. Ein Leben zwischen Heimat und Exil beginnt. Schnell passt er sich den neuen Lebensbedingungen an und lernt die neue Sprache. Nach seinem Schulabschluss trifft er auf Vertreterreisen die großen literarischen Avantgardisten in Madrid: Jorge Guillén und Federico García Lorca gehören zu seinen Bekannten, und mit dem Regisseur Luis Buñuel, für den er später auch ein Drehbuch schreiben wird, beginnt eine lebenslange Freundschaft. Aub heiratet 1926, leitet zeitweise ein Studententheater und lernt Ernest Hemingway, André Malraux und Gustav Regler kennen.

1936, als Francisco Francos Militärrevolte gegen die republikanische Regierung den spanischen Bürgerkrieg auslöst, beginnt für Max Aub eine lebenslange Odyssee. Zeitweise sozialistisch engagiert, ist er es, der als Kulturattaché der spanischen Republik in Paris seinen Freund Pablo Picasso mit dem Wandgemälde "Guernica" beauftragt, um die Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten des Krieges auf der Leinwand darzustellen. Nach einem darauf folgenden Aufenthalt im bürgerkriegszerrütteten Spanien kehrt er 1940 wieder nach Paris zurück und wird als Kommunist denunziert. In der Zeit bis 1942 wird er in verschiedenen Konzentrationslagern in Frankreich und Algerien interniert, aus dem ihm jedoch die Flucht gelingt. Die letzte Station seiner schrecklichen Reise ist das mexikanische Exil. Dort wird er auch den Rest seines Lebens verbringen.

Das Erlebte bringt Max Aub zu Papier. Bereits im Lager beginnt er mit Aufzeichnungen, die ihm als Grundlage für zahlreiche spätere Werke dienen. Sein sechsteiliger Band "Das magische Labyrinth" ist eine Chronik des spanischen Bürgerkriegs, dessen Mittelpunkt das Schicksal einfacher Menschen ist. Die Schauplätze in seinem Werk sind nicht nur die Großstädte Spaniens, sondern auch die kleinen Provinzen, die Dörfer und Landschaften, die der Bürgerkrieg ebenso in Mitleidenschaft gezogen hat.

"Bittere Mandeln" ist der letzte Teil des umfangreichen Werkes und beginnt kurz vor Kriegsende im März 1939 - zwei Monate vor dem siegreichen Einzug der "Nationalen" in Madrid. Die Protagonisten dieses Bandes sind Vicente Dalmases und Asunción: Zwei Liebende auf der rastlosen Suche nacheinander im zerstörten Alicante. Das Konzentrationslager "Mandelbaumfeld", eine Anspielung auf den Titel, wird zur letzten Etappe vieler Unglücklicher.

Das gleichnamige Hörspiel des letzten Bandes spiegelt in hastigen Dialogen, abgehackten Szenen, schräger Musik und ruhigen Phasen die Atmosphäre in den letzten Tagen des spanischen Bürgerkriegs wider. Der Hörer kommt keine Sekunde zur Ruhe, ist stets wachsam und angespannt. Kleine persönliche Glücksmomente der Protagonisten vermischen sich mit dem Chaos der Niederlage - und gehen in ihm unter.

Dass man mit der CD nur den letzten Teil des Werkes in den Händen hält, ist eine Herausforderung: Die Hauptdarsteller werden nicht genauer vorgestellt und erklärt, sodass der Hörer sich selbst seinen Weg bahnen und Schlüsse ziehen muss, was jedoch nicht besonders schwer fällt. Trotz dieses Umstandes, gelingt es dem Hörspiel innerhalb einer Stunde seine Wirkung zu tun: Der Hörer möchte mehr erfahren. Zwar nicht zwingend über die Personen, aber dafür umso mehr über die damalige Zeit. Das "umfangreichste und beeindruckenste literarische Dokument über den Spanischen Bürgerkrieg", wie es über den Roman heißt, erhält durch die aufwändige Hörspielproduktion des Bayrischen Rundfunks endlich seine wohlverdiente Chance zur Wiederentdeckung.

Max Aubs Werk "Das magische Labyrinth" ist nun - gerade in Form eines Hörspiels - für jedermann leicht zugänglich geworden. Vielleicht erhält der oft vergessene und hierzulande unbekannte Autor jetzt endlich, 20 Jahre nach seinem Tod, die ihm gebührende Aufmerksamkeit, die ihm schon immer zustand, und die er zu Lebzeiten nicht bekommen hat.

Titelbild

Max Aub: Das Magische Labyrinth: Bittere Mandeln. CD.
Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
57:53 Minuten, 17,95 EUR.
ISBN-10: 3821851341

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