Die Absurdität der Liebe

Ian McEwans Gefühlsthriller "Liebeswahn"

Von Ulla BiernatRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulla Biernat

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das ist ein hinterhältiger Roman, denn welche der drei Hauptpersonen einem "Liebeswahn" anhängt, bleibt in der Schwebe: Joe Rose, der aus der vermeintlichen Sicherheit der Rückschau erzählt, wie er von dem erotomanen Spät-Hippie und selbsternannten Missionar Jed mit Liebesbezeugungen verfolgt wird? Clarissa, die ihre harmonische Beziehung mit Joe zum Traumschloß der Liebe ausbaut? Oder doch Jed, der am Ende in einer geschlossenen Anstalt landet, aber unvermindert-optimistisch an seinen verstiegenen Gefühlen für Joe festhält? Der preisgekrönte englische Schriftsteller Ian McEwan (*1948), berüchtigt für seinen schwarzen Humor und unerschrockenen Zugriff auf Tabu-Themen, verwendet diese in seinem siebten Roman sparsam, aber erzähltechnisch gekonnt. Das naturwissenschaftliche Weltbild des Ich-Erzählers wird - mit feiner Ironie oder entlarvender Kaltschnäuzigkeit - gegen die Unlogik der Liebe (zwischen Männern, zwischen Männern und Frauen, Eltern und Kindern) ausgespielt. Beunruhigendes Fazit der ungeheuerlichen Ereignisse: Manchmal muß Liebe nicht erst gesucht, sondern ausgehalten und ertragen werden.

Titelbild

Ian McEwan: Liebeswahn. Roman. Aus dem Engl. von Hans-Christian Oeser.
Diogenes Verlag, Zürich 1998.
355 Seiten, 21,50 EUR.
ISBN-10: 3257061838

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