Antisemitismus und Judentum bei Clemens Brentano

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Münchener Promotion von Martina Vordermayer rollt den gesamten Fall von Clemens Brentanos berüchtigtem Antisemitismus noch einmal neu auf. Dabei zeigen sich erstaunliche Ergebnisse. Wie es scheint, hat sich Brentanos Interesse an jüdischen Figuren innerhalb seiner Literatur auf ihre Verwendung als komischer literarischer Typus beschränkt. Vorbilder für diese komischen Figuren sind dabei vornehmlich Nicht-Juden. Ja sogar sich selbst deutet Brentano über die Figur des "ewigen Juden". Wenn also die jüdische Thematik eine Konstante in Brentanos Werk ist, kann diese nicht einsinnig auf Antisemitismus oder Antijudaismus reduziert werden. Hauptsächlich nutzt Brentano, dem man zeitweilig selbst eine jüdische Herkunft nachgesagt hat, denn die antisemitische Argumentation auch in für ihn übergeordneten Kontexten: innerhalb der Literaturkritik, der Auseinandersetzung mit Varnhagen von Ense oder auch der katholischen Politik. Die Nähe seiner Strategie zu dem Ende des 18. Jahrhunderts entstehenden, gewaltbereiten Rassenantisemitismus soll ihm dabei, so Vordermayer, offenbar entgangen sein. Verdienstvoll ist die Studie zugleich wegen eines Abschnitts, der gar nicht unmittelbar zum Thema gehört: der konzisen historischen Darstellung des Forschungsgegenstandes "Deutsche Literatur und Judentum".

Geret Luhr

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Martina Vordermayer: Antisemitismus und Judentum bei Clemens Brentano.
Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. 1999.
300 Seiten, 45,50 EUR.
ISBN-10: 3631344759

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