Vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße?

Aktuelle Publikationen zum verdichteten Wohnen

Von Jörg SeifertRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jörg Seifert und Christoph HildRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Hild

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Frage nach dem Zusammenhang von Wohnen und Baudichte, also zwischen bestimmten Wohnwünschen und real umgesetzten Wohnformen einerseits und ihren infrastrukturellen, ökonomischen und ökologischen Konsequenzen andererseits ist in Architekturkreisen kein neues Thema. Hatte der Congrès Internationaux d'Architecture Moderne (CIAM) mit seiner Charta von Athen zwar ein Manifest für Licht, Luft und Weite als Reaktion auf die beengten, menschenunwürdigen Wohnverhältnisse der im Industriekapitalismus Unterprivilegierten verfasst, so war es aber Le Corbusier selbst, der sich bereits 1922 in seiner Ausstellung "L'Esprit Nouveau" mit den Möglichkeiten der Stapelung von "Villen" mit dazugehörigem Freiraum auseinander gesetzt hatte - gefolgt von zahlreichen anderen Architekten wie z. B. dem Schweizer Team Atelier 5, deren gesamtes architektonisches Schaffen der letzten 50 Jahre vom Streben nach Optimierung der Reihung und Verdichtung von Wohnhaus und Garten geprägt war.

Die Diskussion um die "Eigenheimzulage", aber auch neue Forschungsschwerpunkte des Bundes wie etwa das Programm "REFINA" zum flächensparenden Bauen verdeutlichen, dass dem Thema "Alternativen zum frei stehenden, suburbanen Einfamilienhaus" auch im politischen und damit schließlich auch im öffentlichen Diskurs ein neuerdings größeres Gewicht beigemessen wird. Dies spiegelt sich auch in der wachsenden Zahl von Fachpublikationen wider, von denen im Folgenden insgesamt sechs aktuelle Beispiele diskutiert werden sollen, die zum Teil aus Forschungsprojekten hervorgingen.

Neben der ästhetischen Dimension gängiger Architekturbände oder soziologischen Fragestellungen, wie etwa in der Untersuchung von Pierre Bourdieu et al.: "Der Einzige und sein Eigenheim" (1995), thematisieren die Autoren je nach Schwerpunkt gebäudetypologische, historische, aber auch alltagspraktische, politische und ökonomische oder technisch-konstruktive Aspekte, "deren Begreifen und Verstehen das Zugleich von technischen, lebensweltlich praktischen und symbolischen Dimensionen von kulturellen Gegenständen sichtbar werden lassen" dürfte. Gerade dieser Umstand ist es wohl, der die hier besprochenen Publikationen über die eigentlichen Zielgruppen aus den Bereichen Architektur, Stadt- und Raumplanung, Baumanagement und Politik hinaus auch für eine Kulturwissenschaft nach dem Verständnis von Hartmut Böhme, Peter Matussek und Lothar Müller interessant zu machen scheint, wonach zu den Kernkompetenzen der Kulturwissenschaftler "auch eine Grundausbildung im Sich-Wundern, die habituelle Neigung, alle kulturellen Produkte wie alle kulturelle Praxis unter dem Blickwinkel ihrer Nicht-Selbstverständlichkeit wahrzunehmen", gehört.

Hannes Weeber / Simone Bosch: "Nachhaltig gute Wohnqualität. Beispielhafte Einfamilienhäuser in verdichteter Bebauung"

Besonders deutlich herausgestellt werden die alltagspraktischen, aber auch ökonomische und ökologische Aspekte in der von Weeber + Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung erarbeiteten und von Hannes Weber und Simone Bosch verfassten, ca. 200-seitigen Publikation. Es sei vorweggenommen, dass der ästhetisch anspruchsvolle, an das Durchblättern von Architektur-Bildbänden gewöhnte Leser bei dieser Dokumentation einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen geförderten Studie, die auch grafisch eher an einen Forschungsbericht erinnert, wahrscheinlich nicht auf seine Kosten kommen wird. Dies ist aber offenbar auch nicht die Intention der Autoren, die in dem thematisch, methodisch und grafisch ganz ähnlich gelagerten, 2003 bei Kohlhammer erschienenen Buch "Eigenheime auf kleinen Grundstücken" sogar explizit darauf verweisen, dass sie nicht beabsichtigen, "den vielen von der und für die Architekturszene herausgegebenen typischen ,Hochglanzprodukten' ein weiteres hinzuzufügen", was sich sicher auch ohne weiteres auf die vorliegende Publikation übertragen lässt.

Diese nähert sich der Frage nach einem qualitätvollen, verdichteten Wohnen unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, wobei zunächst einmal eine terminologische Bestimmung erfolgt. "Bei der Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit beim Bauen und Wohnen [- so die Autoren -] geht es fast immer um das Trio sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte." Nachhaltigkeit, ein aus der Forstwirtschaft stammender Begriff, ziele auf "die optimale Erhaltung erwünschter Eigenschaften" und bedeutet demnach allgemein: "stabil oder sich selbst erneuernd" und bei einem "Investitions- und Gebrauchsgut [...] sein Potenzial, bei geringstem Aufwand seinen Wert zu behalten." Dieser Logik verpflichtet, erfolgt die Beurteilung der Wohnqualität im vorliegenden Band vor dem Hintergrund einer möglichen Nutzungsänderung inklusive Teilung oder Erweiterung des Hauses ohne schwerwiegende Eingriffe in die Grundsubstanz, also weder in das Konstruktions- noch in das Installationssystem. Gemäß ihrem Untersuchungsansatz haben Weeber/Bosch "[b]eispielhafte Einfamilienhäuser [...] dokumentiert, aus fachlicher Sicht analysiert und aus Nutzersicht kommentiert", wobei sie "fachliche Sichtweisen mit Beurteilungen von Seiten der Nutzer" kombiniert haben.

In Kapitel 3 werden - ausgehend von einer Bewohnerbefragung in 19 von 24 besuchten und dokumentierten vorwiegend deutschen Wohnanlagen - sowohl "Grund-Anforderungen" an einzelne Elemente des Hauses wie Erschließung, Individualräume, Sanitärbereich etc. als auch "besondere Anforderungen" (z. B. Barrierefreiheit, Kombination von Wohnen und Arbeiten) aufgestellt. Im Gegensatz zur bereits erwähnten Publikation des Büros Weeber + Partner von 2003 sind bedauerlicherweise im Fall der vorliegenden, 2004 beim Fraunhofer IRB-Verlag erschienenen Dokumentation der Ablauf der Befragung und der methodische Ansatz weitaus weniger transparent gehalten. In beiden Publikationen findet sich zwar fast gleich lautend der Hinweis, dass es sich um nicht repräsentative Befragungen handle, anhand derer "sich allenfalls gewisse Tendenzen ableiten" ließen, aber in der Publikation von 2003 sind - im Gegensatz zur vorliegenden - die gestellten Fragen wiedergegeben, die i. d. R. einem Ja-nein-Schema folgten und somit - methodisch folgerichtig - nach einer quantitativ statistischen Logik ausgewertet wurden. In "Nachhaltig gute Wohnqualität" wird der Leser dagegen ohne Kenntnis der Fragen mit einer Kombination aus qualitativ und quantitativ gewonnenen Erkenntnissen, also sowohl mit kommentierten Aussagen der Bewohner, als auch mit statistischen Diagrammen konfrontiert. Zwar stellt die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden grundsätzlich eine Idealform empirischer Forschung dar, aber ohne methodische Reflexion dürften die Ergebnisse im sozialwissenschaftlichen Kontext eher von heuristischem Wert sein.

Wichtiger ist aber die Frage nach der Brauchbarkeit, d. h. der Anwendbarkeit der Ergebnisse dieser offenbar doch recht aufwändigen, in der Reihe "Bauforschung für die Praxis" publizierten Untersuchung für die Zielgruppe, welche sich wohl eher aus Architekten, Planern, Developern und potenziellen Bauherren zusammensetzt. Die Publikation scheint für den Fachmann durchaus als Orientierung und Planungshilfe geeignet, der planerische Laie (wie z. B. i. d. R. der Kommunalpolitiker) dürfte allerdings durch die mosaikartige Darstellung von Einzelaspekten, die nicht in eine Synthese münden, überfordert sein. Dies wird besonders an Kapitel 4 deutlich, in dem auf etwa hundert Seiten die 24 vom Büro Weeber + Partner besuchten Wohnanlagen, kategorisiert nach Kettenhäusern und (fast) frei stehenden Häusern, Doppel-, Gartenhof-, Reihen- sowie Reihenhäusern mit "Nebenhäusern", dokumentiert werden. Die Beispielsammlung ermöglicht aufgrund der Übersichtlichkeit und der Kürze der Darstellung auf jeweils ca. vier Seiten eine schnelle Vergleichbarkeit bestimmter Merkmalsausprägungen. Gemäß dem eingangs formulierten Ansatz der Autoren, "gute Lösungen für bestimmte Situationen, Bereiche, Details" zu zeigen, werden nur solche Aspekte herausgegriffen, die primär durch ihre Flexibilität und Nutzungsneutralität einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Dabei differieren sowohl die Themen als auch die Anzahl der Positivkennzeichen von Projekt zu Projekt. Einem potenziellen Bauherrn können diese Beispiele aber dennoch als Befragung der eigenen Wünsche und Anforderungen sowie als Anregung für mögliche Umsetzungen dienen, und zwar vielleicht gerade auch aufgrund der Tatsache, dass sich das Innovationspotenzial der gezeigten Beispiele in Grenzen hält. Dies ist nicht zuletzt auf die kritische Haltung der Autoren gegenüber einer "Architektur, die sich vom Geschmack der meisten Nicht-Fachleute förmlich distanziert", zurückzuführen.

Klaus Theo Brenner / Helmut Geisert: "Das städtische Reihenhaus. Geschichte und Typologie"

Am deutlichsten von Weeber/Bosch, aber auch von allen anderen hier besprochenen Büchern unterscheidet sich die aus einem Forschungsprojekt der Wüstenrot-Stiftung hervorgegangene Publikation von Klaus Theo Brenner und Helmut Geisert. Diese Unterschiede betreffen sowohl den thematischen Fokus als auch den formalen Aufbau. Findet bei den behandelten Bänden in der Regel eine Zweiteilung statt, bei der auf einen - mal in sich kohärenten, mal eher heterogenen - theoretischen ersten Teil eine Sammlung von Beispielen folgt, so ist "Das städtische Reihenhaus" von Brenner und Geisert dagegen dreigeteilt, wobei die Beispielsammlung in einen begrifflich und strategisch einleitenden ersten Teil und in einen baugeschichtlichen dritten Teil eingebettet ist.

Im ersten Teil werden Begriffe wie Haus, Straße, Garten, Wohnung, aber auch morphologische Aspekte mit starkem Fokus auf die Fassaden als logische Konsequenz des Prinzips der Reihung diskutiert. Es erfolgt allerdings keine Definition der genannten Begriffe, sondern eine architekturtheoretische, stadt- und kunstgeschichtliche Annäherung, in die u. a. auch Bildbetrachtungen wie etwa von Edward Hopper einbezogen werden. Das Buch dürfte primär Architekten und Städtebauer, aber auch Kunstwissenschaftler ansprechen: nicht etwa ökologische oder ökonomische Aspekte - wie im Fall von Weeber und Bosch - sind Gegenstand der Publikation, sondern vielmehr ästhetische Betrachtungen aus der Perspektive der Stadtgestalt, weshalb auch das Thema der Fassaden und ihrer Gestaltung eine relativ große Rolle spielt. Soziale Aspekte etwa des Wohnens oder auch der Begriff der Verdichtung werden ebenso im historischen Kontext und unter der Überschrift "städtisch" abgehandelt.

Eine Schlüsselstelle, auf der Brenner und Geisert ihre gesamte Argumentation aufbauen, stellt offenbar das nur zwei Seiten umfassende Kapitel 1 des ersten Teils dar. Mit einer gewagt freien - und damit durchaus polemisch wirkenden - Interpretation einer Passage aus "Bauen, Wohnen, Denken" wird Martin Heidegger als philosophische Untermauerung der eigenen Ansichten herangezogen. Aus Heideggers Feststellung, Bauen hieße ursprünglich Wohnen, und die weit reichende Tätigkeit des Wohnens finde stets im Kontext mit anderen Tätigkeiten wie etwa Arbeiten und Reisen statt, schließen Brenner und Geisert, "dass Wohnen alles ist, die Vermischung aller Tätigkeiten und unterschiedlichen Lebenssphären [und daher] nur in der Stadt, und dort in der Vermischung unterschiedlicher Lebens- und Arbeitswelten, wirklich Wohnen stattfinden kann". Offenbar wird hier also eher die Positionierung in einem ideologisch besetzten Diskurs als eine Herausarbeitung klarer Begrifflichkeiten angestrebt.

Dies wird auch am Terminus des Reihenhauses selbst deutlich, unter den die Autoren sowohl "Reihenhäuser in Form von Einfamilienhäusern, wie in London" als auch "Reihenhäuser in Form von Wohnhochhäusern wie an der Park Avenue in New York" subsumieren. Damit stehen Brenner und Geisert sowohl im Widerspruch zu allgemein gebräuchlichen, auch in Fachlexika zu findenden Definitionen - welche die Autoren allerdings als "umgangssprachliche Verknappung" auf das "Einfamilien-Reihenhaus" stigmatisieren - als auch speziell zu den Ausführungen des im Rahmen dieser Rezension ebenfalls behandelten Helmut Schramm, der das Reihenhaus klar als einen Typus der so genannten horizontalen Verdichtung kennzeichnet. Horizontale Verdichtung heißt dabei, dass alle Geschosse eines Hauses zu nur einer Wohneinheit gehören.

Dagegen sei nach Brenner und Geisert das "Prinzip Reihenhaus mit der Straße als Bewegung- und Lebensraum" entscheidend, das diese wohl besser "Prinzip Hausreihung" genannt hätten. Es geht hier also nicht, wie in den anderen besprochenen Publikationen, um das Reihenhaus als verdichtete Alternative zum frei stehenden Einfamilienhaus, sondern vielmehr um die Stadt als solche, denn ein Wohnen im Einfamilienhaus ist - wie erwähnt - für Brenner und Geisert kein Wohnen im "eigentlichen" Sinn. Die Publikation kristallisiert sich somit als indirektes Manifest für die alte europäische Stadt heraus, (wodurch sich eher Parallelen zu den Auffassungen von Hans Kollhoff als zu den anderen hier behandelten Autoren ergeben; vgl. hierzu die Rezension zur "Architekturlehre Hans Kollhoff" in dieser Ausgabe) und vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der gesamte, weitere Aufbau des trotz der Kritik durchaus lesenswerten Buches.

Den zweiten Teil bildet eine chronologisch gegliederte Beispielsammlung, die beginnend mit der Antike über die frühbürgerliche, die barocke und die Großstadt im weiten Bogen bis zur Moderne, der Nachkriegszeit und schließlich zur zeitgenössischen Architektur kommt. Einem möglicherweise zugrunde gelegten enzyklopädischen Anspruch wird sie jedoch, aufgrund der Begrenztheit der Zusammenstellung, nur im gemeinsamen Kontext mit dem dritten Teil des Buches gerecht. Behandelt werden insgesamt 37 Beispiele von städtischen Häusern aus den genannten Epochen, teilweise im Ensemble dargestellt, teilweise aus ihrem Zusammenhang gelöst. Es überwiegt die Zeichnung in Grund- und Aufriss, nur in etwa einem Viertel der Fälle werden Schwarzweißfotografien hinzugefügt, die i. d. R. auf einer Doppelseite die atmosphärische Wirkung unterschiedlicher Häuserzeilen wiedergeben. Die Beispielsammlung erfüllt neben der baugeschichtlich angelegten Dokumentation des "Prinzips Hausreihung" aber auch noch einen anderen Zweck: Da der praktizierende Architekt Brenner das Unterkapitel "Zeitgenössische Architektur" mit einem eigenen Beispiel einleitet und in zwei von fünf Fällen auf selbst realisierte Wohnhäuser zurückgreift, dient die Zusammenstellung ganz nebenbei auch der Kontextualisierung der eigenen Architektur.

Der dritte, historische Teil, der sich noch einmal mit den Wohnhausformen in unterschiedlichen Epochen, wie u. a. dem städtischen Wohnhaus im römischen Kaiserreich, dem italienischen Stadthaus der Renaissance oder dem barocken Bürgerhaus in der Residenzstadt auseinander setzt, mündet schließlich in "Achtzehn Thesen zum heutigen Umgang mit der Typologie des Reihenhauses." Dabei wird noch einmal deutlich, dass mit dem Begriff "Städtisches Reihenhaus" implizit vor allem das Plädoyer verbunden ist, Verdichtung nicht auf die "Reihung kleiner Einfamilienhäuser am Stadtrand" zu beschränken. Es zeigt sich, dass, wo dies möglich ist, die strukturelle Stadtreparatur ein wesentliches Anliegen der Autoren ist. Dabei wäre der Vorwurf der reinen Historisierung allerdings verfehlt. Brenner und Geisert mahnen notwendige Transformationen und Neuinterpretationen des städtischen Wohnhauses an, bei denen dem Beispiel von Le Corbusiers Konzept der gestapelten "immeuble villas" auch aus heutiger Sicht Zukunftspotenzial beigemessenen wird.

Beim Bezug der historischen Beispiele auf die aktuelle Situation kommen allerdings die Wohnorientierungen der Nutzer kaum zur Sprache. Lediglich im ersten Kapitel findet sich ein Postulat der Autoren, "die Fragestellung der Wohnungsinteressenten" habe sich verändert. Demnach habe die "Lage in der Stadt" oberste Priorität, an zweiter Stelle stehe die Frage "nach dem Haus selbst" und erst an dritter Stelle "die nach der eigenen Wohnung". Verglichen mit einer Studie aus den siebziger Jahren, auf die Weeber/Bosch verweisen und nach der "die Wohnung selbst am höchsten gewichtet" wurde, danach das Gebiet - also die Lage - und schließlich "die niedrigste Gewichtung [...] der Wohnwert des Gebäudes" erhielt, wäre dies gerade auch im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung sehr erfreulich, allerdings bleiben die Autoren den Beleg hierfür schuldig. Trotz aller vorgebrachten Einwände leistet das Buch aber dennoch einen interessanten und substanziellen Beitrag zur historischen Aufarbeitung des städtischen Wohnens.

Wüstenrot Stiftung (Hg.): "Wohnen im Eigentum in der Stadt"

Anschlussfähig ist das Postulat von Brenner und Geisert zu den veränderten Prioritäten der Wohnungsinteressenten am ehesten an Positionen des von der Wüstenrot Stiftung herausgegebenen Sammelbandes, in dem insgesamt sechs Autoren in vier theoretischen Beiträgen sowie anhand einer Beispielsammlung das Thema Wohnen unter der Überschrift der Eigentumsbildung in vorwiegend größeren Städten diskutieren. Wird im Vorwort betont, dass nicht nur bei den so genannten neuen Haushalten, sondern auch bei den Familien die Neigung zum Wohnen in der Stadt wachse, "[...] wenn das Angebot stimmt", und somit "zahlreiche größere Städte in den letzten Jahren erstmals wieder Wanderungsgewinne im Verhältnis zu ihrem Umland aufweisen können", so leitet der am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart lehrende Architekt und Stadtplaner Franz Pesch seinen Beitrag mit den Feststellungen ein, dass das möglichst frei stehende Eigenheim "der dominierende Wohnwunsch der meisten Deutschen" sei, dass ferner "[e]ntgegen allen Bekenntnissen zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung [...] der Flächenverbrauch in Deutschland nach wie vor ungebrochen" sei und dass Baulandpolitik, Steuerrecht und Marketing die Eigentumsbildung "vornehmlich an der Peripherie und auf dem Land" begünstigten, "während die Eigentumsquote in den städtisch geprägten Räumen deutlich zurück bleibt."

Zwar spricht die Heterogenität der Stimmen durchaus für einen Sammelband, aber auch Peschs Beitrag selbst ist differenziert gehalten, indem er dennoch von einer "Renaissance des Wohnens in der Stadt" vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Verhältnisses zu ihr spricht: "Man ,entflieht' der Stadt nicht länger aus prinzipiellen Gründen." In aller Kürze geht Pesch in seinem Beitrag, der auch Anregungen für die Politik auf verschiedene Ebenen beinhaltet, auf historische Beispiele gereihter "Kaufmanns-, Handwerker- und Ackerbürgerhäuser" ein. Dabei kommt es etwa im Falle des Holländischen Viertels in Potsdam durchaus zu punktuellen Überschneidungen mit Brenner und Geisert. Im Gegensatz zu Letzteren, die Pesch vermutlich den "notorischen Urbanisten" zuordnen würde, werden hier jedoch terminologische - und damit typologische - Verschleifungen vermieden.

Der an der TU Berlin Architektursoziologie lehrende Harald Bodenschatz zeichnet in seinem Beitrag auf knapp 30 Seiten historische "Entwicklungspfade des bürgerlichen Wohnungsbaus" nach, die gerade in Bezug auf die suburbanen Wohnformen und ihre sozialen Hintergründe als Ergänzung zu den Ausführungen von Brenner/Geisert gelesen werden können und die in eine Typologie bürgerlichen Wohnungsbaus mit sechs Typen von Wohn- und Siedlungsformen münden, welche allerdings etwas isoliert stehen bleibt.

Marie-Therese Krings-Heckemeier setzt sich in ihrem Beitrag mit dem "spannungsgeladenen Verhältnis" zwischen den Wohnwünschen der Nachfrager und der kommunalen Realität auseinander, wobei sie Fragen der Bevölkerungsentwicklung, Wanderungsbewegungen und -motive, das Angebot an bestimmten Wohnformen, den Neubaubedarf, und den Einfluss der Bodenpreise einbezieht. Sie verweist darauf, dass "in der langen Liste der Aufgaben der Bauleitplanung in §1 Baugesetzbuch [...] das explizite Ziel, für preiswertes Bauland zu sorgen", fehle und appelliert besonders an die großen Städte, "die Baulandpolitik als Instrument der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung" einzusetzen. An diese Empfehlung knüpft der Beitrag von Bernd Scholl an, der hier unter Einbeziehung konkreter Beispiele die Strategie "Innen- vor Außenentwicklung" diskutiert.

Das Buch schließt mit einer gut 120 Seiten umfassenden, in sechs thematische Blöcke gegliederten, von Gerd Kuhn und Christa Simon zusammengestellten Sammlung aktueller Beispiele, die sich auf 22 deutsche Städte - darunter 16 Großstädte - konzentriert. Dabei sind die Wohnprojekte durch zahlreiche Farbfotografien anschaulich und optisch ansprechend aufbereitet. Insgesamt verdichtet sich der vorliegende Sammelband zu einer umfassenden Analyse von Zusammenhängen, Ursachen, Hintergründen zur Siedlungsentwicklung inklusive möglicher strategischer Ansatzpunkte zur Eigentumsbildung in der Stadt.

Helmut Schramm: "Low Rise - High Density. Horizontale Verdichtungsformen im Wohnungsbau"

Die Stärke des als Lehrbuch für das Architekturstudium konzipierten Buches von Helmut Schramm liegt dagegen in der systematischen Aufarbeitung der Typologie des horizontal verdichteten Wohnbaus - also von Reihen- und Hofhäusern. Dies geschieht anhand von Beispielen aus der jüngeren Baugeschichte sowie aktueller, aus Architekturpublikationen und den Feuilletons bekannter Projekte mit Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Raum. Vormoderne, traditionelle Beispiele streift Schramm, der als Professor an der Technischen Universität Wien lehrt, explizit nur in kurzen Absätzen. Dagegen sind der Siedlung "Puchenau 1" bei Linz - Mitte der sechziger Jahre vom österreichischen Architekten Roland Rainer entworfen - und der kurz vorher vom bereits erwähnten Atelier 5 in der Nähe von Bern errichteten Siedlung Halen ein jeweils eigenes Kapitel gewidmet. Der Autor sieht in diesen Beispielen eine auch noch für unsere Zeit wegweisende Neuinterpretation der genannten Typologien verwirklicht, worin zumindest in Bezug auf Halen überraschenderweise auch Brenner/Geisert tendenziell mit ihm übereinstimmen.

Die im Zentrum stehende, bautypologische Kategorisierung und Analyse der Beispiele wird ergänzt durch eine Aufstellung exemplarisch belegter Qualitätskriterien, wie etwa Flexibilität, Wegführung, Raumgefüge. Diese decken sich in den wesentlichen Punkten mit den Ergebnissen der Befragung von Weber und Bosch. Anders als bei jenen liegen Schramms Überlegungen jedoch nicht primär die Wohnwünsche der Benutzer zu Grunde. Schramm tritt hier als Fachmann auf, der den Nutzer argumentativ für seine ästhetischen und ökologischen Anliegen gewinnen will.

Überhaupt zeigt sich Schramm als engagierter Verfechter für den horizontal verdichteten Wohnungsbau. So erinnert er in der Einleitung an den "enormen Verbrauch des beschränkt vorhandenen und somit kostbaren Guts Landschaft" sowie die "unverantwortlich aufwendigen" Kosten der Kommunen für "die Aufschließung der Einfamilienhausgebiete mit Straßen, Kanal, Strom, Gas und - nicht zu vergessen - mit öffentlichen Verkehrsmitteln". Daher sollte seines Erachtens "[e]ine wesentlich dichtere Bebauung mit ähnlichen oder größeren Qualitäten wie die des Einfamilienhauses [...] das Ziel im Kampf gegen die Zersiedlung sein". Auch wenn im Hinblick auf die studentische Zielgruppe die deutlich artikulierte Haltung positiv bewertet werden muss, wäre es wünschenswert, dass Schramm den zukünftigen Entscheidungsträgern darüber hinaus eine differenziertere Betrachtungsweise vermitteln würde, etwa durch Darstellung des tatsächlich möglichen Einsparpotenzials im Flächenverbrauch, das durch verdichtete Wohnformen zu erzielen wäre oder durch eine Einordnung der propagierten Lösung in Bezug auf andere Strategien der ressourcenschonenden Stadt- und Raumplanung (Stichworte: Umnutzung, Brachflächenrecycling).

Abgesehen hiervon ist "Low Rise - High Density" aber für Studienzwecke sehr zu empfehlen, insbesondere weil hier wichtige Grundlagen vermittelt werden. Neben der Betrachtung der einzelnen Gebäudeeinheit widmet Schramm ein Kapitel der städtebaulichen Ausprägung von Reihenhaus- und Hofhaussiedlungen anhand zeitgenössischer Beispiele aus Wien und Amsterdam, sowie ein Kapitel der aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Wohn- und Städtebau. Der Autor setzt sich hier - wenn auch skizzenhaft - kritisch mit einigen Tendenzen auseinander, etwa mit dem auf traditionelle Formen zurückgreifenden New Urbanism. Den Ergebnissen der "Europan"-Wettbewerbe schenkt Schramm aufgrund ihres innovativen Potenzials unter der Überschrift "Neue Strategien" besondere Aufmerksamkeit und bietet dabei mit der thematisch gegliederten Auswahl von Beiträgen zum Thema Wohnbau einen guten Überblick über diesen, im Zweijahresrhythmus explizit für junge Architekten ausgeschriebenen Wettbewerb, wenngleich er eingehend kritisiert, dass die Zielsetzung von "Europan", den Kontakt zwischen Architekten und potenziellen Klienten herzustellen, "als gescheitert betrachtet werden" könne.

Auch dieses Buch schließt mit einer umfangreichen Beispielsammlung. Auf über 50 Seiten sind die im Buch besprochenen Lösungen anhand von Zeichnungen und Schwarz-weiß-Fotografien gut dokumentiert. Hierdurch, sowie durch die klar herausgearbeiteten Vor- und Nachteile der einzelnen Entwurfsansätze, eignet sich das Buch, neben dem Grundlagenstudium und der Einführung in die Thematik, die auch bei interessierten Fachfremden dazu beiträgt, das Verständnis für Plangrafiken zu fördern, ebenso als brauchbares Nachschlagewerk für den in diesem Bereich entwerfenden Architekten.

Johannes Kottjé: "Reihenhäuser, Doppelhäuser - Mit Architekten kostengünstig und hochwertig bauen"

Die Publikation von Johannes Kottjé überschneidet sich in Bezug auf den Betrachtungsgegenstand mit "Low-Rise - High Density". Die Gemeinsamkeiten sind dennoch gering, da es Kottjé nicht um eine systematische Erfassung des Themas geht. Die Auswahl der insgesamt 27, auf 128 Seiten vorgestellten Projekte aus Österreich, der Schweiz und Deutschland folgt weder einer thematischen Gliederung, noch findet eine theoretische Aufarbeitung statt. Die Publikation stellt eher eine Momentaufnahme anspruchsvoller Alltagsarchitektur dar, ohne sich an den überregional bekannten Namen der Architekturszene zu orientieren.

Mit den in vielen farbigen Abbildungen, detaillierten Grundrissen und knapp gehaltenen Erläuterungen vorgestellten Reihen- und Doppelhauslösungen wird sowohl der Anregung suchende Architekt als auch der potenzielle Bauherr angesprochen. Kottjé erfüllt dabei das selbstgesteckte Ziel durchaus, aufzuzeigen, dass gute Architektur in verdichteter Bauweise jenseits der üblichen Bauträgerlösungen möglich ist. Es darf allerdings in Frage gestellt werden, ob die Prädikate hochwertig und kostengünstig, wie sie der Titel verheißt, auf alle Beispiele zutreffen.

Der den Beispielen vorausgehende, einleitende Text fällt kurz aus. Er umfasst einen geschichtlichen Abriss, in dem immerhin vermittelt wird, dass neben den abschreckenden Beispielen der siebziger Jahre, die den Ruf des Reihenhauses als "Einfamilienhaus zweiter Klasse" begründet haben, bereits mit den Bauten der Werkbundsiedlungen weitaus anspruchsvollere Reihenhausarchitektur realisiert worden ist. Leider belässt es Kottjé an dieser Stelle nur bei einem äußerst knappen Hinweis auf zeitgenössische Beispiele in anderen Ländern. Die in diesem Absatz als "Docklands" bezeichnete Bebauung von Borneo und Sporenburg im Amsterdamer Hafen, die auch Brenner/Geisert und Schramm diskutieren, wird vom Autor sehr kritisch beleuchtet, ohne die von ihm ausgemachten "Formalismen oder extravaganten Fassaden mit konventionellem, nicht sonderlich qualitätvollem Innern" im Beispiel zu belegen. Unklar bleibt, warum Kottjé im Kontext eines Buches, das sich gerade gegenüber fachfremden Lesern für eine anspruchsvolle, individuelle Architektur stark macht, nicht die positiven Seiten des Amsterdamer Beispiels hervorhebt, die sich - bei aller zu diskutierenden Kritik - ohne Mühe finden ließen.

Der Einleitungsteil enthält auch Planungshinweise für Städtebau, Architektur, Konstruktion und Kostenmanagement. Kottjé, der als Autor unter anderem weitere Publikationen über kostengünstiges Bauen verfasst hat, beschränkt sich in diesem Rahmen auch hierzu auf das Nötigste. Man stößt aber in den Projektbeschreibungen immer wieder auf Hinweise zu den entwurfsbestimmenden Besonderheiten und spezifischen Strategien zur Kostenminimierung, sodass das Buch dennoch einen reichhaltigen - wenn auch unsystematischen - Fundus an Informationen bietet.

Christian Schittich (Hg.): "Im Detail: Verdichtetes Wohnen"

Einen nochmals anderen Fokus liefert die von Christian Schittich herausgegebene Publikation. Der Band, der primär als Nachschlagewerk für den konstruktiv interessierten Architekten und Planer konzipiert ist, orientiert sich inhaltlich und grafisch an der Zeitschrift "Detail", was auch insofern nicht verwundert, als er in Kooperation mit der Redaktion dieses Architekturmagazins und dem Birkhäuser-Verlag entstanden ist. Den 23 dargestellten internationalen Beispielen werden etwa 120 von 174 Seiten eingeräumt, sodass der Dokumentation der vorwiegend in Europa realisierten Wohnbebauungen hier von allen sechs besprochenen Bänden das größte Gewicht beigemessen wird.

Das Layout des Buches wurde an die aus der Zeitschrift bekannte Kombination von großformatigen Farbfotografien den für das Verständnis notwendigen Grundrisse und Schnitte sowie der ebenfalls relativ großzügigen Abbildung wesentlicher angelehnt. Letztere leisten allerdings keinen direkten Beitrag zur Diskussion um die Verdichtung, auf die Eberhard Wurst aber in seinem Beitrag "Innen und außen - der zeitgenössische Wohnungsbau auf der Suche nach dem Besonderen" kurz eingeht. Der Orientierung des Bandes auf die konstruktive Seite der Architektur wird auch eine zweiseitige Materialübersicht - eine Art Register - gerecht, in welcher die vorgestellten Projekte nach Holz-, Stahl-, Beton- und Mauerwerksbau kategorisiert werden.

Überaus anregend sind die beiden Beiträge von Klaus-Dieter Weiß und Eberhard Wurst. Besonders die "mit Utopien, Zitaten, Bauten, Projekten und Kommentaren kaleidoskopartig angelegte Genealogie der Etagenvillla" von Weiß, in der dieser "die Typen- und Ideengeschichte der hausähnlichen Stadtwohnung im ,Häuserhaus' aufzuarbeiten" sucht, vereint in sich mehr Innovationspotenzial als alle hier besprochenen Bände zusammengenommen und steht besonders im Kontrast zur Publikation von Weeber und Bosch. Mit Kurt Tucholskys Ideal - "ja das möchtste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee hinten die Friederichstraße" - einleitend, wird hier auch die Diskrepanz zwischen innovativen Lösungen verschiedener Architekten, die sich mit dem Vorwurf auseinander setzen müssen, "am Markt vorbei zu planen", und den oft überaus konservativen Wohnvorstellungen zum Thema gemacht, die auch bereits der Herausgeber Schittich in seiner Einleitung anspricht. Die strenge Nachfrageorientierung der Wohnungsbaugesellschaften und Investoren generiere meist eine "zum durchschnittlichen Kundenwunsch kondensierte Massenware."

Es drängt sich allerdings die Frage auf, warum in der Projektzusammenstellung dieses Bandes ausschließlich Beispiele des Geschosswohnungsbaus behandelt werden, auf die auch mit der einleitenden Bemerkung des Herausgebers, "[d]ie Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung vom eigenen Haus mit Garten träumt, [müsse] in Einklang gebracht werden mit der Notwendigkeit nach verdichtetem Bauen", keine befriedigende Antwort gegeben wird. Der Buchtitel "Verdichtetes Bauen" ist also wie im Falle von Brenner/Geisert zunächst einmal irreführend, da der Geschosswohnungsbau dieses Thema nur zum Teil abdeckt. In Bezug auf die Beispielsammlung ergänzen sich mit diesem Fokus Schittich und Schramm sehr gut: während Letzterer sich auf die horizontale Verdichtung beschränkt, werden in dem von Ersterem herausgegebenen Band also nur Beispiele einer vertikalen Verdichtung behandelt, ohne allerdings eine typologische Aufarbeitung zu liefern.

Natürlich sind auch die konstruktiven Aspekte bei der Diskussion von Belang, wie auf das Einfamilienhaus Orientierte zum Wohnen in der Stadt - und hier vielleicht gerade auch im qualitativ hochwertigen Geschosswohnungsbau - animiert werden können. Überzeugende Lösungen in Bezug auf die erhöhten Anforderungen an den Schallschutz zur Vermeidung von Störungen wären hierfür nur ein Beispiel. Da diesen Aspekten bei den Projektbeschreibungen allerdings keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, liegt die Vermutung nahe, dass die Debatte um die Zersiedlung und den Flächenverbrauch eher als Anlass genutzt wird, um konstruktiv interessante Beispiele einer bestimmten thematischen Rubrik zuzuordnen.

Resümee

In der Summe decken die sechs hier besprochenen Bände das Thema des verdichteten Wohnens mit einer großen Bandbreite und in zahlreichen Facetten ab. Entsprechend der Autorenintentionen kommt es dabei zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Die umfassendste wissenschaftliche Aufarbeitung, die auch Fragen der Bevölkerungsentwicklung, Wanderungsmotive, Baulandpreise sowie des Flächenverbrauchs einschließlich möglicher Strategien eines Flächenmanagements behandelt, leistet der von der Wüstenrot-Stiftung herausgegebene Sammelband. Thematisiert werden diese Aspekte aber auch in anderen Publikationen wie z. B. der auf die Nachhaltigkeit aus der Nutzerperspektive ausgerichtete Band von Weeber und Bosch. Eine fundierte typologische Aufarbeitung der horizontalen Verdichtung als Teilaspekt inklusive einer Projektzusammenstellung aus verschiedenen Jahrzehnten liefert Schramm, die entsprechenden aktuellen Beispiele einer vertikalen Verdichtung dagegen Schittich und einen historischen Abriss zum städtischen Wohnen schließlich Brenner/Geisert. Die Publikationen von Schramm und Brenner/Geisert wirken stellenweise stärker rhetorisch als die anderen Bände und dringen am weitesten in ideologisierte Debatten vor. Hinsichtlich der grafischen Qualität und architekturspezifischen Ästhetik bilden die Publikationen ein relativ breites Spektrum, bei dem Weeber/Bosch mit ihrem bewussten Verzicht auf gestalterische Qualität den einen und Schittich, Kottjé sowie der Wüstenrot-Sammelband mit zahlreichen großformatigen Farbabbildungen den anderen Pol bilden. Dazwischen wären die in Schwarz-weiß gehaltenen Publikationen von Schramm und Brenner/Geisert anzusiedeln, wobei das letztere, leinengebundene Großformat durchaus einen eigenen ästhetischen Anspruch erhebt.

Bei allen Unterschieden scheint sämtliche Autoren der hier besprochenen Bände die Absicht zu einen, mit den dargestellten, qualitativ hochwertigen Beispielen das Image verdichteter Wohnformen, wie etwa des Reihenhauses oder des innerstädtischen Wohneigentums, aufzubessern und somit einen Beitrag zur Eingrenzung der voranschreitenden Zersiedlung zu leisten. Wie groß dieser Beitrag tatsächlich ausfallen könnte, bleibt dabei leider offen. Vielmehr entsteht insgesamt der Eindruck, als handele es sich beim verdichteten Wohnbau um den Königsweg zur Lösung des Problems eines wachsenden Flächenverbrauchs. Dabei verweist bereits 1997 der Städtebautheoretiker Thomas Sieverts in seinem Buch "Zwischenstadt" darauf, dass die Siedlungsfläche schließlich nur zum Teil aus Wohnbauland besteht. "Der Rest wird für Arbeit, Verkehr und Gemeinbedarf in Anspruch genommen." Könnte man - so Sieverts - "in einem solchen Nutzungsgefüge die durchschnittliche Wohndichte um die Hälfte erhöhen [...], so sparte man doch an der Gesamtsiedlungsfläche nur etwas 10-12% ein." Deshalb dürfte man gerade von den Publikationen, die auch strategische Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung erarbeiten, zumindest den Hinweis erwarten, dass die Verdichtung im Wohnungsbau nur Teil eines vielgestaltigen Bündels an Maßnahmen sein kann und darüber hinaus beispielsweise auch die Auseinandersetzung mit dem weitaus größeren Flächeneinsparpotenzial in den Bereichen Einzelhandel, Gewerbe und Logistik dringend erforderlich ist. Dies scheint allerdings in Zeiten einer zunehmend deregulierten Wirtschaft - darüber kann auch eine aus Wahlkampfgründen entfachte Kapitalismusdebatte nicht hinwegtäuschen - nach wie vor ein unbequemes Thema zu sein.

Titelbild

Klaus Theo Brenner / Helmut Geisert: Das städtische Reihenhaus. Geschichte und Typologie.
Herausgegeben von der Wüstenrot Stiftung.
Karl Krämer Verlag, Stuttgart 2004.
224 Seiten, 38,50 EUR.
ISBN-10: 3782815181

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Christian Schittich (Hg.): Im Detail: Verdichtetes Wohnen. Konzepte, Planung, Konstruktion.
Birkhäuser Verlag, Basel 2004.
174 Seiten, 65,00 EUR.
ISBN-10: 3764371145

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Helmut Schramm: Low Rise - High Density. Horizontale Verdichtungsformen im Wohnbau.
Springer Verlag Berlin, Wien 2004.
170 Seiten, 29,00 EUR.
ISBN-10: 3211203443

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Hannes Weeber / Simone Bosch: Nachhaltig gute Wohnqualität. Beispielhafte Einfamilienhäuser in verdichteter Bebauung.
Herausgegeben von Weeber und Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung, Stuttgart/Berlin.
Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2004.
214 Seiten, 50,00 EUR.
ISBN-10: 3816764452

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Titelbild

Johannes Kottjé: Reihenhäuser Doppelhäuser. Mit Architekten kostengünstig und hochwertig bauen.
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2004.
144 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-10: 3421034745

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Titelbild

Wohnen im Eigentum in der Stadt.
Herausgegeben von der Wüstenrot Stiftung.
Karl Krämer Verlag, Stuttgart 2004.
200 Seiten, 32,00 EUR.
ISBN-10: 378281519X

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