Geschichte zum Greifen nahe

Waldtraut Lewin haucht Caesar und Kleopatra Leben ein

Von Martina MeierRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martina Meier

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Caesar und Kleopatra - zwei Namen, die Geschichte geschrieben haben. Er der große Mann Roms, sie die unglaubliche Königin Ägyptens, die letzte wirkliche Pharaonin. Beide wurden von zahlreichen Filmemachern in Szene gesetzt. Elisabeth Taylor, Richard Burton - zwei Namen, zwei Gesichter -, aber eben ein Hollywood-Epos, dem oftmals der Realtitätsbezug fehlt.

Junge Menschen nähern sich Caesar und Kleopatra vor allen Dingen im Geschichtsunterrricht. Zwei trockene Figuren, denen die Leidenschaft fehlt. Schlimmer kann es dann nur noch im Lateinunterricht kommen: "Veni, vidi, vici - ich kam, sah und siegte", soll Caesar nach dem Sieg über Pharnaces bei Zela einst ausgerufen haben.

"Veni, vidi, vici", ließe sich auch über den Roman von Waldtraut Lewin, "Wenn die Nacht am tiefsten", sagen, der sich vor allem an eine junge Leserschaft ab zwölf Jahren wendet. Es ist ein Buch, das Geschichte lebendig werden lässt, das Caesar und Kleopatra nach mehr als 2.000 Jahren Leben einhaucht, sie zu realen Personen werden lässt, sie zu einem "ich und du" macht.

Allerdings erfordert das Buch, das die historische Liebe der beiden großen Persönlichkeiten erzählt, schon ein wenig Durchhaltevermögen. 294 Seiten sind schließlich kein Pappenstil. Aber das Durchhalten lohnt sich, denn der Erzählstil Waldtraut Lewins gibt dem Roman die richtige Würze. Bei der Beschreibung einer Soße, die dem orientalischen Gaumen der Königin Kleopatra einfach nur zuwider ist, heißt es beispielsweise "... und die Römer gossen sie so freizügig über ihr Essen, wie man heute Fastfood mit Ketschup einmanscht ...".

Lewin hat keine Berührungsängste, lässt Kleopatra freiweg erzählen, gibt Bezüge zur heutigen Zeit, erinnert an politische Morde der Gegenwart, kommentiert, erklärt - und bleibt nur dann in Mutmaßungen über das Leben des großen Feldherren und der Pharaonin stecken, wenn es keine wirklichen historischen Belege für das Handeln gibt.

Zunächst einmal schildert Waldtraut Lewin das Leben Kleopatras in Alexandria, der großen, weltoffenen Metropole Ägyptens. Die Probleme des Herrschergeschlechts der Ptolemäer, der Familie Kleopatras, sind heute nur noch schwer nachvollziehbar. Da geht es um Geschwistermord, Gottkönige und gnadenlose Machtkämpfe. Lewin lässt den Leser eintauchen in die Zeit vor Christi Geburt, lässt ihn an dem Tag dabei sein, an dem sich Caesar und Kleopatra das erste Mal begegnen. Sie führt ein in die Landessitten und -gebräuche, die uns heute so fern sind.

Später dann, in Rom, im zweiten Teil des Buchs, ist Kleopatra weniger Königin als vielmehr Geliebte des bedeutendsten Staatsmannes seiner Zeit. Gemeinsam träumen sie von einer Weltherrschaft, die zum Greifen nahe scheint und in der die verschiedenen Völker gleichberechtigt nebeneinander existieren können - eine Verbindung von Orient und Okzident. Es bleibt ein Traum, denn das Schicksal vieler Generationen, so ist sich Lewin sicher, wird durch einen feigen Meuchelmord besiegelt.

Wäre Geschichtsunterricht immer so interessant wie in Lewins Roman, dann dürfte das Fach wohl bei vielen Schülern ganz oben auf der Hitliste stehen.

Titelbild

Waldtraut Lewin: Wenn die Nacht am tiefsten. Caesar und Kleopatra - Eine historische Liebe.
Loewe Verlag, Bindlach 2005.
293 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-10: 3785553889

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