Dichter leben in Dichterhäusern
Peter Braun schreibt über die Schrullen der Schriftsteller
Von Michael Grisko
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseTaschenbücher sind teuer geworden. Gelegentlich fällt das auf. Auch wenn – wie in diesem Falle – viele Bilder, eine Klappenbroschur und neben einem schönen Papier auch ein gut lesbarer Satz das Lesevergnügen erhöhen, muss man beim Griff in das Bücherregal doch gelegentlich schlucken.
Der Journalist Peter Braun hat eine Fortsetzung geschrieben, das bedeutet, dass sein erstes Buch erfolgreich gewesen sein muss. Dies zeigt sich auch in der Kontinuität der Konzeption. Nach seinem Buch „Dichterhäuser“ (2004) hat er in seinem aktuellen Buch „Dichterleben – Dichterhäuser“ wieder Lebensläufe von Schriftstellern des deutschen Literaturkanons von der Aufklärung bis zur Gegenwart zusammengetragen. Wie in seinem ersten Teil gibt es jedoch kein erkennbares Auswahlkriterium. Aufhänger sind die Wohnstätten, die über ganz Deutschland verteilt sind, aber mitunter auch, wie im Falle Thomas Bernhards in Österreich und Conrad Ferdinand Meyers in der Schweiz, also bei unseren deutschsprachigen Nachbarn zu finden sind. Auch wenn im Anhang einige touristische Basisinformationen zu finden sind, setzt das Konzept zunächst nicht auf das reisende Publikum. Vielmehr bilden die Wohnungen und Häuser einen Anlass, um in pointierter und kurzweilig zu lesender Weise die Macken und Schrullen, aber auch die tatsächlichen Biografien der jeweiligen Schriftsteller und ihrer weiblichen Kollegen zu erzählen.
So entsteht eine mitunter skurril zu lesende Reise in die deutsche Literaturgeschichte – wobei deutlich das Leben und weniger das Werk im Vordergrund steht. Die Psychogramme, deren Ausgangs- und Endpunkt immer wieder die Wohnungen, Häuser und Höfe bilden, wobei herausgearbeitet wird, welche unterschiedlichen Affinitäten die Dichter zu ihrem selbstgewählten und ausgebauten Elfenbeinturm entwickeln, leben von Brauns ausgegrabenen Anekdoten und geschickten Zuspitzungen. Neben Thomas Bernhard, C. M. Wieland, Novalis und Karl May besuchte Thomas Braun auch die Kollegen Erich Kästner in Dresden, Bettine von Arnim in Wiepersdorf, Hans Fallada in Carwitz, Wilhelm Busch in Wiedensahl und Lessing in Wolfenbüttel – nicht zu vergessen den diesjährigen Jubilar Mörike in Cleversulzbach und – wie bereits erwähnt – Conrad Ferdinand Meyer in Kilchberg.
Für Kenner und Liebhaber sind wenig Neuentdeckungen dabei, aber selbstverständlich ist das auch gar nicht das Ziel eines solchen Buches. Für Touristen gibt es am Ende einen kleinen Serviceteil. Gänzlich vernachlässigt der Autor jedoch die Hausgeschichten post mortem. Auch zur aktuellen Situation findet man keine Hinweise. Das ist schade, drückt sich doch in diesen Rezeptionsgeschichten und dem Umgang mit dem Erbe die eigentliche Haltung einer,Kulturnation‘ zu ihrer Vergangenheit aus.
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