Irgendwo, irgendwie, irgendwann

Erzählungen von Kai Weyand

Von Ingeborg GleichaufRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ingeborg Gleichauf

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Man kennt diese Figuren. Doch es ist lange her, mindestens 25 Jahre. Da gab es Leute - meistens trugen sie schwarz - die versuchten sich im Schreiben, und das klang dann oft so wie in den Geschichten von Kai Weyand, nur dass letztere stilistisch ausgefeilter sind.

Es ist die Rede von Figuren, die sich wünschen, aus der eigenen Banalität auszubrechen, auf irgendeine Weise etwas Besonderes zu sein wie die Helden im Kino. Sie zitieren Sätze aus Filmen und manchmal stimmen ihre Mit- oder GegenspielerInnen ein in den Song, den Text und übernehmen ihren Part. Das ist streckenweise witzig, da finden sich überraschende Wendungen, und dann stolpert man plötzlich wieder, wie zum Beispiel gleich am Anfang von "Liebesfilm", wo es heißt: "Wie ja nie von außen betrachtet werden kann, was eigentlich ist." Fängt da nun einer an zu philosophieren, und wenn ja, wer? Reicht es dem Helden nicht, sich an seine Lieblingsfilmszenen zu erinnern? Oder: "Man schämt sich, wenn man sein Tun in Worte fasst." So ein Satz steht da, als käme er aus dem Nichts und unterbricht den Lauf der Geschichte. Warum bloß?

Den Figuren wird viel von ihrem Charakter genommen, wenn der Autor immer wieder mit Erklärungsversuchen zu allem Möglichen aufwartet. Auch in der Titelerzählung, die noch am gelungensten ist, erklärt der Protagonist schließlich, warum er diese Geschichte erfunden hat: "Weil ich mich langweile an so einem Dienstag, an dem nichts passiert, an dem sich keine Chancen bieten, zum Helden zu werden." Das aber haben die Leser auch ohne Erklärung längst begriffen.

Mit einem sorgfältigeren Lektorat hätte man derlei Ungeschicklichkeiten verhindern können. Und einem Debütanten sollte man das schon gönnen!

Kai Weyand beweist in seinem Erstlingswerk das Talent, Skurriles aufzuspüren und es auch zu erzählen. Ganz seinen eigenen Stil hat er aber noch nicht gefunden. Er sollte trotzdem unbedingt weitermachen und seine Figuren weiterhin ins Kino gehen lassen, vielleicht auch in etwas aktuellere Filme. Es könnten spannende Aspekte hinzukommen.


Titelbild

Kai Weyand: Am Dienstag stürzen die Neubauten ein. Erzählungen.
Wallstein Verlag, Göttingen 2005.
120 Seiten, 16,00 EUR.
ISBN-10: 3892449287

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