Sexfalle Duschkabine

In Frauenzeitungen geht es sehr viel höher her als in langweiligen Männermagazinen wie "Best Life"

Von Elke WittichRSS-Newsfeed neuer Artikel von Elke Wittich

Glaubt man den einschlägigen Frauenzeitschriften, dann denken Männer eigentlich wirklich nur an das, was ebendort häufig verkniffen als "das Eine" apostrophiert wird: Sex. Blöderweise scheint es jedoch häufig beim Denken zu bleiben, denn die Mode- und Lebenshilfeblätter verteilen verdächtig häufig Ratschläge, wie man einen Mann auch wirklich ins Bett bekommt. "12 Sexsünden, die sie noch heute Nacht begehen sollten" heißt es zum Beispiel in Joy - wobei die dort präsentierten Tipps zunächst viel Freude an Bastelarbeiten voraussetzen. Wie für die Übung "Cookies", in der es darum geht, Haushaltsgeräte für erotische Spielereien einzusetzen - die Nummer mit der Teigrolle, mit der der Partner von Kopf bis Fuß massiert werden soll, scheint übrigens nur dann angeraten, wenn man auch wirklich zu den Personen gehört, die nach dem Weihnachtsplätzchenbacken zum gründlichen Spülen neigen, denn verkrustete Teigstückchen können leicht dazu führen, dass der arme Mann unbeabsichtigt ganzkörpergepeelt wird.

Cookies in der extended version setzt ein wenig Zerstörungswillen und Bastelgeschick voraus. "Schneiden Sie von einem Gummihandschuh einen Finger ab, stecken Sie drei Haselnüsse hinein, verschließen Sie das Teil per Drehung und befeuchten es üppig mit Gleitgel", lautet die Anleitung für etwas, das anscheinend dazu dient, dass frau den Kerl nicht selber anfassen muss. Denn mit diesem unzweifelhaft überaus hübsch aussehenden verknoteten Fingerling in rosa oder gelb - Gummihandschuhe kommen selten in anderen Farben vor - wird nun der männliche Intimbereich, sagen wir, malträtiert.

Wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Joy-Tipps vor allem eines hervorrufen: massive männliche Phobien, nicht nur vor Teigrollen und Handschuhen, sondern auch vor Einrichtungsgegenständen - wie zum Beispiel Duschkabinen. "Haben Sie eine durchsichtige Duschkabine? Dann pressen Sie von innen die feuchten Brüste und den rasierten Venushügel gegen das Glas, während Ihr Liebster diese Peepshow der Extraklasse von außen beobachten darf!", rät das Magazin. Die Vorstellung, im wasserdampfgefüllten Badezimmer zu stehen und hilflos einer zweifellos gerade irre gewordenen Frau dabei zuzuschauen, wie sie mit ihrem Körper die Dusche sauberrubbelt, hat für dafür empfängliche Personen möglicherweise eine erotische Komponente, in den meisten Fällen dürften dem Hitchcock-sozialisierten Zuschauer jedoch eher sehr unschöne Assoziationen einfallen. Und wollen die Kerls das überhaupt, pausenlos aufgerissen und von an die Duschwände gepressten, halb eingeseiften Frauen mit nussgefüllten Gummihandschuhfingern in der Hand überrascht werden? Glaubt man ihren zweifellos nur für die Aufrechterhaltung der männlichen Außendarstellung erfundenen Fachblättern wie dem "Playboy", dann lautet die Antwort: ja.

In Wirklichkeit dienen diese Ass + Tits-Blätter jedoch nur der Ablenkung von den wahren Zielen - wenn sie sich unbeobachtet fühlen, lesen die XY-Chromosomenträger "Best Life". Beim flüchtigen Durchblättern des einzigen deutschen Magazins, das als Format erfolgreich in die USA verkauft wurde, fällt vor allem das fast völlige Fehlen halbnackter bis gänzlich unbekleiderter Frauen auf. Ha! Was ist da los? Ein Blick auf die Titelthemen verrät: Ziemlich viel, jedoch eher nix, was mit Sex zu tun hätte. "So entspannt war ich noch nie", verrät der Sonderteil über den "perfekten Stressabbau", zu dem unter anderem "keine Rückenschmerzen mehr" und "13 Tipps gegen Burnout" gehören. Gut, "laufen Sie so schnell und so weit weg, wie Sie können, sowie sich Ihre Freundin oder Frau mit einem Gummihandschuh, drei Haselnüssen und einer Schere in den Bastelkeller zurückzieht", gehört zwar nicht zu den dort dargebotenen Ratschlägen, und auch "achten Sie im eigenen Interesse sehr darauf, dass die Teigrolle immer gründlich abgespült wird" fehlt, aber Ratschläge wie "ausreichend Schlaf" und "Stress als Altmacher" reichen einem halbwegs intelligenten Mann vermutlich schon völlig aus, um auf der Hut zu sein.

Und wenn das nicht reicht, hilft Best Life mit Anleitungen für eine gelungene Flucht in den Suff mittels der äußerst raren Weißweinsorte Scheurebe, dem "Sauvignon blanc made in Germany". Oder in die totale körperliche Erschöpfung - den Artikel über einen Marathon-Lauf auf Mallorca runden ausgeblockte Textpassagen wie "Bei KM 28 ruft eine Frau: Der Stefan kann ja noch lächeln" einen bedrohlichen Inhalt ab. Für Stefan scheint das Training nämlich beim Zieleinlauf noch lange nicht beendet. Stichwort: Dusche. Einziger Ausweg für gestresste Sensibelchen - sich in Ecken flüchten, in die ihnen keine Frau freiwillig folgen würde. In die Antarktis zum Beispiel, einem Reiseziel, dass sich ohne weiteres mit einem Eisbrecher erreichen lässt und wo zwar wirklich nicht viel los ist, wie die Bilder mit hauptsächlich Eis, Pinguinen und Geröll drauf belegen, aber immerhin, wo Menschen Schnee schmelzen müssen, um Wasser zu erhalten, ist eines mal sicher: Geduscht wird da nicht. Und schon gar nicht in Glaskabinen.

Mit ein bisschen Glück hat's aber auch in der Antarktis Internet, und dann kann der Mann, der das Leben und die Wirtschaft kennt, Kontakt zu seinem Börsenmakler halten und in Ruhe sein Portfolio vergrößern. Hauptsächlich mit Edelmetallen, die nicht etwa, wie Frauenzeitschriften versprechen, dafür geschaffen wurden, um zu Ohrringen, Ketten, Ringen verarbeitet zu werden, sondern in der Männerwelt ausschließlich als Wertanlage dienen. Platin ist dabei blöderweise "als Einzelinvestment nur für Automarkt-Optimisten interessant", da das Zeugs, das übersetzt "kleines Silber" heißt, hauptsächlich in Katalysatoren Verwendung findet.

Was nun auch wieder nicht das Riesenproblem ist, solange die Nachfrage nach Neuwagen entsprechend ist. Dass im Autoteil des Magazins nun ausgerechnet der definitiv unbekatalysatorte Oldtimer Karmann-Ghia abgefeiert wird, von dem es grad mal noch 3 000 Exemplare gibt, ist sicherlich nur ein Versehen der Redaktion - denn schließlich sollte es eigentlich im Interesse eines Mannes sein, jederzeit ein fahrtüchtiges, vollgetanktes Fluchtmobil vor der Tür stehen zu haben, falls die Gummihandschuh-Situation zu eskalieren droht. Wobei das Heft so ganz ohne Sex vulgo mangelhaft bekleidete Frauen denn nun doch nicht auskommt, wie nochmaliges Nachblättern ergibt: Was für eine Reportage über das Reiseziel Wüste aussah, entpuppt sich als eindeutig erotisch gemeint. Dass es sich bei den Fotos von nackter Frau vor Landschaft wirklich, wie vom Fotografen ausgiebig erklärt, um "die Geschichte eines Mädchens, das nach einer Nacht der Partys und Exzesse in Hollywood am nächsten Morgen irgendwie in der Wüste gelandet ist und sich einfach treiben lässt", handelt, kann man vielleicht einem Mann erzählen, aber keiner Frau, die genau weiß, dass keine Geschlechtsgenossin, die etwas auf sich gibt, barfuß und nur in ein zweifellos furchtbar warmes Daunenplumeau gehüllt durch heißen Sand traben würde, wenn im Hintergrund ein Cadillac mit Schlüssel im Zündschloss steht.

Klar, Männer glauben sowas dagegen ganz sicher. Aber die glauben ja auch an Aluminium statt an Sex.

Anmerkung der Redaktion: Der Text erschien bereits in der "Jungle World" vom 31. August 2005. Wir danken der Autorin für die Publikationsgenehmigung.